Es wird oft über Mangel an Zeit gesprochen. Derartige Bemerkungen werden gewöhnlich gemacht, weil viele Menschen ehrlich davon überzeugt sind, Mangel an Zeit halte sie davon ab, viele wünschenswerte Dinge zu vollbringen. Aber sind unseren wahren Leistungen wirklich Grenzen durch Mangel an Zeit gesetzt? Was ist eigentlich Zeit? Ein Teil der Definition von „Zeit“ im Glossarium des Buches „Wissenschaft und Gesundheit“ von Mary Baker lautet: „Sterbliche Maße; Grenzen, in denen alle menschlichen Handlungen, Gedanken, Annahmen, Meinungen, alles Wissen zusammengefaßt werden“ (S. 595).
Zeit hat also etwas mit der scheinbaren Tätigkeit, der Geschichte und den Möglichkeiten der Materie zu tun, einschließlich ihrer Gegensätze, ihrer Sünde, Unwissenheit, Unordnung und ihres Verfalls. Was die Menschheit nötig hat, ist daher nicht mehr Zeit — mehr Grenzen —, sondern vielmehr ein Überwinden der Begrenzung, die mit Zeit identisch ist, um auf diese Weise eine positivere Auffassung von Tätigkeit zu erlangen, wodurch echte Leistungen sichergestellt werden.
Die Ewigkeit ist das stets gegenwärtige und unendliche Jetzt des wahren geistigen Seins und das gerade Gegenteil von dem, was den materiellen Sinnen als Zeit erscheint. Die Ewigkeit ist von Gott und nicht von der Materie. Geistige Tätigkeit oder Entfaltung geht in der Ewigkeit vor sich und ist durch Harmonie, Intelligenz, Schönheit, Ordnung, göttliche Herrschaft und Leitung gekennzeichnet, durch Fortschritt, Vollständigkeit und so weiter — Eigenschaften, die für wahre Errungenschaften wesentlich sind.
Um Großes zu vollbringen, ist es daher nötig, die Ewigkeit zu erreichen und den Zeitbegriff auszulöschen; aber wie können wir dies tun? Durch die Vergeistigung des menschlichen Bewußtseins. Wenn sich das Denken durch hingebungsvolles Studium und Gebet, wie es in der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] gelehrt wird, geistig erhebt, stellt der Anhänger fest, daß er diese Eigenschaften des Seins, die mit der Ewigkeit verbunden sind, angenommen hat und daß die verbunden sind, angenommen hat und daß die Anforderungen und Begrenzungen, die mit dem Zeitbegriff zusammenhängen, immer mehr ausgeschaltet werden. Tatsache ist, daß das menschliche Dasein des Anhängers sich in dem Maße, wie sich sein Denken auf einer geistigen anstatt auf einer materiellen Ebene bewegt, nicht im Zeitlichen abspielt, sondern vielmehr in der Ewigkeit.
Herrschaft über den Zeitbegriff ist jedoch bei der fortschreitenden Vergeistigung des Denkens von einzigartiger Bedeutung, denn eine ordnungsgemäß fortschreitende Vergeistigung des Denkens ist nur möglich, wenn genügend Weisheit bei der Verwendung der Zeit mitspricht, so daß die Möglichkeit für beständiges, regelmäßiges Studium der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] gewährleistet ist. Mrs. Eddy sagt uns: „Der Erfolg im Leben hängt von beharrlicher Anstrengung ab, von der Ausnutzung des Augenblicks mehr als von irgend etwas anderem“ (Vermischte Schriften, S. 230).
Ist es nicht ganz einfach mentale Trägheit, die oft unsere Augenblicke und so auch unsere Tage und sogar unsere Jahre ungenutzt verstreichen läßt? Laßt uns der Apathie mutig entgegentreten, die uns zum Sklaven der Zeit machen möchte. Laßt uns die mentale Trägheit unter ihren verschiedenen Masken aufdecken und zerstören.
Ist es nicht Trägheit, wenn wir nur versuchen, unsere Arbeit zu tun, anstatt sie wirklich zu tun? „Du willst ein wenig schlafen und ein wenig schlummern und ein wenig die Hände zusammentun, daß du ruhest; aber es wird dir deine Armut kommen wie ein Wanderer und dein Mangel wie ein gewappneter Mann“, lesen wir in den Sprüchen (24:33, 34). Wir wollen es nicht zulassen, daß Apathie uns davon abhält, unsere rechtmäßige Herrschaft über den Zeitbegriff und alle anderen Formen von Begrenzung auszuüben.
Alles wahre Handeln und Wollen geht von Gott aus, und da das ewige göttliche Gemüt niemals aufhört sich auszudrücken, hört auch keine individuelle Offenbarwerdung oder Idee des göttlichen Gemüts jemals auf, Wachsamkeit, Scharfsinn und Auffassungsvermögen kundzutun. Der wirkliche und einzige Mensch ist geistig; er ist der sich stets neu entfaltende Ausdruck der göttlichen Intelligenz selbst, immer ganz hellwach. Untätigkeit und Müßiggang haben keinen Platz im wahren und einzigen Sein des Menschen. Da Gemüt Alles ist, gibt es tatsächlich keine Materie, die Trägheit und ein auf das Irdische gerichtetes Streben in unserem Leben hervorrufen könnte. Laßt uns stets darauf achten, daß wir alle Formen der mentalen Trägheit durch die Wahrheit überwinden.
Christus Jesus übte vollständige Herrschaft über den Zeitbegriff aus. Da er sich stets der ewigen Substanz der Seele bewußt war, bedurfte er — um die Menschenmenge zu speisen — nicht der Zeit, um die verschiedenen Annahmen auszulöschen, daß die Materie Substanz sei. Da er sich stets des immergegenwärtigen, ewigen Lebens und seiner ewigen Offenbarwerdung, des geistigen Menschen, bewußt war, bedurfte er — um die Toten zu erwecken — nicht der Zeit, um die Annahmen vom Leben in der Materie auszulöschen.
Da sein Bewußtsein stets in den ewigen Wahrheiten des Seins verankert war, nicht in der illusorischen Raum- und Zeitwelt der Materie, sind seine Worte und Werke nicht nur von dem scheinbaren Dahinstreichen der Zeit unberührt geblieben, sondern sie werden jetzt sogar noch völliger verstanden und demonstriert. Er wußte, daß die Zeit seine Lehren niemals wandeln kann, weil sie in der Ewigkeit verwurzelt sind.
In der menschlichen Erfahrung scheinen sich das Zeitliche und das Ewige zu vermischen. Als Materie ist die Welt zeitlich und vergänglich. Aber Schönheit, Lieblichkeit, Ordnung, Liebe, Freude, Reinheit, Intelligenz, Harmonie und viele andere ewige Eigenschaften sind stets zumindest bis zu einem gewissen Grade erkennbar, wenn wir auf sie achten, und sie werden an Bedeutsamkeit zunehmen, wenn wir geistig vorwärtsschreiten.
Laßt uns diesen Kundwerdungen der Wirklichkeit in unserem Denken die erste Stelle einräumen. Laßt uns durch die göttliche Liebe in fortschreitendem Maße jeden Zeitbegriff überwinden. Mehr als jede andere geistige Eigenschaft ist es die Liebe, die das, was ewig ist, jetzt für uns ans Licht bringt. Laßt die Gegenwart der Liebe einen jeden unserer Gedanken und jede Handlung durchdringen und so unsere Augenblicke, unsere Tage und unsere Jahre mit Liebe erfüllen. Wir wollen wahrlich in der bewußten Erkenntnis der Liebe weilen, immerdar.
