Gute Kirchenregierung ist das natürliche Ergebnis guter Selbstregierung. Eine gute und weithin geübte Selbstregierung fördert den glatten Verlauf aller organisatorischen Tätigkeiten der Kirche. Eine solche Regierung umfaßt Selbsterkenntnis und Selbstaufopferung, und beide sind für den einzelnen wie für alle Mitglieder gleichermaßen von Nutzen.
Für den Christlichen Wissenschafter hat Selbstregierung das Aufgeben einiger allgemein anerkannter Gedankengänge zur Folge. Er gibt zum Beispiel mit Freuden den sterblichen Begriff, daß es viele Intelligenzen gibt, für den wahren Begriff auf, daß es nur ein unendliches Gemüt gibt. Dieser geistige Ausblick enthüllt, daß genügend vom Gemüt für jeden hier und jetzt vorhanden ist. Tatsächlich drückt sich das göttliche Gemüt immerdar im Menschen aus.
Der Wert dieses Standpunktes zeigte sich in der Regierung der einzigen an einem großen Ort vorhandenen Kirche Christi, Wissenschafter. Ihre Gottesdienste waren ständig überfüllt. Nach hinreichenden Überlegungen wurde eine Versammlung zum Zweck der Bildung eines neuen Zweiges Der Mutterkirche abgehalten. Diesen Schritt begleitete ein Übereinkommen der Mitglieder hinsichtlich der Regierung der zu bildenden Kirche. Das Übereinkommen war eine Art Vertrag, wonach die neue Kirche — ebenso wie die ursprünglich am Ort vorhandene Zweigkirche — von der Kontrolle durch eine Person oder eine Gruppe von Personen frei bleiben sollte. Tatsächlich brachte der Vertrag zum Ausdruck, daß die mit dieser Angelegenheit in Zusammenhang stehenden Personen versprachen, alle Anstrengungen zu machen, um sich selbst zu regieren, anstatt von anderen regiert zu werden. Das Übereinkommen war erfolgreich.
Den Ansporn für Entschlüsse dieser Art gibt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, in ihren Worten: „Der Mensch regiert sich selbst in rechter Weise, und er sollte von keinem anderen Gemüt als der Wahrheit, dem göttlichen Gemüt, geleitet werden.“ Message to The Mother Church for 1901, S. 20; Dies ist die ideale Regierung.
Der Wunsch dieser Mitglieder, eine starke Selbstregierung zu gewährleisten, war so aufrichtig, daß sie ihr Übereinkommen einen Bund nannten. Sie wandten diesen Ausdruck an, um die Bedeutung ihres Vertrages zu unterstreichen. Die Mitglieder der Kirchen Christi, Wissenschafter, sind wahrlich „den Bund“ eingegangen, „den Herrn, den Gott ihrer Väter, zu suchen von ganzem Herzen und von ganzer Seele“ 2. Chron. 15:12;.
Der Wissenschafter weiß, daß er Weisungen für richtige Entscheidungen in Kirchenversammlungen erhalten kann, wenn er Gott sucht und Ihn als das eine Gemüt anerkennt. Auf dieser Grundlage geht er in Gedanken vom Prinzip aus anstatt von der Persönlichkeit, vom Gemüt anstatt von der Materie, von Seele anstatt von einem materiellen und daher begrenzten Begriff von sich selbst oder einem anderen. Wenn der Gedanke die Vollkommenheit zugibt, die Prinzip, Seele hervorbringt, nehmen solche Versammlungen einen harmonischen und erfolgreichen Verlauf. Diese nützliche Methode, von der Ursache anstatt von der Wirkung zu folgern, ist ein wichtiger Lehrsatz in der Christlichen Wissenschaft.
Weiter: Wenn das Mitglied erkennt, daß das eine Gemüt, das Gemüt aller, sich ständig in vollkommener Weise selbst ausdrückt, dann vermag es das Vorhandensein einer guten Regierung in Kirchenversammlungen anzuerkennen und zu behaupten. Durch seine Auffassung von Disziplin erkennt es die Bedeutung eines erleuchteten Gehorsams gegen das herrschende Gesetz — ob es sich nun als Satzung der Zweigkirche oder als das Handbuch Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy zeigt.
Da das Mitglied versteht, daß Gemüt Vollständigkeit und Beständigkeit zum Ausdruck bringt, verwirft es die Einflüsterung, daß ein Mitglied etwas mehr Intelligenz und ein anderes etwas mehr Liebe nötig hätte. Im Grunde bekundet — wie die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr´istjən s´aiəns. darlegt — jedes Mitglied seiner wahren Natur nach die Tatsache, daß Gemüt und Liebe auf ewig erkennbar sind.
