Die Theologie der Christlichen Wissenschaft stellt das ursprüngliche, praktische Christentum wieder her. Sie schreibt alle Macht, Gegenwart und Tätigkeit einem unendlichen Gott, dem Guten, zu. Die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjən s'aiəns. ist einzigartig, indem sie sich von allen anderen Religionen durch logisches Festhalten an der Wahrheit unterscheidet, daß Gott Alles-in-allem ist, daß es also keine Macht geben kann, die Ihm gleich oder entgegengesetzt ist. Es kann nicht mehr als alles geben. Da Gott Geist ist, kann es keine Materie, das Gegenteil des Geistes, geben. Da Gott gut ist, kann es keine Wirklichkeit im Bösen oder in dem Zeugnis der materiellen Sinne geben.
Diese wahre Auffassung von Gott offenbart die geistige Beziehung zwischen dem vollkommenen Gott und dem vollkommenen Menschen, denn das Bild und Gleichnis eines vollkommenen Schöpfers kann nicht weniger vollkommen sein als seine Ursache. Die Christliche Wissenschaft ehrt daher Gott, wie keine andere Religion Ihn ehrt. Dadurch, daß andere Theologien eine untergeordnete Macht, das Böse oder Teufel genannt, anerkennen, verdammen sie das menschliche Dasein zu einem ständigen Kampf zwischen Gott und dem Teufel, zwischen dem Guten des Geistes und dem Bösen des materiellen Sinnes, wobei das Ergebnis manchmal zweifelhaft erscheint.
In der Christlichen Wissenschaft wird dieser sogenannte Konflikt zwischen dem Fleisch und dem Geist beendet, nicht als Resultat eines Kampfes zwischen zwei einander entgegengesetzten Mächten, sondern durch eine Offenbarung der Überlegenheit der Macht der allumfassenden Liebe, der nichts widerstehen kann. In Krisenzeiten erscheint die Liebe still wie die Morgendämmerung, unwiderstehlich, schön, göttlich, eine Macht bekundend, die sich allein ihrer selbst bewußt ist.
Der hohe Begriff von der Vollkommenheit des Prinzips und seiner geistigen Idee, des Menschen, ist eine Offenbarung der Liebe, daß es in Wahrheit keinen Irrtum im Menschen gibt, der zerstört oder überwunden werden muß. Diese Theologie ist die Grundlage des Heilungswerkes der Christlichen Wissenschaft. Dieses christliche Heilen von Sünde, Krankheit und Tod erfolgt durch die Demonstration ihrer Unwirklichkeit und Machtlosigkeit angesichts der göttlichen Liebe.
Jesus selbst sagte von seiner Mission: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme.“ Joh. 18:37; Der Zweck seiner Mission war daher, die Menschen aus ihrem materiellen Traum zu erwecken, damit sie den Christus, die Wahrheit, erkennen und ihnen klarwird, daß sie die Fähigkeit haben, das Reich Gottes, die Herrschaft der Harmonie, zu verstehen. Um die geistige Wahrnehmung seiner Jünger zu prüfen, fragte Jesus sie einmal, wofür sie ihn hielten. Mit geistigem Scharfsinn erwiderte Petrus: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“
Jesus rief aus: „Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ Matth. 16:16–18; Jesu Kirche stand also auf einer geistigen Grundlage, ihre Mitglieder waren diejenigen, die genügend geistiges Wahrnehmungsvermögen besaßen, um den Christus zu erkennen und ihm zu folgen und durch ihr Verständnis seiner Theologie geistiges Heilen zu demonstrieren.
Während seiner dreijährigen Mission predigte Jesus dem empfänglichen Denken; er heilte die körperlich Leidenden, tröstete die Furchtsamen, stellte die seelisch und geistig Kranken wieder her, befreite die Sünder aus der Knechtschaft falscher Gelüste, gab denen, die gestorben waren, das Bewußtsein von Leben und Gesundheit zurück, wies die falsche und volkstümliche Theologie zurecht, reinigte den Tempel und bereitete sich auf seinen eigenen endgültigen und triumphalen Sieg über den Tod vor, einen Sieg, der zu seiner Auferstehung und Himmelfahrt führte. Jesu Wirken stürzte die alte Mythologie und gab der Welt ein neues Zeitalter — das christliche Zeitalter, ein Zeitalter der demonstrierbaren Liebe.
Die drachenähnlichen Eigenschaften des fleischlichen Gemüts richteten gegen den Meister ihre gesamten Kräfte des Bösen, in dem Glauben, daß sie die Botschaft zerstören könnten, wenn sie den Botschafter töteten und in Unehre brachten. Aber Jesus fühlte sich seiner beispiellosen Mission gewachsen. Seit seinen vierzig Tagen in der Wüste war ihm stets klargewesen, daß es für ihn notwendig sein würde, auch den Tod zu überwinden, und so sah er ruhig und mutig der letzten Prüfung in seiner Mission entgegen.
