Die Hoffnung auf Beförderung ist etwas Natürliches für den, der von dem aufrichtigen Wunsch nach jener umfassenderen Nützlichkeit getrieben wird, für die ihn Erfahrung und inneres Wachstum vorbereitet haben. Jene, die durch die Inspiration der Liebe ihre Aufgaben nach bestem Können gewissenhaft erledigen, bereiten sich auf eine von Fortschritt gekennzeichnete Laufbahn vor. Beförderung in eine gehobenere Stellung ist wahrer Fortschritt, wenn sie durch eine solche gründliche Vorbereitung, Prüfung und Reife verdient ist.
Der Wunsch nach einer gehobeneren Stellung und größeren Autorität gründet sich indessen zuweilen auf das Drängen des sterblichen Gemüts, den Stolz und die Eitelkeit zu befriedigen, die dessen falschem Begriff vom Wesen des Menschen und von seinem Daseinszweck innewohnen. Wer nicht um die Tatsache weiß, daß dieser falsche Antrieb kein Teil seiner wahren Identität als der geistigen Widerspiegelung Gottes ist, mag sich menschlichen Intrigen, der Schmeichelei oder allerlei Machenschaften beugen, um dieses Ziel zu erreichen.
Wenn Beförderung auf solchen Wegen erreicht wird, ist sie dem Mißerfolg näher als dem Erfolg, denn die höheren Anforderungen eines verantwortungsvolleren Postens sind dazu angetan, den Mangel an Bereitschaft des Betreffenden, ihnen zu genügen, aufzudecken. Solch sogenannter Erfolg ist, gleich der unreifen Frucht, wenig schmackhaft, denn er ermangelt wahrer Befriedigung. Wie weise ist der Rat unserer Führerin: „Sucht kein Amt einzunehmen, zu dem ihr euch nicht von Gott berufen fühlt.“ Rückblick und Einblick, S. 85; Der Psalmist äußert die gleiche Warnung: „Pocht nicht so hoch auf eure Gewalt, redet nicht so halsstarrig! Denn es kommt nicht vom Aufgang und nicht vom Niedergang, nicht von der Wüste und nicht von den Bergen, sondern Gott ist Richter, der diesen erniedrigt und jenen erhöht.“ Ps. 75:6–8;
Die im 2. Buch der Könige aufgezeichnete Erfahrung eines jungen Mannes namens Elisa veranschaulicht das Wirken des Gesetzes der Wahrheit, das vorsieht, daß der Mantel hoher Verantwortung naturgemäß nur dann auf unsere Schultern fällt, wenn wir durch demonstrierte Fähigkeit und Loyalität unsere Bereitschaft bewiesen haben, ihn zu tragen.
Elisa war ein treuer Nachfolger des Propheten Elia. Während der Jahre ihres Zusammenseins muß der junge Mann seine Hingabe an das hohe Ideal von nur einem Gott, dem sein Meister diente, in reichem Maße bewiesen haben. Elisa lernte die Dinge Gottes verstehen und gewann so an geistigem Verständnis und geistiger Größe. Dies befähigte ihn, in dem Augenblick, wo Elia dem sterblichen Auge entschwand, die Unsterblichkeit des Menschen zu erkennen, die ununterbrochene Fortdauer des dem Menschen von Gott zugewiesenen Zweckes, und die geistige Forderung zu spüren, diesem Zweck zu dienen.
In diesem kritischen Augenblick fiel der Mantel seines Meisters auf Elisas Schultern. Und Elisa war bereit, ihn zu tragen. Er tat es mit hoher geistiger Würde während mehr als eines halben Jahrhunderts und wurde dadurch zu einem der großen Propheten Israels. Wie gut treffen die Worte unserer Führerin auf seinen Fortschritt zu: „Gott wählt für den höchsten Dienst nur jemanden aus, der zu einer solchen Tauglichkeit für denselben herangewachsen ist, daß jeglicher Mißbrauch der Mission zur Unmöglichkeit wird. Der Allweise verleiht Sein höchstes Pfand nicht einem Unwürdigen. Wenn Er einen Boten bevollmächtigt, so ist es einer, der Ihm geistig nahesteht.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 455;
Der größte dieser Boten war Christus Jesus. Der Mantel, den er trug, war nicht durch Menschenhand um seine Schultern gelegt worden, sondern durch seinen Vater-Mutter Gott, dessen Arbeit er während seines ganzen irdischen Lebens zum unermeßlichen, dauernden Segen für die Menschheit fortführte. Er erklärte den Zweck, dem er diente, und die Quelle seiner Macht mit folgenden Worten: „Meine Speise ist die, daß ich tue den Willen des, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.“ Joh. 4:34; „Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst. Der Vater aber, der in mir wohnt, der tut seine Werke.“ 14:10;
Im menschlichen Leben mag ein Vater wünschen, daß ein Sohn die Leitung seines Geschäfts übernimmt, da das Gefühl elterlicher Zuneigung sein besseres Urteilsvermögen beeinträchtigt hat, das ihm sagen würde, daß der Sohn nicht dafür bereit ist, an seines Vaters Stelle zu treten. In einem solchen Fall werden beide lernen müssen, daß der bloße Wunsch, den Mantel des Vertrauens und der Verantwortung um Schultern zu legen, die dafür nicht bereitet sind, ihn dort nicht zu halten vermag. Noch würde das zu ehrgeizige Streben des Sohnes nach dem Mantel ihn mit der geistigen Entwicklung, Erfahrung und Weisheit ausrüsten, die er braucht, um ihn erfolgreich zu tragen, denn diese geistigen Gaben sind nicht im Mantel selbst. Sie müssen erworben werden. Hier kommt uns ganz natürlich die Warnung unserer Führerin in den Sinn: „Du steigst nur auf, wenn die Macht Gottes dich erhebt, oder du fällst aus Mangel an göttlichem Antrieb.“ The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 248.
