Der letzte Glaubenssatz der Christlichen Wissenschaft, der auf Seite 497 des Buches „Wissenschaft und Gesundheit" von Mary Baker Eddy zu finden ist, lautet wie folgt: „Und wir geloben feierlich, zu wachen und zu beten, daß das Gemüt in uns sei, das auch in Christus Jesus war; andern zu tun, was wir wollen, daß sie uns tun sollen, und barmherzig, gerecht und rein zu sein.“ Dieses Gelöbnis sollte richtungweisend sein für das Leben eines jeden Christlichen Wissenschafters, wie auch für den, der ein Christlicher Wissenschafter werden möchte. Es sollte jedem Anhänger der Wahrheit klar sein, daß er sich, indem er diese Glaubenssätze unterschrieben hat, in den Dienst einer heiligen Aufgabe gestellt hat.
Dieser letzte Glaubenssatz stimmt überein mit dem Gebot unseres Meisters, der, als er seine Jünger vor seinem Verrat im Garten von Gethsemane schlafend fand, zu Petrus sagte (Matth. 26:41): „Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!“
Welch’ wichtige Ermahnung für alle Christen: „Wachet und betet!“ Diese beiden Worte gehören eng zusammen. Recht zu wachen heißt beten, und wahrhaft beten heißt wachen, denn die Christliche Wissenschaft lehrt, daß jeder gute, jeder geistige Gedanke an sich schon ein Gebet ist. Nur wenn wir wachsam genug sind und zwischen den Gedanken, die mit Gott, dem göttlichen Prinzip, in Einklang stehen, und den weltlichen, eitlen und falschen Gedanken des sterblichen Gemüts unterscheiden, werden wir die Werke vollbringen können, die Christus Jesus tat. Die Christliche Wissenschaft erklärt, daß alles, was sich nicht auf den Geist gründet, eine Täuschung, Irrtum ist; denn Gott allein ist Alles-in-allem. Jeder Gedanke und jedes Geschehen, das von einer materiellen Lebensauffassung ausgeht, muß früher oder später gegen die geistigen Wirklichkeiten ausgetauscht werden, die jene nur nachahmen.
Rechtes Wachen und Beten erfordert, daß wir unerschütterlich an der Macht und Gegenwart Gottes festhalten. Geistige Wachsamkeit in der Christlichen Wissenschaft muß gelernt werden, und zwar gewöhnlich durch Erfahrung, Schritt für Schritt, und zuweilen sogar durch schwere Prüfungen. Geistige Wachsamkeit erfordert ein großes Maß von Selbstdisziplin, wie auch Gehorsam gegenüber Gottes Stimme und Seiner Leitung. Doch wenn wir danach trachten, „den alten Menschen mit seinen Werken“ (Kol. 3:9) abzulegen, um aus dem Geist neu geboren zu werden, dann haben wir uns für die Wahrheit entschieden. „Der alte Mensch“ stellt einen materiellen, unharmonischen Begriff dar; wohingegen der wahre Mensch die geistige und vollkommene Schöpfung Gottes darstellt, und als Widerspiegelung Gottes eins ist mit dem unendlichen Gemüt.
Unser Denken und Handeln muß von dem erhabenen Standpunkt aus beherrscht werden, daß Gott die Liebe ist, die Wahrheit und das Leben, das Prinzip allen Seins. Diese Tatsache zu verstehen und an ihr festzuhalten heißt, so zu wachen und zu beten, wie Jesus es lehrte, und dies ist das beste Vorbeugungsmittel gegen die Anfechtungen des Bösen. Die Christliche Wissenschaft bewirkt eine Umwandlung des Denkens, eine geistige Erneuerung, die das Wesen der Menschen umgestaltet und sie so von den Disharmonien befreit, die durch falsches Denken hervorgerufen wurden.
Ein Fehler, der häufig übersehen wird, ist der, an unseren Mitmenschen und deren Angelegenheiten unfreundliche Kritik zu üben. Wenn die Menschen nicht wachsam sind, unterliegen sie nur zu leicht dieser schlechten Angewohnheit. Wenn der Versucher im täglichen Leben an uns herantritt, erfordert es Mut und Selbstbeherrschung, sich nicht zum Werkzeug des Irrtums machen zu lassen. Früher oder später kommt jeder falsche Gedanke wie ein Bumerang auf den, der ihn aussendet, zurück.
