David und Jonathan verband eine Freundschaft, die immer noch wegen ihrer Schönheit, Stärke und Beständigkeit sprichwörtlich ist. Anscheinend begegneten sie einander zum erstenmal nach Davids triumphalem Sieg über Goliath, der bewies, daß „der Krieg ... des Herrn“ ist (1. Sam. 17:47); und sehr schnell faßten sie eine unwiderstehliche Zuneigung zueinander. „Das Herz Jonathans [verband sich] mit dem Herzen Davids, und Jonathan gewann ihn lieb wie sein eigenes Herz“ (18:1).
Es spricht sehr für die ihnen innewohnende Standhaftigkeit und Treue, daß sie in den folgenden Jahren der Prüfung dieses Bündnis niemals brachen.
Anfangs zögerte Jonathans Vater, Saul, nicht, David über eine Anzahl von Kriegsleuten zu setzen; bald aber überfiel ihn bittere Eifersucht, als er erfuhr, daß das Volk David zehntausend erschlagene Landesfeinde zuschrieb, Saul jedoch nur tausend (siehe 18:8).
Später gab Saul David die Erlaubnis, seine Tochter Michal zu heiraten, obwohl er einen bösen Zweck damit verband, nämlich den, daß „sie zum Fallstrick“ werden solle (Vers 21). „Saul... wurde [Davids] Feind sein Leben lang“ (Vers 29). Er bestand darauf, daß selbst Jonathan sich seinen Gefolgsmännern anschließen sollte, David zu töten.
Hier wurde Jonathans Liebe zu seinem Freund auf eine harte Probe gestellt; aber er bestand diese Probe. Er flehte Saul so dringend an, daß für den Augenblick sein Rat angenommen wurde, und Saul leistete einen heiligen Schwur, daß David nicht getötet werden sollte (siehe 19:6). Später machte er seine eigene Entscheidung rückgängig und suchte ihn wiederum mit einem Spieß an die Wand zu spießen, wie er es vor der Versöhnung versucht hatte (siehe 18:11; 19:10).
Nach einer herzbewegenden Erneuerung ihrer Liebe und Treue zueinander schienen David und Jonathan zögernd den Entschluß gefaßt zu haben, daß David in das unwegsame Hügelland des südlichen Palästinas fliehen sollte, um dem Zorn Sauls zu entfliehen (siehe 20:41, 42).
Ohne das Wissen seines rachsüchtigen Vaters suchte Jonathan zu einem späteren Zeitpunkt David in dem bewaldeten Gebiet der Wüste Ziph, einige Meilen südlich von Hebron, auf und gab ihm all die Unterstützung und Ermutigung, deren er fähig war, und „stärkte sein Vertrauen auf Gott“ (23:16).
Jonathan versicherte seinem Freund, daß Saul ihn trotz aller Bemühungen niemals finden werde. Darüber hinaus könnte David auch gewiß sein, daß er in der Tat über Israel herrschen und daß er, Jonathan, Schulter an Schulter mit ihm stehen werde, worüber Saul sich sehr wohl im klaren war. Bei dieser Gelegenheit schlossen die beiden Freunde wiederum einen feierlichen Bund miteinander „vor dem Herrn“ und bestätigten somit die Abmachung, die sie zu halten geschworen hatten (Vers 18). Soweit aus der Bibel zu ersehen ist, begegneten sie einander nie wieder, aber David vergaß seinen treuen Freund niemals.
David scheint erst dann wieder von seinem geliebten Jonathan gehört zu haben, als er die traurige Nachricht erhielt, daß beide, er und sein Vater Saul, in der Schlacht getötet worden waren. Trotz all seiner Fehler war Saul der König von Israel gewesen, und David schloß sie beide in ein hochherziges Klagelied ein: „Saul und Jonathan, geliebt und einander zugetan, im Leben und in Tod nicht geschieden“, während er Jonathan eine mehr persönliche Ehrung erwies: „Ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt; deine Liebe ist mir wundersamer gewesen, als Frauenliebe ist“ (2. Sam. 1:23, 26).
Noch später, als David selbst den Thron Israels bestieg, beschwichtigte er die Furcht Mephiboscheths, des Sohnes Jonathans. Er lud ihn ein, ständiger Gast am Tische des Königs zu sein und sicherte ihm den Besitz seines Erbes als Enkel Sauls und Sohn Jonathans, Davids engstem Freund (siehe 2. Sam. 9).