Die zeitweilige Treulosigkeit und Schwachheit seiner Jünger, seine Kreuzigung, die Demütigung, die er erduldete, stellten für ihn das Kreuz in seiner bittersten Form dar. Aber die Abweisung des Irrtums bedeutet die Rechtfertigung der Wahrheit, und sein endgültiges Opfer, das er als Demonstration seiner Liebe zur ganzen Menschheit brachte, verherrlichte ihn und begründete seine Theologie für immer in den Herzen der Menschen.
Nachdem das fleischliche Gemüt den Botschafter des Christus nicht zu vernichten vermocht hatte, versuchte es als nächstes, die Aufmerksamkeit von dem Triumph Jesu abzulenken, indem es dessen Bedeutung entstellte. Die reine Theologie der Lehre Jesu wurde durch die Errichtung großer Kirchenorganisationen überschattet. Die Kirche identifizierte nun Jesus als Gott selbst. Diese Vergöttlichung der menschlichen Persönlichkeit Jesu entstellte vollständig die Botschaft seines Heilungswerkes, das Gott auf den Thron erhob. Innerhalb von dreihundert Jahren nach der Himmelfahrt wurde das körperliche Heilen nicht mehr als die unvermeidliche Kundwerdung der geistigen Idee betrachtet. Statt dessen wurden gelegentliche Fälle geistigen Heilens als „Wunder“ angesehen.
Über die Jahrhunderte schien das Christentum nun eine Mischung von christlicher und heidnischer Abgötterei zu werden. Dann kam Luthers Herausforderung an die Kirche. Während der Reformation und im Anschluß daran kamen viele Theologien auf, jede mit ihrer eigenen Reihe von theologischen Annahmen und Zeremonien. Aber im Jahre 1866 ereignete sich etwas, was jene Kräfte ans Licht brachte, die dazu bestimmt waren, den ganzen religiösen Begriff der Welt umzustürzen. Eine Frau in Neuengland, Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, wurde durch ihr Verständnis der geistigen Idee durch geistige Mittel allein geheilt, und zwar von den Wirkungen eines Unfalls, der für tödlich gehalten wurde. Diese Demonstration der geistigen Macht, körperliche Leiden zu heilen, führte Mrs. Eddy dazu, zwei höchst wichtige Tatschen zu entdecken. Erstens, daß Jesu Wahrheitslehren eine Wissenschaft waren, die seine heilende Theologie heute ebenso anwendbar machte, wie sie es vor 2000 Jahren war. Die zweite Tatsache war, daß diese heilende Theologie ein Gesetz ist, das von jedem Mann, jeder Frau und jedem Kinde demonstriert werden kann.
Mrs. Eddys Erwartung, daß ihre Entdeckung des praktischen Christentums von allen christlichen Kirchen freudig willkommen geheißen würde, wurde enttäuscht. Wie der Christus von der orthodoxen Theologie zu Jesu Zeit verworfen wurde, so wurde die Wissenschaft des Christus 2000 Jahre später vom volkstümlichen Christentum verworfen. Obwohl Mrs. Eddy sich nicht vorgenommen hatte, eine besondere Kirchenorganisation zu gründen, in der es christlich-wissenschaftliche Zeitschriften und Gottesdienste geben würde, gründete sie schließlich Die Mutterkirche, Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Massachusetts, um dem Bedürfnis derer nachzukommen, die sich für ihre Theologie interessierten.
Jesus sagte dem Bericht des Johannes gemäß: „Liebet ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten. Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen andern Tröster geben, daß er bei euch sei ewiglich: den Geist der Wahrheit.“ Joh. 14:15–17; Die Christlichen Wissenschafter nehmen das Christentum in seiner Wissenschaft als diesen Tröster auf, der in alle Wahrheit leitet. Die Mutterkirche hat zwar kein Glaubensbekenntnis als solches, sie nimmt sich aber die Worte und Werke Christi Jesu in ihrer geistigen Bedeutung zum Vorbild. Die Christlichen Wissenschafter bemühen sich, ihr Leben der Aufgabe zu weihen, die Lehren des Meisters, so wie sie sie verstehen, buchstäblich zu befolgen, sich nicht wegen doktrinärer Punkte zu streiten, sondern bestrebt zu sein, den Christus, die Wahrheit, in ihrem täglichen Leben zu betätigen. Sie bemühen sich, jeden irrigen menschlichen Begriff der materiellen Sinne zu heilen, indem sie ihn durch die geistige Idee ersetzen.