Es ist bedeutsam, daß Mrs. Eddy Wachen und Beten als unerläßliche Erfordernisse ansah. Sie schreibt im Handbuch Der Mutterkirche (Art. VIII, Abschn. 1): „Die Mitglieder dieser Kirche sollen täglich wachen und beten, um von allem Übel erlöst zu werden, vom irrigen Prophezeien, Richten, Verurteilen, Ratgeben, Beeinflussen oder Beeinflußtwerden.“
Das Gemüt, das auch in Christus Jesus war, kann nur zum Ausdruck gebracht werden, wenn wir nicht nachlassen in unserer geistigen Arbeit und Wache halten über unser Denken und Handeln. Wer Gottes Gebote hält und der Bergpredigt gemäß lebt, wird die aggressiven Suggestionen des sterblichen Gemüts erkennen und sie zurückweisen.
Die Christliche Wissenschaft ist das Gesetz Gottes, des Guten. Sie befähigt uns, die unendliche Harmonie des Reiches Gottes schon hier auf Erden zu demonstrieren. Die Wissenschaft bewirkt ein ständiges Wachstum im geistigen Verständnis, eine Entfaltung unseres Glaubens an das Gute zu einem Verständnis von Gott, dem liebenden, barmherzigen Vater, der überall gegenwärtig ist.
Als die Verfasserin noch ein Neuling in der Christlichen Wissenschaft war, mußte sie einmal erfahren, wie schwer sich ein Mangel an Wachsamkeit auswirken kann. Als sie mit Freunden eine Bergpartie machte, tranken einige der Kinder, die sie begleiteten, Wasser aus einem vorbeifließenden Bach. Einer der Erwachsenen war ganz entsetzt darüber und schalt sein Kind, indem er einige der bösen Auswirkungen und Übel schilderte, die als Folge des Trinkens von verunreinigtem Wasser eintreten könnten. Die Verfasserin ließ sich von der Furcht, die zum Ausdruck kam, anstecken und ermahnte ihr eigenes Kind ebenfalls, nicht zu trinken.
Als sie an jenem Abend nach Hause zurückgekehrt war, wurde sie, obwohl sie überhaupt kein Wasser aus dem Bach getrunken hatte, plötzlich von hohem Fieber und schmerzhaften Symptomen befallen — Irrtümern, die das sterbliche Gemüt während des Vorfalls am Morgen geäußert hatte. Jetzt galt es für sie, das, was sie von der Christlichen Wissenschaft wußte, anzuwenden. Da sie wußte, Gott würde ihr helfen, ohne daß sie Zuflucht zu materiellen Hilfsmitteln zu nehmen brauchte, vergegenwärtigte sie sich mit Bestimmtheit und mit völligem Glauben die Allgegenwart Gottes und die Gesundheit und Ganzheit des zu Seinem Ebenbild erschaffenen Menschen.
Gegen Morgen, nach einem harten Kampf mit einem Heer falscher Gedanken, bemerkte sie, daß der Irrtum nachgelassen hatte, und noch vor Tagesanbruch war sie vollständig davon befreit. Ihr Herz war erfüllt von Dankbarkeit gegen Gott, denn sie hatte erkannt, daß der Mensch als das Ebenbild Gottes geistig ist und daß die Materie weder Substanz noch Leben besitzt.
Sie hatte erkannt, was sie falsch gemacht hatte. Sie war die einzige in der Gruppe gewesen, die wußte, wie sie für die Wahrheit einstehen konnte, und weil sie nicht wachsam gewesen war, hatte sie versäumt, im rechten Augenblick ihren Standpunkt einzunehmen. So kam es, daß sie erst versucht und geläutert werden mußte, ehe der Segen, den diese Erfahrung für sie bereithielt, in die Erscheinung treten konnte.
Diese Demonstration bewies die Worte unserer Führerin in unserm Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 449): „Ein Körnlein der Christlichen Wissenschaft tut Wunder für die Sterblichen, so allmächtig ist Wahrheit; man muß sich aber mehr von der Christlichen Wissenschaft aneignen, um im Gutestun beharren zu können.“ Diese Erfahrung hat die Verfasserin eine große Lektion gelehrt, denn sie erkannte, was die Ermahnung bedeutete: „Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!“
Wenn alle Menschen und Völker die Allheit Gottes, des Guten, verstehen, Sein Gesetz befolgen und das Böse als unwirklich und unpersönlich zurückweisen würden, anstatt ihm zu dienen, dann würde sich als Folge einer solchen Erkenntnis und eines solchen Strebens Harmonie und Frieden und der Segen der Gesundheit zeigen.
Jesus erklärte sehr eindringlich (Mark. 13: 37): „Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!“
