In seinem Brief an die miteinander im Streit liegenden Christen in der Provinz Galatien gibt ihnen der Apostel Paulus im wesentlichen die Zusicherung, daß Vertrauen auf Gott und Gehorsam gegen Sein Gesetz ihnen die Freiheit sichern würde, den religiösen Lehren von Christus Jesus ungehindert zu folgen.
In demselben Sinn müssen wir heute eingedenk sein, daß das Verständnis des Christus in der Christlichen WissenschaftChristian Science; sprich: kr´istjən s´aiəns. uns gewisse, genau bestimmte Verpflichtungen auferlegt, denen wir nachkommen müssen, wenn wir uns der Segnungen der geistigen Befreiung erfreuen wollen, die uns zu bringen der Christus stets bereit ist. Unsere erste Verpflichtung ist die Entscheidung darüber, ob wir dem Geist oder der Materie als unserem Vorbild folgen und welches von beiden wir als geeignet anerkennen wollen, unsere Norm für echt christliche Sittlichkeit und christliches Leben festzusetzen.
Die Lehren der Christlichen Wissenschaft machen es zur Genüge klar, daß Geist und Materie genau entgegengesetzt sind und daher in entgegengesetzte Richtungen führen. Das eine öffnet den Weg in die Freiheit, das andere führt zu Unterwerfung.
Da wir in der absoluten Wahrheit Ideen oder Widerspiegelungen Gottes, des Geistes, sind, wie die Christliche Wissenschaft lehrt, sollten wir auf dem geistigen Pfad wandeln, der uns zu einer fortschreitenden Entfaltung des unschätzbaren Verständnisses führt, daß wir Gott nahe sind. Paulus schrieb (Gal. 5: 25): „Wenn wir im Geist leben, so lasset uns auch im Geist wandeln.“ „Im Geist wandeln“ heißt, Gottes Gesetz des Guten zu befolgen und dadurch beschützt zu sein, während den Weg des Fleisches zu wandeln bedeutet, uns den sogenannten Gesetzen des Fleisches auszusetzen, die zu den Ängsten und Untugenden einer fleischlichen Auffassung vom Leben beitragen. Dem Gesetz Gottes zu folgen heißt, die Forderungen, Einschüchterungen und Lockungen der Materie zurückzuweisen und so ihre bösen Folgen zu vermeiden. Nochmals mit den Worten des Apostels (Vers 16): „Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lüste des Fleisches nicht vollbringen.“
Dieser Rat ist zeitlos gültig, denn die menschlichen Situationen, die er einschließt, sind im Grunde durch die Jahrhunderte hindurch dieselben geblieben. Von den frühesten Tagen an waren die Menschen dauernd gezwungen, in all ihren Angelegenheiten zwischen den Wegen des Geistes, der unendlichen, all-intelligenten göttlichen Liebe, und den mesmerischen Versuchungen und falschen Versprechungen der Materie oder des Bösen zu wählen.
Die Christliche Wissenschaft hat das Wesen dieses Kampfes in den klarsten wissenschaftlichen Ausdrücken erläutert, so daß wir uns heute vor die Wahl zwischen einem Widerstand gegen das Böse und einer Unterwerfung unter das Böse gestellt sehen, wobei wir uns der wahren Bedeutung der Herausforderung und der Folgen, die unsere Wahl nach sich zieht, voll bewußt sein sollten.
Vor über neunzehnhundert Jahren legte Paulus das Gesetz des Geistes deutlich dar, das diejenigen, die „im Geist wandeln“ möchten, in all ihren menschlichen Angelegenheiten beständig vor Augen haben müssen. „Das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.‘ Wenn ihr euch aber untereinander beißet und fresset, so sehet zu, daß ihr nicht voneinander verzehrt werdet“ (Verse 14, 15).
