Die liebevolle Mahnung, die Christus Jesus seinen Jüngern gab (Mark. 13:37): „Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!“ wurde uns von unserer geliebten Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy, von neuem anempfohlen. Ja, sie muß die Notwendigkeit eines Gehorsams gegen dieses Gebot des Meisters tief empfunden haben, denn in dem sechsten Glaubenssatz Der Mutterkirche erklärt sie, daß die Christlichen Wissenschafter feierlich geloben, ihre Gedanken zu bewachen. (Siehe Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 497.) Wie wir unser Denken beständig bewachen oder behüten sollen, wird in ihren Schriften klar dargelegt.
Das Gemüt, das auch in Christus Jesus war, ist das einzig wirkliche Gemüt. Es ist die einzige Intelligenz, die wir als Gott kennen, und die sich nur ihrer eigenen völlig guten und reinen Existenz bewußt ist. Um gehorsam in die Fußtapfen unseres großen Wegweisers zu treten, müssen wir täglich unser Einssein, unsere Verbundenheit, mit diesem immer gegenwärtigen Gemüt beweisen. Wenn wir lieben wollen, wie Jesus liebte, so müssen wir darüber wachen, daß bittere Kritik und Klage nicht in unserem Denken gehegt werden.
Unsere Aufgabe ist es, beständig zu erkennen und daran festzuhalten, daß der Mensch das Bild und Gleichnis Gottes ist. Als Widerspiegelung des Gemüts kann der Mensch nur das verkörpern was gut, harmonisch und lieblich ist. Dieser vollkommene und vollständig geistige Mensch, der nur kennt, was Gott, sein vollkommenes Prinzip, kennt, kann sich niemals eines Dinges bewußt sein, über das er sich beklagen kann. Wenn wir das verstehen lernen und im Bewußtsein des unendlichen Guten verweilen, indem wir freudig die schönen, harmonischen und gesunden Ideen, die vom göttlichen Gemüt ausgehen, anerkennen und aufnehmen, so wissen wir von nichts, worüber wir uns zu beklagen hätten.
Die Vorstellung des Bösen, die die Menschheit beunruhigt, ist bloß die Suggestion, daß es andere Gemüter gibt außer Gott, dem einen Gemüt. In Wirklichkeit gibt es weder jetzt eine Gegenwart oder Macht außer Gott, noch hat es je eine solche gegeben. Die Christlichen Wissenschafter können sich freuen, daß sie durch beständiges und konsequentes treues Festhalten an dem Guten und Wahren beweisen können, daß das Böse unwirklich ist. Die Verfasserin wurde von einem unangenehmen körperlichen Zustand durch die Anwendung der Christlichen Wissenschaft geheilt. Als sie scheinbar an einem bösen Lungenkatarrh litt, betete sie um Gottes Führung. Sie wurde dazu geführt, in einem Wörterbuch die Bedeutung des Wortes „jammern“ aufzusuchen, die als niedriges und schwächliches „wehklagen“ erklärt wurde. „Doch,“ fragte sie sich, „was hat das mit mir zu tun?“ Sie hatte sich niemandem gegenüber wegen dieses Problems beklagt. Ja, sie hatte nicht einmal ihrer Familie davon gesagt, da sie nicht wünschte, in irgend jemand Mitleid oder Sorge wegen ihres Zustandes zu erwecken.
Als sie jedoch ihr Denken eingehender prüfte, fand die Verfasserin, daß ihre mentale Einstellung etwa wie folgt war: „Warum brauche ich an so etwas zu leiden? Wann wird es vorüber sein? Was ist wohl falsch in meinem Denken?“ Als sie entdeckte, daß sie sich in dieser Art negativem Denken hingegeben hatte, welches sie dazu führte, eine Wirklichkeit aus dem zu machen, das doch unwirklich ist, da es nicht von Gott stammt, ersetzte sie diese irrigen Gedanken des Klagens durch wahre, lebenspendende Gedanken der Dankbarkeit und der Freude. Die Krankheit verschwand fast augenblicklich und kehrte niemals wieder. Diese Erfahrung lehrte sie eine sehr hilfreiche und wertvolle Lektion, die sie seitdem viele Male zur Ehre Gottes angewendet hat.
Unsere Führerin sagt uns in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 369): „Es ist Irrtum, über Sünde auch nur zu murren oder erzürnt zu sein.“ Da wir wissen, daß das Böse unwirklich ist, und nur das Gute wirklich und wahr, lernen wir, beständig dankbar zu sein. Wir bestreben uns, immerdar fröhlich zu sein, denn wir wissen, daß wir ewiglich in der Gegenwart Gottes weilen, und daß wir alles Gute besitzen.
