Der Prophet Elisa scheint vielen Leuten aus Israel, die in ihrer Not zu ihm kamen, Hilfe und Unterstützung gebracht zu haben, aber er begrenzte seine freundlichen Hilfeleistungen nicht auf seine eigene Nation, wie es aus seinem Umgang mit Naëman, einem angesehenen General aus der Armee des Königs von Syrien, zu ersehen ist.
Trotz seiner Kühnheit und seines Einflusses am Hofe war Naëman von dem furchtbaren Aussatz befallen. Ein junges israelitisches Mädchen, das von den Syriern gefangengenommen worden war und jetzt im Dienste der Frau Naëmans stand, wußte von Naëmans Mißgeschick und erzählte seiner Herrin, was es von Elisas heilender Tätigkeit gehört hatte. Zu gegebener Zeit kam der freundliche Vorschlag des Mädchens dem syrischen König und dessen General zu Ohren.
Naëman machte die weite Reise von Damaskus nach Israel zum Hause Elisas mit großem Aufwand und hatte auch den Segen des Königs dafür; offensichtlich erwartete er einen königlichen Empfang und eine schnelle Heilung, die der Prophet persönlich bewirken würde. Aber Elisa ließ sich nicht einmal sehen, worüber sich Naëman entrüstete. Er sandte nur eine Botschaft, in der er Naëman versicherte, daß er geheilt werden würde, wenn er sich in dem nahegelegenen Jordan wüsche.
Zuerst widersetzte sich Naëman aus verletztem nationalen und persönlichen Stolz der Anwendung dieses scheinbar einfachen Heilmittels. Für ihn schienen „Amana und Parpar“, die berühmten Flüsse, die die Fruchtbarkeit des Gebiets um Damaskus verbürgten, weit wichtiger als jeder Strom in Israel. „Und er wandte sich und zog weg im Zorn“ (2. Kön. 5:12). Doch bald war er bereit, den vernünftigen Rat seiner Diener zu befolgen und das Angebot des Propheten anzunehmen. An die Stelle von Opposition und Zorn trat Empfänglichkeit, und Stolz machte der Demut Raum. Als er schließlich so weit war, Elisas ausdrückliche Anweisungen zu befolgen, wusch er sich siebenmal im Jordan, „und sein Fleisch wurde wieder heil wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er wurde rein“ (Vers 14).
Folgendes ist bemerkenswert. Als Jesus behauptete: „Kein Prophet gilt etwas in seinem Vaterlande“ (Luk. 4:24), unterstrich er seine Ansicht, indem er bemerkte, daß — obwohl „viele Aussätzige waren in Israel zu des Propheten Elisa Zeiten“ — keiner von ihnen geheilt wurde „als allein Naëman aus Syrien“ (Vers 27).
Elisa scheint besonders daran interessiert gewesen zu sein, junge Männer heranzubilden, die begierig waren, an der Aufgabe des Prophezeines teilzuhaben. Obwohl sie oft „Söhne der Propheten“ genannt werden, (2. Kön. 4:38; 6: 1 usw. — n. der engl. Bibel), waren sie offensichtlich keine „Söhne“ der berühmten alttestamentlichen Seher im buchstäblichen Sinne, sondern einfach Jugendliche, die von ihrem Vorbild inspiriert waren.
Einmal traf Elisa in der Gegend von Gilgal mit einer ansehnlichen Gruppe dieser jungen Männer zusammen, die „vor ihm saßen“ und zweifellos seiner Unterweisung gespannt lauschten (2. Kön. 4:38). Es herrschte gerade eine Hungersnot in der Gegend, und großzügig wie immer lud der Prophet sie alle zum Essen ein, mußte dann aber feststellen, daß einer von ihnen in den Topf mit Gemüse eine Portion wilder Gurken hineingeschnitten hatte, die anscheinend für sehr giftig gehalten wurden. Der Prophet fügte einfach etwas Mehl hinzu (siehe Vers 41). Die Befürchtungen seiner Gäste wurden schnell zerstreut, und als sie alle zusammen aßen, traten keine bösen Folgen auf.
So bewies Elisa bereits im voraus die praktische Anwendbarkeit der Zusicherung Christi Jesu im Markusevangelium (16:18): „Wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden.“
