Das erste, was vielen Menschen an der Christlichen Wissenschaft auffällt, wenn sie anfangen sie zu studieren, ist, daß diese Religion praktisch anwendbar sit, daß sie zu jeder Zeit, an jedem Ort und unter allen Umständen bewiesen werden kann. Wenn wir achtsam und aufmerksam sind, werden wir auf Schritt und Tritt große oder kleine oder scheinbar unbedeutende Gelegenheiten entdecken, bei denen wir uns die praktische Anwendbarkeit dieser Wissenschaft zunutze machen können.
Auf unserem Weg an Gottes sicherer Hand finden wir reichlich Gelegenheit, unsere Segnungen zu mehren und aus unseren Demonstrationen den höchsten Nutzen zu ziehen. Jede Offenbarwerdung des Guten achten heißt unsere Dankbarkeit für die unermeßliche Güte Gottes vertiefen und fördern. Wir sind gelehrt worden, unseren Mitmenschen für jede Handreichung zu danken. Wieviel mehr sollten wir Gott danken! Durch unaufhörliche Dankbarkeit gegen Gott, die göttliche Liebe, kommen wir Ihm näher, und wir beginnen, innig vertraute Zwiesprache mit Ihm zu halten. Wir erkennen immer deutlicher, daß Er unser Versorger und Erhalter, unser Freund und Vater ist, und wir sehen auch immer klarer, daß der geistige Mensch, das Bild und Gleichnis Gottes, Ihn in jeder Einzelheit widerspiegelt.
Das durch die Christliche Wissenschaft erlangte Verständnis von diesem Freund und Vater — die Überzeugung, daß wir in Ihm unser ewiges und unauflösliches Sein haben — gibt uns Freude und Sicherheit. Wir lernen die vielen Gelegenheiten schätzen, die sich uns allenthalben bieten, für die Christliche Wissenschaft dankbar zu sein und sie zu betätigen.
Es wäre falsch zu glauben, daß wir uns erst durch größere Heilungen als Christliche Wissenschafter erweisen. Wir sollten daran denken, daß die richtige Lösung der einfachsten Rechenaufgabe durch einen Schüler der untersten Klasse ebenso korrekt ist wie die Lösung der schwersten Algebra-Aufgabe durch einen Professor. Jemand, der höhere Mathematik studiert hat, kann ohne die Kenntnisse des Elementarschülers kein einziges mathematisches Problem lösen. Er kann die einfachen Regeln nicht als überholt oder als zu primitiv beiseite schieben. Er braucht ständig das kleine Einmaleins als Grundlage für seine schwersten Experimente.
In gleicher Weise kann kein Christlicher Wissenschafter an den kleineren Beweisen achtlos vorübergehen und dann hoffen, in den größeren, schwerwiegenderen Fällen Erfolg zu haben. Unser Meister und Beispielgeber Christus Jesus ermahnte seine Jünger (Luk. 16:10): „Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten unrecht ist, der ist auch im Großen unrecht.“
Mrs. Eddy schreibt auf Seite 324 in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“: „Seid wachsam, nüchtern und achtsam.“ Diese Worte machten von Anfang an einen tiefen Eindruck auf mich. Ich verstand darunter, daß ich jeden Augenblick auf meine Gedanken achtgeben und nüchtern sein mußte — ohne Sentimentalität oder materielle Ekstase — und mich vor dem Eindringen irriger materieller Annahmen zu hüten hatte.
In späteren Jahren lernte ich eine Frau kennen, die eine so offenkundige, schlichte Frömmigkeit zum Ausdruck brachte, daß ich sie um deswillen liebgewann. Allmählich lernte ich, jede kleine Gabe Gottes zu schätzen, wie sie es tat. Ich gab mir große Mühe, es ihr gleichzutun, und heute weiß ich, daß Dankbarkeit für kleine wie für große Dinge glücklich und reich macht.
Lyman P. Powell sagt in seinem Buch „Mary Baker Eddy — Ein lebenswahres Bild“ (Ausgabe von 1950, S. 216): „Mrs. Eddy erinnerte ihre Freunde manchmal daran, daß Kleinigkeiten die Vollkommenheit ausmachten, daß aber Vollkommenheit keine Kleinigkeit sei.“ Unsere tägliche Arbeit ist hauptsächlich aus tausend und aber tausend kleinen und manchmal scheinbar unbedeutenden Vorgängen zusammengesetzt. Der Christliche Wissenschafter weiß, wie wichtig und notwendig es ist, sein Denken selbst in den kleinsten Angelegenheiten des täglichen Lebens mit Gott in Übereinstimmung zu bringen. Er weiß, daß er die Fähigkeit dazu hier und jetzt besitzt und daß ihm diese Überzeugung unaufhörlich Segen bringt.
Diese Fähigkeit ist die bewußte Tätigkeit des Geistes, die vom Menschen widergespiegelt wird und das Ebenbild des Geistes keinen Augenblick verläßt. Die Tätigkeit des Geistes kann auch nicht einen einzigen Augenblick beeinträchtigt sein, gehemmt werden oder aussetzen. Sie ist nicht eine mächtige physische Kraft, die sich ausschließlich in sogenannten wichtigen, welterregenden Ereignissen kundtut. Die Tätigkeit des unendlichen Geistes ist ununterbrochen gegenwärtig. Wir fühlen diese unendliche Gegenwart in dem Maße, wie wir uns als Ebenbild des Geistes erkennen, und wir sollten diese Tätigkeit dadurch zum Ausdruck bringen, daß wir den Augenblick ausnützen, die kleinen Dinge beachten und unentwegt an der leitenden Hand der göttlichen Liebe gehen.
Auf Seite 209 des oben erwähnten Werkes berichtet Herr Powell auch, daß Mrs. Eddy im Hinblick auf die Errichtung einer kleinen Kirche zu einem der Mitglieder sagte: „Ich liebe diese kleinen Anfänge. Zuerst kommt der richtige Gedanke, dann kommen die richtigen Worte, und zuletzt werden die Worte durch Taten bewiesen.“
Als Christliche Wissenschafter sind wir in der Regel sehr dankbar für unsere kleinen Anfänge im Studium unserer Religion. Wir schätzen jede dieser Erfahrungen, weil sie beweisen, daß wir fähig sind, größere Aufgaben zu meistern. Wir freuen uns über unser geistiges Wachstum, das mit unserer Dankbarkeit unvermeidlich Schritt hält und unseren moralischen Mut stärkt. Wir fürchten uns nicht vor den größeren Beweisen, die Liebe von uns fordert. Da wir gelernt haben, daß zwei und zwei vier ergibt, sind wir auch sicher, daß zwei Millionen und zwei Millionen vier Millionen ergeben.
Die kleinen Erfahrungen sollten uns ein großer Trost sein, weil sie uns daran erinnern, daß wir fest und sicher auf dem rechten Weg wandern. Diese Erfahrungen sind uns liebe und wertvolle Marksteine auf dem Weg vom Sinn zur Seele. Wir stehen nicht fortwährend vor großen Problemen; von dem einen bis zum anderen ist es oft ein weiter Weg. Aber wir können auf die kleinen Gelegenheiten achten und sie uns zunutze machen, denn sie befähigen uns, immer mehr Gutes zu entdecken und zu empfangen.
