Sind wir nicht alle mit irgend jemand bekannt, der die Wunder moderner Maschinen versteht oder die Geheimnisse der Biochemie kennt, und der dennoch sehr unglücklich ist? Er mag gute Gesundheit, Reichtum, Freundschaft und Ruhm genießen und trotzdem traurig sein. Gleich dem Antonio, dem Kaufmann von Venedig, weiß er nicht, warum er so traurig ist, aber er ist von einer grenzenlosen Schwermut durchdrungen.
Vielleicht ging es ihm ähnlich wie John Stuart Mill, dem englischen Philosophen und Volkswirt, der das Opfer der Erziehungsmethode seines Vaters war. Im Alter von acht Jahren studierte er bereits Latein, Geometrie und Algebra. Mit zehn Jahren konnte er Plato auf Griechisch lesen, und als er zwölf wurde, begann er mit dem Studium der scholastischen Logik und fuhr mit all diesen Studien, zu denen noch Rechtswissenschaft und politische Wirtschaftslehre hinzugefügt wurden, bis zum Alter von zwanzig Jahren fort. Dann befiel ihn eine überwältigende Schwermut, die ihn daran zweifeln ließ, daß das Leben überhaupt noch lebenswert sei.
Dieser Fall erscheint uns jedoch nicht mehr seltsam, wenn wir hören, daß John Stuart Mill keinerlei religiösen Glauben hatte. Er war beständig der Schüler seines irdischen Vaters gewesen, aber er wußte nichts von seinem himmlischen Vater. Er ist ein Beispiel für den folgenden Ausspruch Mary Baker Eddys, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 196): „Wenn das materialistische Wissen auch Macht ist, so ist es doch nicht Weisheit.“
Andererseits haben wir vielleicht einen bescheidenen Freund, der nicht „geistreich“ ist, der allein lebt und schwer arbeitet, und der glücklich ist. Mancher wird sagen, daß er eben ein anderes Temperament hat, als die anderen Freunde — daß er halt ein Sanguiniker ist, während die andern Melancholiker sind. Doch nein, hier handelt es sich um etwas ganz anderes. Er weiß von Gott. Er ist niemals einsam oder furchtsam. Er weiß: „Die göttliche Liebe hat immer jede menschliche Notdurft gestillt und wird sie immer stillen“ (ebd., S. 494). Ohne diese geistige Gewißheit fühlt man sich leicht traurig, unvollständig, von irdischer Liebe abhängig und von vielem enttäuscht.
Als Mrs. Eddy im Jahre 1875 ihr Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit“ veröffentlichte, dessen Lehren mit denen der Bibel übereinstimmen, erregte dies Buch den Spott und Hohn der Zweifler. Es fand jedoch Leser, und Mrs. Eddy fand Nachfolger. Seit Jahren hatte sie nach dem Geheimnis der Heilkraft geforscht, die Jesus und seine Nachfolger demonstrierten. Jesus sagte (Mark. 16:15–18): „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur. ... Die Zeichen aber, die da folgen werden denen, die da glauben, sind die: in meinem Namen werden sie Teufel austreiben, ... auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.“
Mrs. Eddy weist darauf hin, daß diese Gebote nicht allein für die Jünger Jesu bestimmt waren, sondern für alle, die Glauben und Reinheit besitzen. Sie sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 109): „Ich wußte, daß das Prinzip aller harmonischen Gemüts-Tätigkeit Gott ist, und daß in der ersten Zeit des christlichen Heilens durch heiligen, erhebenden Glauben Heilungen bewirkt wurden; aber ich mußte die Wissenschaft dieses Heilens ergründen, und durch göttliche Offenbarung, Vernunft und Demonstration fand ich meinen Weg zu absoluten Schlüssen.“
Im Jahre 1859, zur Zeit der Veröffentlichung von Darwins Buch „Über die Entstehung der Arten“ war viel über die körperliche Welt entdeckt worden, und manche Gelehrte, die selbst nichts zu diesen Entdeckungen beigetragen hatten, sprachen in aufgeblasener Weise davon und weigerten sich, irgend etwas in Betracht zu ziehen, was nicht durch die körperlichen Sinne bewiesen werden konnte.
Aber Mrs. Eddys rückhaltloser Glaube an die Liebe Gottes und ihre Ablehnung allen Verlasses auf materielle Hilfsmittel fand in vielen Herzen Widerhall. Ihr Einstehen für das geistige Leben als das wirkliche Leben des Menschen schien das Verlangen derer zu stillen, die den intellektuellen Hochmut aus ihrem Denken entfernen konnten. Wie Paulus sagte (1. Kor. 2:13, 14): „Wir reden nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der heilige Geist lehrt, und richten geistliche Sachen geistlich. Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein.“
Als sie ihre Entdeckung „Christliche Wissenschaft“ nannte, schien Mrs. Eddy in Übereinstimmung mit dem Geist der Zeit zu sein. Sie lieferte den augenscheinlichen Beweis von der Wahrheit des göttlichen Prinzips, das sie entdeckt hatte, indem sie die Kranken und Sündigen heilte. Sie machte es jedoch klar, daß nur jene, die bereit sind, das Licht, das die Christliche Wissenschaft bringt, zu empfangen, erwarten können, geheilt zu werden. Der neue Mensch muß „angezogen“ und der Glaube an materielle Hilfsmittel aufgegeben werden. Wir müssen von neuem geboren werden, wie Jesus zu Nikodemus, dem Pharisäer, sagte (siehe Joh. 3:3). Der auf diese Weise offenbarte geistige Mensch ist der wirkliche Mensch, der das Wesen seines himmlischen Vaters widerspiegelt und von Ihm geliebt wird.
Tausende Christlicher Wissenschafter schöpfen heute Glückseligkeit aus der Gewißheit von der Gegenwart Gottes. Wenn die sogenannten Intellektuellen, die auf ihre Errungenschaften pochen, ihr Denken von den Dingen dieser Welt befreien würden, die mühselig und beladen machen, um ihre Herzen der Botschaft der Bibel zu öffnen, wie sie in „Wissenschaft und Gesundheit“ erklärt wird, so würden sie eine Erhebung über den sterblichen Sinn erleben wie nie zuvor, weil sie dann jene Glückseligkeit erlangen könnten, die nur Gott, das eine Gemüt, verleihen kann.
Sehet zu, daß keiner Böses mit Bösem jemand vergelte; sondern allezeit jaget dem Guten nach, untereinander und gegen jedermann. Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlaß, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christo Jesu an euch. — 1. Thessalonicher 5:15–18.