Es ist manchmal erstaunlich, wie häufig menschliche Tätigkeiten mit Verhandlungen in dieser oder jener Form zu tun haben. Daheim wird oft über Pflichten der einzelnen Familienmitglieder und über die Betätigungen innerhalb der Familie gesprochen. Im Geschäftsleben wird über Arbeitsverträge verhandelt, über den An- und Verkauf von Material und Gebrauchsgütern. Verträge zwischen den einzelnen Staatsregierungen sind häufig Gegenstand von Verhandlungen.
Dabei ergibt sich immer die Möglichkeit, entweder Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit, Verstehen und Selbstlosigkeit oder aber Betrug, Unredlichkeit und Rücksichtslosigkeit auszudrücken. Gerechte, dauerhafte Übereinkommen können nur durch die zuerst genannten, niemals durch die zuletzt erwähnten Eigenschaften erlangt werden.
Wir lernen in der Christlichen Wissenschaft [Christian Science], daß bei allen Verhandlungen, mögen sie mehr oder weniger bedeutungsvoll sein, der eigentliche Ausgangspunkt immer das richtige Verständnis von Gott und von Seiner allmächtigen Herrschaft über alles ist. Wenn wir von der großen Tatsache ausgehen, daß Gott, Gemüt, Liebe, allerhaben ist, alles erschaffen hat und alles in vollkommener Harmonie regiert, müssen wir zu dem Schluß kommen, daß Er allein alle menschlichen Beziehungen, alle Verhandlungen, alle Vereinbarungen leitet.
Wenn Gemüt, Liebe, allmächtig ist und alles regiert, dann befindet sich jedes Gotteskind unter Seiner unwandelbaren Regierung und muß so handeln, wie es vom Gemüt geleitet wird. Wer sich dieser großen Tatsache nicht bewußt ist, wird an das lügenhafte falsche Bild glauben, das das sterbliche Gemüt darbietet, nämlich daß der Mensch ein Sterblicher sei, mit einem eigenen Gemüt, der Furcht, dem Zufall, der Selbstsucht und allen anderen mit der Sterblichkeit verbundenen Merkmalen unterworfen. Diese Denkweise ist eine dürftige Grundlage für Verhandlungen und muß unvermeidlich zu dürftigen Ergebnissen führen.
Andererseits trägt die Erkenntnis, daß der wirkliche Mensch als Ebenbild der Liebe erschaffen wurde und alle göttlichen Eigenschaften der Liebe, des Gemüts, ausdrückt, dazu bei, gerechte Vereinbarungen zu erreichen. Der Gottesmensch hat das Gemüt, das Gott ist, und ist liebevoll und gerecht. Durch Gemüt wird er bewogen, in Übereinstimmung mit göttlicher Weisheit zu handeln und nicht dem Irrtum, sondern dem Willen Gottes zu entsprechen. Dies trifft auf das wahre Selbst eines jeden zu, der an irgendeiner Besprechung teilnimmt.
Hin und wieder können die vom sterblichen Gemüt bei Verhandlungen oder Besprechungen vorgebrachten Gründe tatsächlich recht aggressiv scheinen. Eine derartige Situation ist eine gute Gelegenheit, Gottes Gesetz oder die Christliche Wissenschaft [Christian Science] anzuwenden, damit Harmonie und Gerechtigkeit eintreten.
Wer bei Verhandlungen Gottes Gesetz praktisch anwenden möchte, besonders dann, wenn sich das sterbliche Gemüt recht streitsüchtig gebärdet, mag sich wohl fragen: „Was beansprucht der Irrtum, und was ist die Wahrheit über diese Situation?“ Der Irrtum oder das sterbliche Gemüt behauptet, eine Gruppe von Sterblichen zusammengeführt zu haben, von der jeder einzelne ein eigenes Gemüt habe und in der Absicht verhandele, soviel wie möglich für sowenig wie möglich herauszuholen.
Die Ergebnisse werden menschlicher Überredungskunst und manchmal auch den Drohungen und Gegendrohungen zugeschrieben. Man meint, die Vernunft würde vorherrschen, aber oft können die Forderungen der einen oder anderen Seite recht unvernünftig sein. Vor einer solchen Situation brauchen wir uns jedoch nicht zu fürchten, denn der Psalmist sagt von den Gottlosen (Ps. 28:5): „Sie wollen nicht achten auf das Tun des Herrn noch auf die Werke seiner Hände; darum wird er sie zerbrechen und nicht aufbauen.“
Die Wissenschaft des Christus ermöglicht es uns, die falschen Ansprüche des sterblichen Gemüts zu durchschauen und sie durch die Wahrheit zunichte zu machen. Gerade dort, wo das sterbliche Gemüt behauptet, daß da streitende Sterbliche seien, sind statt dessen Ideen Gottes, Seine Zeugen, die alle das Gemüt haben, das Gott ist, die alle den Weisungen der Liebe folgen, die alle Gott verherrlichen und Seine Schöpfung preisen. Wenn wir dies erkennen, werden wir vom göttlichen Prinzip, Gott, geleitet und dazu geführt, zu geben anstatt zu nehmen. Wenn unsere Handlungen vom Gemüt veranlaßt werden, drücken wir Intelligenz, Weisheit und Vernunft aus. Unter dem Einfluß der Seele arbeiten wir mit anderen harmonisch zusammen und sind uns allein des göttlichen Willens bewußt.
