Eine der grundlegenden Methoden in der Christlichen Wissenschaft, den Irrtum zu zerstören, besteht darin, ihn unpersönlich zu machen und ihn dann auszutreiben. Wir trennen ihn vom Menschen, erkennen ihn als eine Annahme ohne Ursache oder Wirkung und machen ihn auf diese Weise null und nichtig. Wenn eine Lüge nichts hat, was sie identifiziert, fällt sie der Vergessenheit anheim.
Im Hinblick auf das Gute müssen wir logischerweise genau das Gegenteil tun: wir müssen es individualisieren. Das Ziel der christlich-wissenschaftlichen Demonstration besteht einzig darin, zu erkennen, daß das Gute individuell zum Ausdruck kommt, zu erkennen, daß Gott Seine Wirkung, Seinen Menschen, hat und daß das Gute seine fest umrissene Kundwerdung hat. Das Segens- wort in der Bibel: „Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe" Matth. 3:17; ist ein klares Beispiel dafür, daß Wahrheit den Menschen als ihren Ausdruck identifiziert.
Die Anerkennung des Wertes, den der einzelne hat, ist ein rechtmäßiger Bestandteil unserer gesellschaftlichen Struktur. Der Lohn für eine außerordentliche Leistung, ein angemessenes Entgelt für ein hervorragend geführtes Geschäft, die Anerkennung persönlicher Verdienste, dies alles sind Beispiele für das „Wohl getan" in seinen verschiedenartigen Formen.
Bei dieser Anerkennung sollten wir jedoch niemals den Menschen als den Ursprung des Guten ansehen. Jesus brachte dies deutlich zum Ausdruck, als er sagte: „Ich kann nichts von mir selber tun." Joh. 5:30; Es ist notwendig, sich stets bewußt zu sein, daß Gott die Ursache und der Mensch die Wirkung ist. Solange wir uns über diese Beziehung klar sind, dürfen wir den einzelnen in vollem Maße ehren und ihm den ihm zustehenden gerechten Lohn zuteil werden lassen. Es ist zum Beispiel wesentlich, daß wir die unentbehrliche Rolle anerkennen, die Christus Jesus für das Christentum spielte, und Mrs. Eddys unauflösliche Beziehung zur Christlichen Wissenschaft verstehen. Von einer tugendsamen Frau sagte der Verfasser der Sprüche: „Gebt ihr von den Früchten ihrer Hände, und ihre Werke sollen sie loben in den Toren!" Spr. 31:31;
Wir beten nicht den Menschen an; wir beten Gott an. Und eine Art, Gott anzubeten, besteht darin, zu verstehen, daß Er in aller wahren Individualität zum Ausdruck kommt. Gott ist unendliche Individualität, das eine Gemüt, das göttliche Ego, die unendliche Intelligenz und der Ursprung aller wahren Fähigkeiten. Unsere Führerin sagt uns: „Der Mensch besitzt keine Macht aus sich selbst." Die Einheit des Guten, S. 39; Wenn wir das Gute ehren, wo immer es sich bekundet, erkennen wir den einen Urquell, Gott, an, der in Seinem Menschen individuell ausgedrückt ist.
Als Jesus sagte: „Was heißest du mach gut?" Mark. 10:18;, stellte er nicht die Eigenschaft der Güte in Abrede. Das hätte sich nicht mit seinem Denken vereinbart, denn er wußte, daß er Gottes Kind war. Er wußte, daß er den Christus, das Wesen Gottes, ausdrückte. Aber er wußte auch, daß er nicht der Ursprung des Guten war. Die Frage könnte sehr wohl folgendermaßen verstanden werden: „Warum nennst du mich Gott?" Das ist durchaus folgerichtig, denn er ließ nicht zu, daß die Menschen ihn als Gott verehrten.