In dem Maße, wie wir Gottes herrliche Gegenwart anerkennen, sind wir dankbar für die Fülle des Guten, das immerdar aus der unendlichen Quelle hervorgeht. So können wir Zeugen werden von dem Ausdruck der Liebe, der die Wahrheit jener Worte unserer Führerin in „Wissenschaft und Gesundheit“ beweist (S. 568): „Ein lauterer Gesang, süßer als er je zuvor zum hohen Himmel emporgedrungen ist, steigt nun klarer und näher zu dem großen Herzen Christi auf, denn der Ankläger ist nicht da, und Liebe läßt ihre ureigne und ewige Weise erklingen.“
Wenn wir unser Denken bewachen und nur von dem Standpunkt des Prinzips aus folgern, das, wie wir wissen, die Liebe ist, so erkennen wir, daß der Mensch, das reine Ebenbild des Gemüts, nur Gottes vollkommene und vollständig normale Schöpfung wahrnehmen kann. Wenn wir diese Wahrheit verstehen, so können wir weder die Neigung noch den Drang haben, unsere Mitmenschen zu verurteilen. Da der Irrtum weder Person noch Ort noch Ding ist, vernichten wir seinen Anspruch auf Existenz, wenn wir ihn vollständig von unserem Brudermenschen loslösen. Indem wir den Irrtum unpersönlich machen und uns standhaft weigern, etwas, das dem Guten unähnlich ist, als Teil der wahren Natur oder Selbstheit von irgend jemand anzuerkennen, beweisen wir die wirklichkeit des Irrtums. Und wer möchte dabei entdeckt werden, auch nur einen Augenblick etwas zu betrachten oder zu verurteilen, das in Wirklichkeit nicht existiert?
Ein Wörterbuch gibt zwei Definitionen des Wortes „Kritik“, die scheinbar einander widersprechen: „der Vorgang oder die Kunst. .. etwas gemäß einem besonderen Richtmaß zu beurteilen“, sowie auch „harte oder negative Beurteilung“. Wir sollten uns fragen: „Was ist das Richtmaß der Christlichen Wissenschaft?“ Es ist das höchste aller Richtmaße, nämlich ein vollkommener Gott, ein vollkommener Mensch und ein vollkommenes Weltall. Wenn wir in Gedanken an diesem vollkommenen Begriff festhalten, werden wir recht richten und nicht feindlicher Verurteilung schuldig befunden werden.
Für den sterblichen Sinn kann es leicht eine Versuchung sein, denen nachzugeben, die von den Fehlern anderer sprechen, oder über jemanden zu spotten, zur allgemeinen Unterhaltung, oder auch in müßiges Geschwätz einzustimmen, um anderen zu gefallen. Der Weg der Weisheit ist es, sich zu weigern, diesen Versuchungen nachzugeben, die nur unsere moralische Kraft schwächen und uns neuen Irrtümern aussetzen.
Die Christlichen Wissenschafter, die Wache halten über ihre Gedanken, gehorchen getreulich dem Worte Gottes, das in der Bibel zu finden ist. Jakobus warnt (1:26): „So sich jemand unter euch läßt dünken, er diene Gott, und hält seine Zunge nicht im Zaum, sondern täuscht sein Herz, des Gottesdienst ist eitel.“ Um christusähnlich zu sein, müssen wir zu allen Zeiten und unter allen Umständen darüber wachen, daß unser Denken und Sprechen über allen Tadel erhaben ist. Das nächste Mal, wenn jemand etwas Unfreundliches oder Absprechendes zu sagen hat von jemand anderem, den wir kennen, sollten wir etwas Gutes in bezug auf diesen Menschen sagen, wie geringfügig es auch sein mag, und so uns selbst die Macht eines guten Gedankens oder guten Wortes beweisen. Es kommt oft vor, daß derjenige, der seinen Vorurteilen Ausdruck verliehen hat, so froh ist, etwas Gutes über den anderen zu hören, daß er anfängt, darüber nachzudenken — und seine vorige feindliche Einstellung verschwindet vollkommen.
Hier mag jemand fragen: „Wenn nun ein ungerechter Tadel gegen mich gerichtet wird, was sollte dann meine Verteidigung und meine Reaktion sein?“ Auch hier liefert uns unsere liebe Führerin einen Wahrheitsgedanken, der, wenn wir daran festhalten, wie ein Gesetz der Vernichtung wirkt auf alles, das ihm entgegensteht. Sie sagt uns (Wissenschaft und Gesundheit, S. 261): „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt.“