Der wissenschaftlich Denkende wird von keinem einzigen Argument des Irrtums berührt. Er weiß, daß es keinen bösen Willen, keine Furcht, keine Eifersucht, keinen Argwohn gibt. Es ist kein Faktor vorhanden, der Unruhe stiften oder zerstörerisch wirken könnte, denn wie Mrs. Eddy auf Seite 544 in „Wissenschaft und Gesundheit“ sagt: „Alles steht unter der Leitung des einen Gemüts, Gottes.“
Wie sich die Wahrheit auswirkt, wenn sie auf eine besondere Verhandlungssituation angewandt wird, erlebte ein Christlicher Wissenschafter, der Mitglied eines Lohnverhandlungsausschusses war. Dieser Ausschuß trat zusammen, um über einen neuen Tarifvertrag für einen großen Fabrikationsbetrieb zu verhandeln. Vor Verhandlungsbeginn kündigten einige der Anwesenden, die am Verhandlungstisch vertreten werden sollten, drohend an, daß alle Anstrengungen unternommen werden würden, um gewisse Zugeständnisse zu erlangen, darunter offensichtlich unfaire Bestimmungen, die den Arbeitern auf ihren betreffenden Arbeitsgebieten sowie auch der Firma zusätzliche Beschränkungen auferlegen würden.
Der Wissenschafter, der die Gelegenheit erkannte, sein Verständnis von der Wahrheit anzuwenden, betete täglich; er wußte, daß der Christus jeder Verhandlung beiwohnen würde, um Harmonie und Gerechtigkeit herzustellen. Er vergegenwärtigte sich, daß das eine Gemüt, Gott, das einzige regierende und führende Gemüt ist, das zugegen ist, daß der Mensch Gottes Kind ist und daß sich daher nur Gerechtigkeit kundtun konnte.
Er erkannte klar, daß das Bild, welches das sterbliche Gemüt darzustellen versuchte, nicht echt war; daß Unvernunft, Ungerechtigkeit, Habgier, Unwissenheit und Zwietracht falsche Einflüsterungen waren, die vor der Allmacht des Gemüts nicht bestehen konnten.
Er war sorgsam darauf bedacht, den Irrtum nicht zu personifizieren, und bestrebt, dem nachzukommen, was Mrs. Eddy in ihrem Buch „Rückblick und Einblick“ (S. 76) schreibt: „Wer den gottgekrönten Gipfel der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] erreicht, setzt die körperliche Persönlichkeit niemals herab, sondern hebt sie. Er ist sich der wahren Natur eines jeden bewußt und sieht jeden Sterblichen in einem unpersönlichen Licht.“
Als die letzte Sitzung stattfand, was Harmonie an die Stelle von Zwietracht und Streitsucht getreten, und in allen Punkten wurde Übereinstimmung erzielt. Zum Erstaunen vieler wurden einige der hauptsächlichsten Forderungen fallengelassen, und beide Parteien stimmten einer für beide Teile vorteilhaften Regelung zu. Wieder einmal hatte die Vergegenwärtigung des Christus, der Wahrheit, eine gerechte und faire Lösung herbeigeführt.
Kein Problem kann bei Verhandlungen entstehen, das die Christliche Wissenschaft [Christian Science] nicht lösen könnte. Was auch immer die Situation sein mag, Gottes Gesetz steht bereit — eine moralische und geistige Kraft, die Furcht, Mißverständnisse und Unredlichkeit berichtigt — und bewirkt, daß sich menschliche Handlungen auf Vernunft, Liebe und göttliche Intelligenz gründen. Um dieses Gesetz wirksam werden zu lassen, müssen wir uns von dem menschlichen Vorgang, der behaupten will, es gäbe gute und schlechte Charaktere, günstige und ungünstige Umstände, abwenden und die absolute Herrschaft des einen Gemüts, der Liebe, geltend machen. Dann werden wir sehen, daß unsere Verhandlungen von Gott geleitet und von Gott entschieden werden.
