Wenn wir beten: „Dein Reich komme“, haben wir dann eine klare Vorstellung von der Bedeutung dieser Worte? Wie denken wir uns das Himmelreich und wo ist es zu finden? Wir haben dies Gebet unzählige Male gesprochen. Ist es zu einer traditionellen Gewohnheit geworden, zu einem Gebet unklaren, vagen Inhalts?
Da es Christus Jesus war, der uns beten lehrte: „Dein Reich komme“, so ist es natürlich, daß wir uns für die Erklärung dieses Gebets an ihn wenden. Das Himmelreich oder das Reich Gottes war das Hauptthema seiner Predigten und die treibende Kraft seines Lebens. In der Bergpredigt (Matth. 5–7) stellte er die Notwendigkeit, das Reich Gottes zu beweisen, über alle anderen Verpflichtungen. Bei anderen Gelegenheiten erläuterte er die Natur des Himmelreiches durch kurze Geschichten oder Gleichnisse aus dem Alltagsleben, die die Gedankeneigenschaften zeigten, die das Himmelreich darstellen. Diese Gleichnisse regen uns zum Studium an, wenn wir lernen möchten, die geistigen Elemente, die zum Himmelreich gehören, in die Tat umzusetzen. Als der Meister von den Pharisäern gedrängt wurde, doch zu sagen, wann das von ihm so oft erwähnte Himmelreich kommen werde, gab er schließlich die überraschende Antwort (Luk. 17:20, 21): „Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.“
Die Christliche Wissenschaft, die auf den Lehren der Bibel beruht und die von Mary Baker Eddy entdeckt und gegründet wurde, erneuert im Bewußtsein des Menschen diese Botschaft vom Reich Gottes. „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ enthält einen Abschnitt mit dem Randtitel „Das Reich Gottes inwendig“. Hier schreibt Mrs. Eddy (S. 476): „Als Jesus von den Kindern Gottes sprach, nicht von den Kindern der Menschen, sagte er:, Das Reich Gottes ist inwendig in euch,' d.h. Wahrheit und Liebe herrschen in dem wirklichen Menschen und zeigen, daß der Mensch als Gottes Bild ungefallen und ewig ist. Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Heiland Gottes eignes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken. So lehrte Jesus, daß das Reich Gottes unversehrt und allumfassend, und daß der Mensch rein und heilig ist.“
Das Reich Gottes ist das Heiligtum, das Allerheiligste, der „Schirm des Höchsten“. Die Herbeiführung des Himmelreiches ist daher nicht eine äußerliche Verwandlung, sondern eine lebendige, innere Erfahrung, eine individuelle Wiedergeburt.
Die Lehren Christi Jesu und die der Christlichen Wissenschaft stimmen in dieser Schlußfolgerung überein. In der menschlichen Geschichte wurde jedoch mitunter angenommen, das Himmelreich bedeute eine ideale menschliche Gemeinschaft, eine utopische Umgebung. Zu allen Zeiten hat es Versuche solcher Art Lebensführung gegeben, Versuche, sich des Unwesentlichen und Entzweienden zu entledigen und eine Grundlage für eine geeinte und harmonische Lebensweise zu finden Wahrend des letzten Jahrhunderts haben Sozialfürsorger versucht, die Wohnverhältnisse und Arbeitsbedingungen zu bessern, die Ausbildungsgelegenheiten zu erweitern und das Los der weniger Begünstigten zu erleichtern. Alle liebevollen und intelligenten Versuche, die Lebensbedingungen der Menschheit zu bessern, deuten einen Schimmer des Himmelreichs an und sein Recht, in menschlichen Angelegenheiten ausgedrückt zu werden Die sozialen Einrichtungen haben dazu beigetragen, das Gewissen einer gleichgültigen Menschheit aufzurütteln, obgleich das große, lose Gewebe der menschlichen Gesellschaft immer noch eine beständige Anforderung an das erwachte Denken darstellt. Dieser Zustand ist auf einen irrigen Ausgangspunkt zurückzuführen, nämlich auf eine Verwandlung der äußeren Szene statt der Widergeburt des einzelnen Menschen.
Auf Seite 573 und 574 von „Wissenschaft und Gesundheit“ bezieht sich Mrs. Eddy auf den neuen Himmel und die neue Erde Hier schreibt sie die folgenden, trostlichen Worte: „Fasse Mut, lieber Dulder, denn diese Wirk lichkeit des Seins wird sicherlich einmal und in irgendeiner Weise erscheinen. Es wird keinen Schmerz mehr geben, und alle Tränen werden getrocknet sein Wenn du dies liest, gedenke der Worte Jesu: ,Das Reich Gottes ist inwendig in euch.' Dieses geistige Bewußtsein ist daher eine gegenwärtige Möglichkeit.“
In dem Maße, wie eine zunehmende Anzahl Menschen die Erfahrung macht, daß sich das Reich Gottes im Bewußtsein entfaltet, das Bewußtsein erweitert und es schließlich beherrscht, wird diese gesegnete innere Erfahrung unausbleiblich ihren äußeren Ausdruck in den Angelegenheiten der Gemeinden, der Völker und der Welt finden Dann wird schließlich die Zeit kommen, die Johannes voraussagte (Offenb. 11:15): „Es sind die Reiche der Welt unsers Herrn und seines Christus geworden.“ Dies ist die endgültige Antwort auf unser Gebet: „Dein Reich komme.“