Der Mensch, der Sohn oder die Idee Gottes, ist mit einem geistigen Sinn ausgestattet, und somit weiß er, wie er sich richtig regiert. Wie Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift ausführt: „Dem geistigen Sinn steht es zu, den Menschen zu regieren.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 206; Wenn diese Aussage akzeptiert wird, beseitigt sie das Argument, daß man nicht entsprechende menschliche Erfahrungen gemacht habe, um über Kirchenangelegenheiten intelligent sprechen zu können, oder daß ein anderer, der vielleicht Fachmann auf einem bestimmten Gebiet menschlicher Bemühungen ist, besser in der Lage sei zu sprechen. Die beste Qualifikation dafür, in einer Kirchenversammlung zu sprechen, ist geistige Vorbereitung.
Andererseits: Wenn der Wissenschafter in seiner Arbeit von dem Standpunkt ausgeht, daß ein göttliches Gemüt alle leitet, wird er vielleicht erfahren, daß das, was seiner Meinung nach gesagt werden sollte, von einem anderen ausgesprochen wird. Es mag auch Gelegenheiten geben, wo ein Mitglied von der Richtigkeit einer Idee für eine Kirchentätigkeit überzeugt ist, wo es dann aber feststellt, daß die Mehrheit der Mitglieder sie als nicht annehmbar betrachtet. Wenn der Betreffende jedoch das göttliche Gemüt als Quelle und Impuls einer richtigen Idee anerkennt, kann er darauf vertrauen, daß der Erfolg einer solchen Idee letzten Endes gewiß ist. Wissenschaftlich ausgedrückt: Nichts ist gegenwärtig oder geht vor sich, was das Wirken des Prinzips vereiteln könnte.
Bei der Wahl von Kirchenbeamten erhält ein Mitglied sichere Hinweise für die Wahl, wenn es den geistigen Sinn regieren läßt. Es reagiert nicht auf die Meinung anderer noch sucht es sie. Es weiß gewiß, daß sein Einssein mit dem göttlichen Gemüt Antworten entfaltet, die in der Stille als Intuition kommen. Daher braucht es sich nicht aus Mangel an persönlichen Informationen über die anderen Mitglieder zurückhalten zu lassen, sondern es kann sich der nie irrenden Allwissenheit des Gemüts erfreuen. Wenn das Denken in dieser Weise beschäftigt ist, wird sich alles Wissenswerte zeigen, sobald es benötigt wird.
In Mitgliederversammlungen geben die Komitees in regelmäßigen Abständen Berichte. Diese lassen gewöhnlich ein großes Maß von Hingabe an die Christliche Wissenschaft und verständnisvolle Liebe für das Gemeinwesen erkennen. Das tätige Mitglied unterstützt diese Bemühungen, eine spezielle Arbeit darzulegen, mit Anerkennung. Es kann die Arbeit jedes Komitees, die getan wird, um die Begrenzungen der Materialität durch die vorhandene geistige Fülle zu ersetzen, respektieren. Da jedes Komiteemitglied in der wahren Kirche, in dem Bewußtsein der immergegenwärtigen Liebe und der Macht der Wahrheit lebt, ist es für seine Gemeinde ebenso wie für seine Kirche ein Segen.
Die in Mitgliederversammlungen zum Ausdruck kommende harmonische Tätigkeit beruht zu einem großen Teil auf der von den einzelnen Mitgliedern geübten geistigen Selbstregierung. Jeder einzelne kann durch dankbare Anerkennung, daß das eine unendliche Gemüt das Gemüt aller ist, machtvoll seinen Teil beitragen. Wenn er das tut, wird er von persönlichen Betrachtungen oder einem Gefühl der Opposition — innerhalb oder außerhalb der Kirche — weder abgelenkt noch benutzt. Die Motive anderer werden nicht falsch beurteilt. Sie können rechtmäßigerweise wertgehalten werden, da in Wirklichkeit nur Liebe die treibende Kraft ist. „Darum lasset uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Auferbauung untereinander.“ Röm. 14:19;
Das geistige Heilen war die feste Grundlage, auf der Christus Jesus seine Kirche gründete. Dies ist die vom Prinzip regierte Kirche, von der wir nie getrennt sein können und die das veranschaulicht, was in der menschlichen Erfahrung dem Rechten am nächsten kommt. Der Wissenschafter ist darauf bedacht, sich nicht von der fundamentalen Tatsache der Kirche — dem Christus-Heilen — ablenken zu lassen. In dieser Kirche gibt es keine inneren Spaltungen, denn unparteiische, heilende Liebe ist der wesentliche Bestandteil ihrer Regierung.
Wenn wir so viel Liebe besitzen, daß wir Selbstregierung von uns fordern, tragen wir zur Demonstration der richtigen Regierung in unserer Kirche bei. Diese Liebe und der sich daraus ergebende Frieden, den sie unter Brüdern bewirkt, sind Elemente des Christus-Heilens. Das Heilen, mehr als alles andere, bewirkt Fortschritt in unseren Kirchen. Mrs. Eddy gibt uns folgende tröstende Versicherung: „Durch die göttliche Liebe wird die rechte Regierung assimiliert, der Weg gewiesen, der Vorgang abgekürzt und die Freude stiller Ergebung erlangt.“ The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 292.