Die Pflege menschlichen Wissens hat heutzutage auf der materiellen und gesellschaftlichen Ebene verbesserte Lebensbedingungen hervorgebracht, aber sie hat kein entschiedenes Heilmittel für moralische Übel mit sich gebracht. Mit der Zunahme des materiellen Wissens hat sich der Skeptizismus in das Denken der Menschen eingeschlichen und sie auf diese Weise des Lichts geistigen Verständnisses beraubt. Und doch sagt die Bibel: „O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! ... Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.“ Röm. 11:33, 36;
Durch das Studium der Christlichen Wissenschaft lernen wir, daß Gott Geist ist und daß Er den Menschen zu Seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat, wie die Bibel lehrt. Dann spüren wir, wie notwendig es ist, unser Bewußtsein zu vergeistigen, um den geistigen und vollkommenen Menschen hervorzukehren, der wir in Wirklichkeit sind. Diese Vergeistigung macht es uns möglich, in unserem menschlichen Dasein, das der sichtbare Ausdruck unseres Bewußtseinszustandes ist, größere Harmonie zu bekunden.
Der materialistische Intellektualismus macht es uns nicht möglich, unseren Charakter umzuformen, besser und harmonischer zu werden und unsere körperlichen Leiden zu überwinden. Er kann im Menschen leicht eine gewisse Herzenskälte hervorbringen. Er verherrlicht die menschliche Persönlichkeit, anstatt die geistige Individualität zu ehren, wie sie von Jesus, dem Meister unter den Christen, ans Licht gebracht wurde.
Christus Jesus hat uns das hervorragendste Beispiel des geistigen Menschen gegeben. In seinem Leben und seinen Werken bewies er die Macht des Geistes über das Fleisch, indem er das Zeugnis der materiellen Sinne umkehrte. Seine beständige und bewußte Einheit mit Geist, der überragenden Intelligenz, versetzte ihn in die Lage, Sünde, Krankheit und Tod zu überwinden, die Menschenmenge zu speisen, den Sturm zu stillen und durch seine Auferstehung den Glauben an die Wirklichkeit der Materie völlig zu besiegen.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden Jesu Lehren durch eine schwächer werdende Geistigkeit derjenigen, die beauftragt waren, seine Erlösungsbotschaft weiterzugeben, mehr oder weniger verdunkelt. In unseren Tagen hat uns Mrs. Eddy durch ihre geistige Erhebung und ihre eigene Demonstration der Geistigkeit die Wissenschaft des Christus und von dessen unfehlbarer Macht von neuem gegeben. Durch diese Wissenschaft gewinnen wir ein demonstrierbares Verständnis von Gott, vom Menschen als Seinem Ebenbild und vom geistigen Universum. Und dieses Verständnis gibt uns den wahren Begriff von Geistigkeit, lehrt uns, worin sie besteht und beweist uns deren Wert.
Die Christliche Wissenschaft lehrt mit unwiderlegbarer Logik, daß Gott, Geist, Gemüt ist und daß es dieses göttliche Gemüt war, das Jesus erfüllte und ihn befähigte, seine wunderbaren Werke zu vollbringen. Daher ist der Rat des Apostels Paulus, den er den Christen gab, auch heute noch gültig: „Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war.“ Phil. 2:5; Dieses geistige, vollkommene, unendliche göttliche Gemüt, Gott, hat alles in und aus sich geschaffen. Und dieses Gemüt regiert den Menschen und das Universum harmonisch. Der Materialismus läßt uns die geistige Harmonie nicht erkennen, denn seine Begriffe gründen sich auf das Zeugnis der fünf körperlichen Sinne.
Aber es gibt nicht und kann nicht zwei Grundlagen des Seins geben, von denen die eine materiell und die andere geistig ist, denn die Materie ist das Gegenteil von Geist, und wenn die Materie unter der Lupe des Geistes untersucht wird, verschwindet sie. Man sieht sie als das, was sie ist — als Nichts; und das Nichts kann weder den Menschen, die vollkommene Offenbarwerdung des göttlichen Gemüts, schaffen noch die wunderbaren Eigenschaften Gottes, die er zum Ausdruck bringt, wie Güte, Liebe, Intelligenz, Stärke und Frieden.
Der sterbliche Mensch, der von den materiellen Sinnen als der Sklave der Sünde, das Opfer von Krankheit und Begrenzung angesehen wird, der falschen Annahme von Leben in der Materie unterworfen, ist das gefälschte Bild des wirklichen Menschen. Er ist ein falscher Bewußtseinszustand, der in dem Verhältnis verschwindet, wie das göttliche Gemüt als das einzige Gemüt des Menschen und Geist als die einzige Substanz des Universums akzeptiert wird.
Ein Mensch mit einem auf der Basis der reinen Vernunft hochentwickelten Intellekt kann selbstsüchtig, tyrannisch, heuchlerisch und herrschsüchtig sein. Durch seine intellektuellen Bemühungen und seine fleißige Arbeit hat er es vielleicht zu einer hohen gesellschaftlichen und beruflichen Stellung gebracht, aber er mag bei seinen Mitmenschen nicht beliebt sein. Er kann menschlich gesehen einflußreich sein, aber nicht wirklich geistige Größe haben. Trotz seiner materiellen Besitztümer wird er nicht zufrieden sein, und er mag bewußt oder unbewußt unter Einsamkeit leiden. Um das Glück zu finden, wird er über den bloßen Intellektualismus hinausgehen und im Bereich der Seele Hilfe finden müssen.
Wenn jemand erkennt, daß Geist sein Urquell ist, verlangt er ganz natürlich nach den Eigenschaften, die von dem vollkommenen Gemüt herstammen, und vermag sie zum Ausdruck zu bringen. Er fühlt sich von Seele inspiriert, was ihn für Schönheit und für das Gute in einem Maße empfänglich macht, wie er es vorher nie gekannt hat. Und dieses gibt ihm Freiheit, Freude, Vitalität und Liebe.
Obwohl es berechtigt ist, daß wir unseren Intellekt entfalten, ist es doch weit wichtiger, Geistigkeit zu gewinnen. Das Studium und die Anwendung der Christlichen Wissenschaft befähigen uns, dies zu tun und die Macht des göttlichen Gemüts in jeder Einzelheit unseres Daseins anzuwenden. Geistigkeit heilt unsere Sorgen und Enttäuschungen. Sie läßt uns über Krankheit und Sünde triumphieren, indem sie uns über die Körperlichkeit hinaushebt — etwas, was der Intellektualismus allein für uns nicht tun kann. Geistigkeit hebt unsere Begrenzungen auf, unser Gefühl des Mangels und der Armut, und ermöglicht es uns, unsere intellektuellen Fähigkeiten und unsere Talente zu erweitern, weil wir ihren unendlichen, unerschöpflichen geistigen Ursprung, das göttliche Gemüt, verstehen und uns ständig an dieses Gemüt wenden.
Friede, Harmonie, Fülle, Intelligenz, Liebe, Freude sind Schätze, die uns durch das Verständnis und den Ausdruck der Geistigkeit zuströmen. Mrs. Eddy schreibt: „Das mit diesem geistigen Verständnis ausgestattete menschliche Gemüt wird elastischer, ist größerer Ausdauer fähig, kommt in etwas von sich selbst los und bedarf weniger der Ruhe. Eine Kenntnis von der Wissenschaft des Seins entwickelt die latenten Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen. Sie erweitert die Atmosphäre des Gedankens, indem sie den Sterblichen weitere und höhere Gebiete erschließt. Sie erhebt den Denker in seine ureigene Sphäre der Einsicht und Scharfsichtigkeit.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 128.