Im ersten Kapitel der Genesis lesen wir (1:27): „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Und weiter heißt es: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut“ (1:31). Dann aber folgt, wie Bibelleser wissen, ein zweiter Bericht, der mit den Worten eingeleitet wird: „Aber ein Nebel ging auf von der Erde...“ und fortfährt: „Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und er blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase“ (2:6, 7).
Nach diesen Bibelberichten war der Mensch schon zu Gottes Ebenbild geschaffen und daher geistig und vollkommen bevor der Nebel aufging. Erst nachdem der Nebel aufgegangen war, wird von der Erschaffung des materiellen, sterblichen Menschen berichtet. Was bedeutet nun dieser Nebel? Was tut er? Der Nebel ist die Materialität, die Annahme einer materiellen Substanz, die Illusion eines sterblichen Gemüts mit seinen Freuden und Schmerzen, mit seinem Anspruch, Leben und Intelligenz seien in der Materie. Augenscheinlich verbirgt der Nebel vor unserem inneren Blick den Menschen, den Gott erschaffen hat, und was wir dann sehen ist der sterbliche Mensch.
Dieses Nebeneinander der beiden gegensätzlichen Schöpfungsberichte hat viel Verwirrung hervorgerufen. Wir danken es Mary Baker Eddy, daß sie in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ überzeugend bewiesen hat, daß nur der erste, der geistige Bericht wahr sein kann. Auf Seite 522 dieses Buches sagt Mrs. Eddy: „Die Wissenschaft des ersten Berichtes beweist die Falschheit des zweiten. Wenn einer wahr ist, ist der andre falsch, denn sie widerstreiten einander. Der erste Bericht schreibt alle Macht und Herrschaft Gott zu und stattet den Menschen aus Gottes Vollkommenheit und Kraft aus. Der zweite Bericht verzeichnet den Menschen als wandelbar und sterblich — als von der Gottheit abgefallen und in seiner eignen Bahn sich bewegend.“
Es ist nun an uns, Mrs. Eddys Worte anzunehmen und uns an den ersten, den geistigen Schöpfungsbericht zu halten. Wenn wir von dem ehrlichen Streben erfüllt sind, stets das Bild und Gleichnis Gottes in uns und unserem Nächsten zu sehen, so wird kein Nebel imstande sein, diese Wahrheit zu verschleiern; vielmehr wird das, „was verborgen war, offenbar werden“ und die ganze Vollkommenheit des geistigen Menschen wird erscheinen.
Im täglichen Leben scheint dieser Nebel jedoch noch oft aufzugehen und die geistige Schöpfung zu verdecken und sie unsichtbar zu machen. Dann ist es unsere dringlichste Aufgabe, ihn als Nebel zu erkennen und niemals die gottähnliche Idee, die er verbirgt, aus den Augen zu verlieren.
Eine Christliche Wissenschafterin hatte einmal eine Erfahrung, die ihr blitzartig klar machte, wie notwendig es ist, die hinter dem Nebel verborgene Wirklichkeit zu erkennen. Ihre Tochter hielt es für nötig, die Schule zu wechseln, um ihre Fähigkeiten besser entfalten zu können. Menschlich gesehen schien dieser Schritt äußerst schwierig zu sein, weil sie nicht die erforderliche Vorbildung für die gewünschte Schule hatte. Aber da sie Schülerin der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule war, wußte sie, daß die Entfaltung ihrer Gaben mit dem Gesetz Gottes in Einklang stand, und daß menschengemachte Vorschriften sie nicht an ihrem geistigen Wachstum hindern konnten.
Mutter und Tochter besprachen die Angelegenheit mit der Sonntagsschullehrerin des Kindes. Im Bewußtsein, daß allein Gott regiert, beschlossen sie gemeinsam, alles Ihm anzuvertrauen und eigenwilliges menschliches Planen ganz beiseite zu lassen. Ein Erfolg dieser richtigen Denkweise zeigte sich sofort darin, daß sich alle Formalitäten schnell und reibungslos erledigen ließen und die Schülerin zu der Aufnahmeprüfung für die von ihr gewünschten Klasse zugelassen wurde. Doch vor dem Examen sollte noch ein Besuch bei dem Direktor der Schule gemacht werden. Bei dieser Gelegenheit wurden der Mutter alle Schwierigkeiten, die das Kind vielleicht haben könnte, vor Augen geführt, und es wurde ihr gesagt, wie aussichtslos ihre Bemühungen wären.
Während dieses Besuches, als die Wissenschafterin die Gedanken anhören mußte, die in jeder Beziehung das genaue Gegenteil ihres eigenen Denkens waren, erkannte sie klar, daß dies der Nebel war, der das zu Gottes Ebenbild erschaffene Kind verhüllen und statt dessen den sterblichen Menschen zeigen würde. Sie dankte Gott, daß Er ihr Seine Engel — richtige Gedanken — geschickt hatte und bewußter denn je sah sie ihre Tochter als Gottes eigenes Kind. Unterdessen tat auch die Sonntagsschullehrerin getreulich ihre geistige Arbeit, und alle Beteiligten erwarteten gelassen und zuversichtlich das Erscheinen der geistigen Wahrheit. Wie es nicht anders zu erwarten war, bestand die Schülerin, im Bewußtsein ihrer von Gott verliehenen Intelligenz, die Prüfung gut und sie besucht heute freudig und mit guten Resultaten die auserwählte Schule.
Der Nebel, der aufgegangen war, wurde durch den Christus, die Wahrheit, zerteilt, als erkannt wurde, daß das Kind nur das Ebenbild Gottes war und nicht der sogenannte Mensch, der „Odem in der Nase“ hat. Dieser Nebel möchte auch bei vielen anderen Gelegenheiten aufsteigen und unseren Blick trüben. Laßt uns uns immer bemühen, den Nebel als einen Nebel zu erkennen. Was ist zum Beispiel Sünde anderes als ein Nebel, eine Illusion, die den Menschen, der vollkommen ist, den Menschen, der als „sehr gut“ erfunden wurde, verbirgt? Auch in Fällen von Krankheit wird unser richtiges Verständnis von dem wahren Menschen augenblicklich den Nebel, die Krankheit, auflösen und zerstören.
Und wie verhält es sich mit dem Mangel? Hat nicht Gott „alles gemacht, was gemacht ist“? Was könnte uns also fehlen? Vielleicht haben wir unwissentlich den sterblichen Begriff vom Menschen in unser Bewußtsein eingelassen. Dann ist es unsere Pflicht, diesen Fehler im Bewußtsein zu berichtigen, damit wir den wahren Menschen wahrnehmen können. Alsbald wird auch das, was wir Mangel nennen, als Nebel erkannt und zerstreut werden. Mrs. Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (Seite 299): „Es mag scheinen, als ob der körperliche Sinn oder der Irrtum die Wahrheit, Gesundheit, Harmonie und Wissenschaft verberge, wie der Nebel die Sonne oder die Berge verhüllt; aber die Wissenschaft, der Sonnenschein der Wahrheit, wird die Schatten vergehen lassen und die himmlischen Gipfel enthüllen.“