Wahre Beförderung ist das natürliche Ergebnis eines von Liebe inspirierten und uneingeschränkten Anwendens der von Gott verliehenen Gaben, die in dem Maße zunehmen und sich entfalten, wie wir sie nutzen. Dies bewahrheitet sich insbesondere dann, wenn unerwartete Umstände uns den Mantel größerer Verantwortung plötzlich um die Schultern legen, denn die unendlichen Mittel des Gemüts sind denen stets zugänglich, die sie reinen Herzens suchen.
Es ist jedenfalls so, daß der Ruf, vorwärtszugehen, sicherlich kommt, wenn wir unsere Fähigkeit bewiesen haben, einem gottgebenen Zweck mit Hingabe und Intelligenz — wie nur die göttliche Liebe sie eingeben kann — zu dienen, und dies mit einer Beständigkeit, die nicht fragt: „Wie lange?“ Dann werden wir bereit sein, dem Ruf zu folgen, denn wir werden vollauf befähigt sein, den erweiterten Anforderungen eines gehobeneren Postens zu genügen.
Ein solcher Ruf erging in unserer Zeit an Mary Baker Eddy, die die von Herzen geliebte Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft wurde. Je klarer sich ihr durch ihr geistiges Forschen die lange verloren gewesene Wissenschaft des Seins offenbarte, die Christus Jesus gelehrt und demonstriert hat, desto tiefer fühlte sie die Verpflichtung, die der Mantel, den Gott ihr damit um die Schultern gelegt hatte, mit sich brachte, nämlich ihre Entdeckung der Welt zu geben. Dies war, wie im Falle Elisas, nicht das Werk eines einzigen Tages, sondern das Ergebnis jahrelangen, hingebungsvollen Forschens und Betens, jahrelanger Prüfungen und unermeßlichen geistigen Wachstums.
Unsere Führerin wußte, was es bedeutet, von Gott damit betraut zu werden, Ihm zu dienen, und sie trug den Mantel dieser großen Verantwortung mit einer Würde und einer Wirksamkeit, wie dies seit den Tagen des Meisters nicht mehr der Fall gewesen war.
Ist es uns klar, daß die wunderbaren Segnungen, die wir durch die Christliche Wissenschaft empfangen haben, einem jeden von uns den Mantel der edlen Verpflichtung umlegen, ihre Lehren beispielhaft zu leben? Es ist in erster Linie ein solches lebendiges Zeugnis, das andere ermutigt, das Studium der Christlichen Wissenschaft aufzunehmen und einen Schimmer von der Möglichkeit zu erlangen, durch ein bewußtes Einssein mit einem verstandenen Gott von der unnötigen Sklaverei unter dem materiellen Sinn des Lebens frei zu werden.
Sich zu weigern, diesen Mantel zu tragen, bedeutet den Verlust des großen Segens, der uns immer zuteil wird, wenn wir Gott und dem Menschen dienen; diesen Mantel mit einem tiefempfundenen Verständnis für die damit verbundenen Verpflichtungen zu tragen und mit dem Wunsch, sie zu erfüllen, heißt dieses Segens weiterhin teilhaftig zu sein. Die göttliche Liebe sucht sich selbst ihre Boten aus und legt ihnen ihren Mantel um. Und es ist die unbeschränkte Widerspiegelung dieser ausströmenden und universalen Liebe, die uns dieses Mantels würdig macht und uns befähigt, ihn mit Inspiration, Demut, geistiger Freude und Wirksamkeit zu tragen.