Julchen hat ihr Verständnis von der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] schon viele Male angewandt, um zu beweisen, daß für alle, die sich an Gott um Hilfe wenden, alles Gute möglich ist. Einmal hatte sie den großen Wunsch, zu ihrem Schulorchester zu gehören. Ihre Freundinnen gehörten dem Orchester an, und die Proben machten ihnen allen viel Spaß. Schließlich wurde eine Klavierspielerin gesucht, und Julchen wollte zum Probespielen gehen. Fast zwei Jahre lang hatte sie darauf gewartet, daß dieser Platz frei würde, und hatte jeden Tag geübt. Als jedoch die Zeit gekommen war, hatte sie Furcht. Da waren andere Schülerinnen, die sich bewarben und die viele Jahre lang Klavierstunden gehabt hatten, und jeder sagte, die Musiklehrerin würde es schwer haben zu entscheiden, wer die freie Stelle am besten ausfüllen würde.
Warst du jemals versucht, wenn so etwas an dich herantrat, zu sagen: „Das ist unmöglich. Es hat gar keinen Zweck, es zu versuchen; ich bin einfach nicht gut genug darin“? In solch einem Fall ist es gut sich zu erinnern, daß Christus Jesus diese Art negativen Denkens tadelte, als er sagte (Luk. 18:27): „Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.“
Jesus meinte nicht, daß alle Dinge bei Gott möglich, für den Menschen aber unmöglich seien. Mrs. Eddy erklärt in dem Buch „Vermischte Schriften“ (S. 183): „Der Mensch ist Gottes Bild und Gleichnis; was immer Gott möglich ist, ist dem Menschen als Gottes Widerspiegelung möglich.“ Wenn wir glauben, daß wir Sterbliche seien, die unabhängig von Gott denken, handeln und leben, dann verlieren wir die Verbindung mit der Allmacht und fürchten, daß Verbindung mit der Allmacht und fürchten, daß etwas unmöglich sei.
Julchen wußte, daß man eine christlich-wissenschaftliche Behandlung immer damit beginnt, daß man den Irrtum der Furcht berichtigt. Bevor Jesus seine wunderbaren Werke vollbrachte, sagte er oft den Menschen, daß sie sich nicht fürchten sollten. Julchen fing damit an, daß sie alle Stellen über das Überwinden von Furcht las, die sie in der Bibel und in dem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ von Mary Baker Eddy finden konnte.
Als der Irrtum ihr einflüsterte, daß es besser wäre, überhaupt nicht vorzuspielen, weil sie dann nicht enttäuscht wäre, wenn sie nicht ausgewählt würde, verwarf sie den Gedanken mit dem Bibelvers (Luk. 12:32): „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“
Als die Furcht nachließ, kam ihr ein sehr hilfreicher Gedanke: Gott würde uns nicht Fähigkeiten geben ohne die Gelegenheit, sie zu nutzen. Voller Freude erkannte sie, daß ihre besondere Fähigkeit, Klavier zu spielen, eine Gabe Gottes war, aber es war nur die eine Hälfte Seiner Gabe. Die andere Hälfte war die Gelegenheit, guten Gebrauch von dieser Fähigkeit zu machen — sie am richtigen Platz zum Ausdruck zu bringen. Dieser Gedanke tröstete sie so sehr, daß sie keine Ursache mehr sah, sich zu fürchten.
Nach den Proben kam sie von der Schule heim und sprach mit ihrer Mutter. Sie erzählte ihr, daß sie es beim Vorspielen recht gut gemacht hätte. Der Gedanke bedrückte sie jedoch, daß nun die anderen Mädchen enttäuscht sein würden, wenn sie die freie Stelle im Orchester bekäme; und vielleicht wären sie sogar böse auf sie, weil sie nicht ausgewählt wurden.
Ihre Mutter machte den Vorschlag, im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft eine Antwort auf diese Einflüsterung des sterblichen Gemüts zu suchen. Sie schlugen „Wissenschaft und Gesundheit“ auf und lasen auf Seite 13 folgenden Satz: „Liebe ist unparteiisch und allumfassend in ihrer Anwendbarkeit und in ihren Gaben.“ Es war ihnen klar, daß die göttliche Liebe nicht einzelne Menschen heraussucht und ihnen etwas Besseres gibt als anderen. Gott gibt allen Menschen gleichermaßen Gutes. Er hält endlose Möglichkeiten für jeden einzelnen bereit. Das Gute, das am Werk ist, um einen Menschen zu segnen, muß auch am Werk sein, um andere zu segnen, oder es wäre nicht gut.
Julchen sagte gedankenvoll: „Aber, Mutter, jemand muß enttäuscht sein. Ich möchte lieber, daß ich es wäre.“
„Das scheint ein sehr selbstloser Gedanke zu sein“, antwortete ihre Mutter. „Aber es ist nicht ganz richtig, so zu denken. Sieh mal, du versuchst Gott zu sagen, wie dies ausgearbeitet werden soll. Du kannst dem allwissenden Vater doch nicht sagen, wie Er Seine Arbeit tun soll, oder ja?“
Julchen war bereit, ihren Fehler einzugestehen und abzuwarten und sich wegen des Ergebnisses auf Gott zu verlassen.
In ungefähr einer Woche kam sie aus der Schule nach Hause und sprudelte nur so die gute Nachricht heraus. Die Musiklehrerin hatte sich entschlossen, einen neuen Plan auszuprobieren. Statt nur eine Schülerin auszusuchen, die in dem Orchester das Klavier spielen sollte, wollte sie jede einzelne, die vorgespielt hatte, im Orchester mitwirken lassen. Sie würden sich beim Spielen abwechseln: die besseren Klavierspieler würden die schwereren Stücke bekommen und die anderen die leichteren. Jeder Schülerin würde während des Schuljahres die gleiche Zeit zur Verfügung gestellt werden.
Julchen freute sich, daß sie diese Gelegenheit gehabt hatte zu betätigen, was sie von der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] wußte. Sie lernte, daß selbst ein geringes Verständnis von der Wissenschaft ausreicht, um Schwierigkeiten zu beseitigen, die sich wie ein Berg vor uns aufzutürmen scheinen. Jesus sagte (Matth. 17:20): „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin! so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.“