Dieses Gesetz und die Warnung des Paulus sind heute in unverminderter Stärke auf geschäftliche Beziehungen, auf die Familie und besonders auf die Kirchenarbeit anwendbar. In wunderbarer Vorsorge für den Schutz ihrer Kirche nahm Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, in das Handbuch Der Mutterkirche eine Regel auf, die eine enge Beziehung zu den Worten des Paulus hat. Unter der Überschrift „Verletzung der christlichen Gemeinschaft“ sieht sie vor (Art. XI Abschn. 3): „Ein Mitglied, das die Pastorin Emerita oder ein anderes Mitglied mit Unrecht kränkt oder schmäht, oder das mit Mitgliedern von bewährtem Ruf nicht in christlichem Einvernehmen lebt, soll entweder aus der Kirche austreten, oder es soll aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen werden.“
Die scheinbare Strenge dieser Vorschrift zeigt, wie sehr unsere Führerin der Uneinigkeit, dem Unglücklichsein und den persönlichen Reibereien zuvorzukommen wünschte, die lieblose oder gedankenlose Worte oder Taten unter den Mitgliedern einer Zweigkirche Christi, Wissenschafter, hervorrufen könnten. Die Christlichen Wissenschafter müssen beständig dieser Vorschrift eingedenk sein und auch daran denken, daß ihre Führerin Liebe als das Lebenselement der Christlichen Wissenschaft bezeichnete. Und in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ verweist sie auf die Goldene Regel, anderen zu tun, was wir wollen, das sie uns tun sollen, die Regel, die in dem Brief des Paulus angedeutet ist, als dem Wesenskern der Religion, die sie gründete.
In einer Strophe ihres Gedichtes „Liebe“ verlangt Mrs. Eddy ausdrücklich, daß ihre Nachfolger darum beten sollten, niemals diese Verhaltensregel zu brechen (Vermischte Schriften, S. 387):
Eh’ ihr zerbrecht das schwache Rohr
Mit Worten übereilt,
Fleht um den Geist, den der erkor,
Der uns geliebt, geheilt.
Sucht heil’ges Denken, himmelrein,
Um in der Liebe eins zu sein.
Können wir es uns leisten, ihre so dringende, inspirierte Weisung außer acht zu lassen?
Wenn die Mitglieder einer Zweigkirche diesen Rat ihrer Führerin befolgen, sichern sie sich nicht nur ihr eigenes Glück und ihren eigenen Fortschritt, sondern auch die innere Einheit und das harmonische Wirken der Kirche — sehr wichtige Faktoren für die Wohlfahrt der Sache der Christlichen Wissenschaft. Ob wir dessen gewahr werden oder nicht, und ob wir es mögen oder nicht, die Welt beobachtet die Christlichen Wissenschafter aufmerksam, um zu sehen, welche Wirkung ihre Religion auf ihr Leben und ihren Charakter hat. Und ob die Welt sich nun dessen bewußt ist oder nicht, sie sehnt sich zu ihrer eigenen Ermutigung nach den leuchtenden Beispielen dieser Wirkung.
„Im Geist wandeln“ heißt, Geist, Gott, als das göttliche Elterngemüt und als den Erhalter des Menschen, Seines vollkommenen geistigen Gleichnisses, zu sehen und anzunehmen. Es bedeutet anzuerkennen, daß Gemüt Liebe ist, die universale Ursache, der eine Gott, und daß die Wirkung Seines schöpferischen Allwirkens Ihm gleich sein muß, nämlich unendlich gut.
Wer im Geist wandelt, wird daher niemals die Suggestion des sterblichen Gemüts annehmen, die Ursache für irgendeine Mißhelligkeit im materiellen Körper zu suchen und so diese Mißhelligkeit als etwas Wirkliches an sich selbst zu heften. Er wird sich im Gegenteil vom Körper hinweg und dem Geist zuwenden und wird sich vergegenwärtigen, daß die eine unendliche Ursache nichts enthalten oder aussenden kann, das ihrer eigenen vollkommenen Natur entgegengesetzt ist. Er wird so erkennen, daß die Kundwerdung des Bösen nur der mesmerische Traum des sterblichen Gemüts ist, ohne physische Wohnstätte oder physisches Sein, und daß der Mensch in all seinen gottgegebenen Tätigkeiten liebevoll, liebenswert, glücklich, erfolgreich und beschützt ist, auf immer unberührt von dem Traum des Bösen.
„Im Geist wandeln“ bedeutet, im Frieden und der Stärke der Liebe zu wandeln. Es bedeutet, in der Freude einer von Gott verfügten Nützlichkeit zu wandeln, in der Schönheit, Stärke und Heilsamkeit unserer wahren Selbstheit. „Im Geist wandeln“ bedeutet, die Unwirklichkeit der schleichenden Schatten des Irrtums zu erkennen, die uns die Herrlichkeit und Allheit Gottes verdunkeln möchten, es bedeutet, die alles-einschließende Wirklichkeit Gottes, Seiner Schöpfung und Seiner lebenspendenden Kraft zu sehen. Es bedeutet, ohne Furcht zu wandeln und die Kranken zu heilen, denn der Prophet hat uns versichert (Jes. 58:9): „Dann wirst du rufen, so wird dir der Herr antworten; wenn du wirst schreien, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.“
