In einer Welt, die Kraft größtenteils mit materiellen Maßstäben bemißt, mögen die Stimmen jener, die die Macht der Sittlichkeit verkünden, nur schwach vernehmbar sein. Die von ihnen geäußerten Wahrheiten entbehren jedoch nicht der Kraft, und sie sollten beachtet werden, denn sie stehen in Übereinstimmung mit den inspirierten Worten der Heiligen Schrift (Ps. 20:8): „Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse; wir aber denken an den Namen des Herrn, unsers Gottes.“
Von verschiedenen Seiten wird heute mit tiefer Besorgnis festgestellt, daß sich die christlichen Völker viel zu viel auf die materielle Kraft und nicht genug auf die moralische Kraft verlassen. Es werden Warnungen laut, daß die Völker, in dem Bemühen, sich gegen Aggression zu schützen, nur ihr eigenes Interesse im Auge haben und nicht genügend bestrebt sind, das Gute, das durch Aufklärung in die Welt gekommen ist, mit den Entwicklungsländern zu teilen.
Viele dieser Bemühungen werden allerdings zurückgewiesen. Alte Überlieferungen weichen nicht immer sogleich verbesserten Produktions-, Verteilungs- und Verbrauchsmethoden, die den Lebensstandard der Menschheit bestimmen. Endlose Geduld, von Wohlwollen gegen die ganze Menschheit beseelt, wird diesen Widerstand in dem Maße überwinden, wie die moralische Macht, die in selbstloser Liebe zum Ausdruck kommt, Anerkennung erringt. Bei dem Hasten nach materieller Überlegenheit darf die moralische Macht nicht vergessen werden. Die Materie enthält nicht die endgültige Antwort auf die Frage, was wahre Macht ist, wie wirkungsvoll die Materie auch erscheinen mag.
Mary Baker Eddy schreibt in ihrem Buch „Unity of Good“ (Die Einheit des Guten, S. 35): „Ich frage:, Was war zuerst da, Materie oder Kraft?‘ Was zuerst bestand, war Gott, das unsterbliche Gemüt, der Urheber von allem. Gott jedoch ist Wahrheit, und die Kräfte der Wahrheit sind moralisch und geistig, nicht physisch. Sie sind nicht die erbarmungslosen Kräfte der Materie.“ Mrs. Eddy verfolgt dieses Thema weiter: „Was sind also die sogenannten Kräfte der Materie? Sie sind die Erscheinungsformen des sterblichen Gemüts, und Materie und sterbliches Gemüt sind eins; und dies eine ist eine falsche Behauptung über Gemüt, Gott.“
Mrs. Eddy fand die Bestätigung für solche Lehren in dem Leben und Wirken Christi Jesu, der zu seinen Nachfolgern sagte (Matth. 28:18): „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ In diesen Worten des Meisters liegt der Schlüssel zur Lösung aller heutigen Weltmachtprobleme.
Die Wissenschaft des Christentums offenbart die Macht des Christus, alles Böse zu überwinden. Doch der Christus drückt die göttliche Natur aus, und die göttliche Natur muß zum Ausdruck gebracht werden, wenn die moralische Macht über das Böse zu einer praktisch wirksamen Kraft in internationalen Beziehungen werden soll. Nur wenn der Christus durch wissenschaftliches Verständnis und dessen Betätigung tatsächlich offenbar gemacht wird, können Gespräche und Verhandlungen für die Sache des Friedens voll wirksam werden.
Verderbte Mentalitäten mögen für menschliche Argumente nicht zugänglich sein, aber sie können der Autorität des christusgleichen Verständnisses nicht widerstehen. Der Christliche Wissenschafter kann seine Fähigkeiten in der Richtung des geistigen Verständnisses betätigen und so seinem eigenen Volk wie auch allen anderen Völkern helfen, die danach streben, der Aggression ein Ende zu bereiten.
In ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt Mrs. Eddy (S. 559): „Ein, stilles sanftes Sausen‘ des wissenschaftlichen Gedankens erstreckt sich über Land und Meer bis zu den fernsten Grenzen des Erdballes.“ Im Hinblick auf diese Erklärung sollte kein gottesfürchtiger Mensch glauben, er könne nichts dazu beitragen, die Machtansprüche des Irrtums auszulöschen. Die moralische Macht eines einzigen christusgleichen Gedankens fördert den Beweis, daß das sterbliche Gemüt weder denken noch handeln kann. Und wir müssen darauf vertrauen, daß christusgleiche Gedanken ihr Werk vollbringen.
Der Aufruhr in der Welt muß als der Konflikt zwischen den sogenannten materiellen Kräften und der geistigen Macht erkannt werden. Die unvermeidliche Folge der endgültigen Offenbarung der Wahrheit waren Kämpfe; denn Wahrheit bringt das Böse im menschlichen Denken an die Oberfläche, um es zu zerstören. Wir erleben heute eine moralische Revolution; der Materialismus fordert die Macht des Christus, der Wahrheit, heraus, und viele wohlmeinende Menschen werden dazu verleitet, den Irrtum ausschließlich unter den vom Irrtum selbst gestellten Bedingungen zu bekämpfen.
Statt sich zu einem Werkzeug von Angst und Schrecken machen zu lassen — ein Gedankenzustand, der nur darauf ausgeht, die für die Verteidigung eines Landes Verantwortlichen zu immer materialistischeren Anstrengungen anzuspornen —, sollte man gelassen nach Gelegenheiten suchen, moralische Macht zum Ausdruck zu bringen. In zunehmendem Maße sollte Nachdruck auf Mittel und Wege gelegt werden, Gerechtigkeit und Wohlwollen, Hilfsbereitschaft und Barmherzigkeit zu bekunden. Zwar heben solche Methoden, Gefahren zu verringern, auf der gegenwärtigen Stufe des menschlichen Fortschritts nicht die Notwendigkeit einer angemessenen militärischen Verteidigung auf. Je furchtloser jedoch die moralische Macht ausgeübt und je furchtloser ihr vertraut wird, um so gewisser wird sich die militärische Macht überlebt haben.
Der Christlichen Wissenschaft zufolge ist die ganze sterbliche Vorstellung vom Leben ein Traum, eine Täuschung, die durch die Wahrheit des Seins vertrieben werden muß. Jeder einzelne muß bis zu einem gewissen Grade aus diesem sterblichen Traum erwachen, ehe er dazu beitragen kann, den materiellen Sinn zum Schweigen zu bringen, in dem Kriege und Kriegsgeschrei vor sich gehen.
Die erste Verpflichtung des Anhängers der Christlichen Wissenschaft besteht darin, sich selbst aus dem tiefen Schlaf des Lebens in der Materie zu der Erkenntnis seines wahren Lebens im Geist wachzurütteln. Dann wird er sich durch den geistigen Sinn des Reiches Gottes bewußt werden, in dem steter Frieden herrscht; er wird die Nichtsheit des Bösen und der Zwietracht, der Selbstsucht und der arglistigen Täuschung erkennen. Und sein Einstehen für die Vollkommenheit von Gott und dem Menschen, wie sie in der Wissenschaft offenbart wird, wird sein wirkungsvoller Beitrag zu der moralischen Macht sein, die dazu bestimmt ist, Gewalt über die vermeintliche materielle Aggression auszuüben.
Die Ordnung des wirklichen Seins verändert sich niemals. Die folgenden prophetischen Worte aus der Offenbarung bleiben ewiglich wahr (19:6): „Der allmächtige Gott hat das Reich eingenommen.“ Was der Welt not tut ist, diese himmlische Ordnung ans Licht zu bringen.