In Beantwortung der Frage: „Stellt das Heilen der Kranken alles dar, was die Wissenschaft in sich schließt?“ schreibt Mrs. Eddy: „Das Heilen von körperlicher Krankheit ist der kleinste Teil der Christlichen Wissenschaft. Es ist nur der Weckruf zum Denken und Handeln im höheren Bereich der unendlichen Güte. Was die Christliche Wissenschaft mit allem Nachdruck anstrebt, ist das Heilen von Sünde.“ Grundzüge der Göttlichen Wissenschaft, S. 2;
In Wissenschaft und Gesundheit sagt Mrs. Eddy: „Unsere Taufe ist eine Reinigung von allem Irrtum. Unsere Kirche ist auf dem göttlichen Prinzip, Liebe, erbaut. Wir können uns mit dieser Kirche nur vereinigen, wenn wir neu geboren werden aus dem Geist, wenn wir das Leben erreichen, das Wahrheit ist, und die Wahrheit, die Leben ist, indem wir die Früchte der Liebe hervorbringen — Irrtum austreiben und die Kranken heilen. Unser Abendmahl ist geistige Gemeinschaft mit dem einen Gott. Unser Brot, ,das vom Himmel kommt', ist Wahrheit. Unser Kelch ist das Kreuz. Unser Wein ist die Inspiration der Liebe, der Trunk, den unser Meister trank und seinen Nachfolgern anbefahl.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 35;
Wer nicht in gewissem Grade die geistige Freude und Befriedigung erfahren hat, die in dem Einssein mit der göttlichen Liebe liegt, wer nicht die Gewißheit gefühlt hat, vom göttlichen Gemüt geleitet und geführt zu werden, hat die reichsten Augenblicke des Lebens versäumt. Die Theologie der Christlichen Wissenschaft ist einfach und praktisch. Sie erfüllt unser Leben mit unendlicher Bedeutung und der Gewißheit der beschützenden Macht der Liebe. Ihre Theologie ist in den Schriften Mrs. Eddys einschließlich ihrer Gedichte (Poems) und des Handbuchs Der Mutterkirche enthalten. Diese Bücher, zusammen mit der Luther-Bibel, kann man in einer Hand halten. Diese wenigen Bücher sind ganzen Bibliotheken von Wälzern und unzähligen Ausgaben von anderen Theologien vergleichbar.
Die Christliche Wissenschaft ist universal, ist für die ganze Menschheit da, ohne Rücksicht auf Rasse oder Glaubenslehre. Wenn wir Gott als Prinzip, Gemüt und Liebe anerkennen, finden wir unsere wahre Identität als Kinder Gottes, vom Prinzip gestärkt, vom Gemüt regiert und von der göttlichen Liebe getröstet, beschützt und versorgt. Wenn wir dem Christus durch die Lehren unserer geliebten Führerin folgen, finden wir, daß das Himmelreich in der Tat inwendig in uns ist und der neue Himmel und die neue Erde das Bewußtsein ist, daß wir in Gott leben, weben und sind.
Unser Fortschritt hängt ebenso davon ab, daß wir die Wahrheit erlangen, wie davon, daß wir den Irrtum aufgeben! Wenn wir uns von ganzem Herzen Gott zuwenden, finden wir die Wahrheit, die nichts aus den Ansprüchen des Irrtums auf Wirklichkeit macht. Die Wahrheit muß um der Wahrheit willen gesucht werden. Die Wahrheit ist es, die uns offenbart, daß der Mensch hier und jetzt vom Irrtum frei ist. Die Wahrheit zu erkennen ist wesentlich, aber die Wahrheit selbst vollbringt die Heilung. Dieses „Erkennen“ bedeutet einfach, sich der Liebe zu ergeben, sich in geistigem Verständnis dem Christus, der Wahrheit, zuzuwenden, der alles geistig heilt, was ihm unähnlich ist. Es ist ein notwendiger Schritt, die Wirklichkeit des Irrtums des materiellen Sinnes zu leugnen, aber solches Leugnen muß sich auf starke Bejahungen der Wahrheit gründen. Das Leugnen des Irrtums allein, als ein Mittel, seine scheinbare Wirklichkeit zum Verschwinden zu bringen, führt nur dazu, daß er unsere Aufmerksamkeit noch stärker beansprucht.
Wir demonstrieren die Macht der geistigen Idee über materiellen Widerstand, wenn wir unserer Führerin folgen, wie sie dem Christus folgt. Das ist es, was wir zu tun gelehrt worden sind. Diesem Zweck weihen wir unser Leben, indem wir Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte lieben und unseren Bruder wie uns selbst. Wir müssen unsere Theologie durch Heilungswerke beweisen. Nur dann betätigen wir das Christentum in wissenschaftlicher Weise. Mrs. Eddy schreibt: „Ein höheres und praktischeres Christentum, das Gerechtigkeit demonstriert und die Bedürfnisse der Sterblichen in Krankheit und Gesundheit befriedigt, steht an der Pforte dieser Zeit und klopft, Einlaß begehrend, an.“ Dann fragt sie: „Willst du diesem Engel, der zu dir kommt, die Tür öffnen oder sie vor ihm verschließen, diesem Engel, der in der Stille der Sanftmut kommt, wie vor alters zu dem Patriarchen am Mittag?“ S. 224;
Verheißt uns nicht der Christus: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir“ Offenb. 3:20;? Und Christus verheißt uns ferner: „Wer da überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht geben über die Heiden... und ich will ihm geben den Morgenstern.“ 2:26, 28.