Die materielle Persönlichkeit ist nicht der wirkliche Mensch, vielmehr ist die geistige Individualität das Kind Gottes, die Idee der Wahrheit. Wir sollten nie versuchen, die göttlichen Eigenschaften von dem Betreffenden, der sie ausdrückt, zu trennen; wir sollten ihn vielmehr mit allem Guten angetan sehen. Die Bibel sagt es folgendermaßen: „Wir. .. wollen nicht entkleidet, sondern überkleidet werden, auf daß das Sterbliche würde verschlungen von dem Leben." 2. Kor. 5:4; Wenn der Mensch im rechten Licht gesehen wird, als die Zusammensetzung aller Eigenschaften Gottes, dann wird er richtig identifiziert und zu seinem Ursprung, dem göttlichen Gemüt, in Beziehung gebracht.
Manchmal stellt jemand seine Fähigkeit oder sein Talent aufgrund einer falschen Auffassung von Demut in Abrede. So machte zum Beispiel ein Freund von mir einer Sängerin wegen ihrer wunderbaren Darbietung eines Solos ein Kompliment. Daraufhin sagte sie:
„Sie wissen, daß es in Wirklichkeit nicht ich war, die da oben sang."
„Ach", sagte mein Freund, „wer war es denn dann, dem ich lauschte?"
Wir sollten das Gute niemals seines Ausdrucks berauben. Gott braucht Seinen Menschen, oder Seine Idee. Falsche Demut kann ein Überbleibsel der falschen Theologie sein, die den Menschen einen elenden Sünder nennt, der nicht wert ist, der Ausdruck des Guten zu sein. Es ist richtig, die materielle Persönlichkeit mit all ihren Unzulänglichkeiten zu leugnen, aber wir sollten niemals unsere wirkliche Identität auslöschen wollen. Wir wollen Gott die Ehre geben und uns dann vergegenwärtigen, daß sich Gott durch Seine Idee ausdrückt.
Es ist wahr, daß man die Forderungen der göttlichen Liebe erfüllen muß, um die Gegenwart und Macht der Liebe zu erkennen und sich der Segnungen der Güte Gottes zu erfreuen. Das sterbliche Selbst muß geopfert werden. Aber die Beziehung, die zwischen Gott und dem Menschen als Vater und Sohn besteht, ist die Wissenschaft des Seins, und wir müssen dahin kommen, diese Tatsache anzuerkennen, sie als wahr zu bestätigen und in Übereinstimmung damit zu leben. Dann werden wir nicht nur den Segen verdienen, sondern wir werden ihn auch in reichem Maße empfangen.
Vieles von dem, was wir unter dem Geist des Antichrist verstehen, bekundet sich heute in der Denkweise, die den einzelnen dessen berauben möchte, was rechtmäßig sein ist. Übergriffe auf die individuellen Rechte, der Versuch, das Einzelwesen dem Staat, einer Organisation oder einem Komitee unterzuordnen, all dies entspricht der Tendenz, das Gute seines Ausdrucks zu berauben. Diese Art des Denkens möchte das Gute ausdruckslos und namenlos machen, das heißt gestaltlos und nichtig. Sie ist dem Plan des Schöpfers absolut entgegengesetzt, denn Gott braucht Seinen Ausdruck, den Menschen.
Unsere Führerin sagt: „Der Mensch ist der Ausdruck der Seele." Wissenschaft und Gesundheit, S. 477. Und weiter unten fügt sie hinzu: „Getrennt vom Menschen, der Seele ausdrückt, würde Geist eine Nichtwesenheit sein; der Mensch, geschieden vom Geist, würde seine Wesenheit verlieren. Aber es gibt keine solche Teilung und kann keine geben, denn der Mensch besteht zugleich mit Gott."
Es ist also klar, daß wir das Gute identifizieren, ausdrücken, individualisieren möchten, und wir möchten auch anderen helfen, dies zu tun. Das gehört alles zu unserer Art, Gott zu verherrlichen und anzubeten. Wenn wir wirklich demütig sind, haben wir den Wunsch, den Christus in unserem Denken und Leben zu erheben, damit wir durch den Ausdruck rechten Menschentums die wahre Idee Gottes ans Licht bringen.