Die Frage „Woher kommt das Böse?“ hat die Menschheit von jeher bewegt. Obwohl viele Menschen zugeben, daß Gott allmächtig sein muß, weil Er das Weltall erschaffen hat und es regiert, sind sie doch zu dem Glauben erzogen worden, daß Gott Seine Macht auf irgendeine mysteriöse Weise mit dem Bösen teilt.
Dualismus, der Glaube, daß Gut und Böse sich in der Schöpfung vermischen und nebeneinander bestehen, zeigt sich in der Allegorie im zweiten Schöpfungsbericht der Bibel, wonach eine sprechende Schlange Eva dazu überredete, von der Frucht des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, obwohl Gott der Herr Adam davor gewarnt hatte, davon zu nehmen. Der biblischen Allegorie zufolge argumentierte die Schlange Eva gegenüber, daß es vorteilhaft für sie wäre, von der Frucht dieses Baumes zu essen. „Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“ 1. Mose 3:5;
Eva konnte der gleißenden Verlockung der Schlange nicht widerstehen, und so aß sie zusammen mit Adam von der verbotenen Frucht. „Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, daß sie nackt waren.“ V. 7; Der erste Eindruck, den sie so durch die materiellen Sinne von sich gewannen, brachte sie Gott, oder dem Guten, nicht näher, sondern trennte sie von Ihm, so daß sie ein Opfer der Illusion wurden, es könne Substanz, Leben und Intelligenz getrennt von Gott, in der Materie, geben.
Dieser biblischen Allegorie gemäß wurde Adam — mit anderen Worten, der sterbliche Mensch — dazu verdammt, ein an die Materie gebundenes Leben der Knechtschaft unter dem Bösen mit seinen Früchten — Krankheit, Sünde und Tod — zu führen. Wir sehen also, daß es der materielle Sinn ist, der sich in erster Linie Strafe zuzieht und der die Frage stellt, wo das Böse herkomme. Erst stimmt er der Annahme zu, daß das Böse etwas sei, und dann leidet er unter den Folgen dieser Annahme. Doch die Vollständigkeit und Güte der Schöpfung Gottes, wie sie im ersten Kapitel der Genesis zum Ausdruck kommen, schließen die Möglichkeit aus, daß die Adams-Annahme wirklich sein kann.
Die Frage nach dem Ursprung des Bösen findet eine befriedigende und logische Antwort in der Christlichen Wissenschaft, die in Übereinstimmung mit der Bibel die Allheit Gottes, des Guten, und die sich daraus ergebende Nichtsheit des Bösen, des angeblichen Gegenteils Gottes, enthüllt. Mrs. Eddy schreibt: „Oft wird die Frage gestellt:, Wenn Gott nur das Gute geschaffen hat, woher kommt das Böse?‘
Auf diese Frage erwidert die Christliche Wissenschaft: Das Böse existierte tatsächlich niemals als Wesenheit. Es ist nur die Annahme, daß es eine Gott entgegengesetzte Intelligenz gebe. Diese Annahme ist eine Art Götzendienst, und sie ist nicht wahrer oder wirklicher als die Annahme, daß ein in Holz oder Stein gemeißeltes Bild Gott sei.“ Vermischte Schriften, S. 346;
Der Offenbarung der Christlichen Wissenschaft gemäß ist Gott allwissender Geist. Da Gott unendlich und allgegenwärtig ist, kennt Er nur Seine eigene Allheit und Unendlichkeit, und daneben kann nichts bestehen. Das Böse hat also in Wirklichkeit keine Intelligenz, kein Gemüt, kein Bewußtsein, keinen Platz, keinen Menschen, den es zu dem Glauben an eine von Gott getrennte Macht und Schöpfung verleiten, keinen Menschen, den es zum Sterblichen stempeln könnte, der das hilflose Opfer materieller Bedingungen und Zustände werden kann.
Da Gottes Wissen allumfassend ist und nur das Gute einschließt, entspringt die Frage „Woher kommt das Böse?“ der Unwissenheit, dem sogenannten sterblichen Gemüt, das sich in Unwissenheit über sich selbst befindet. Es ist des Teufels eigene Frage, mit der er uns verleiten möchte, dem Bösen Ursprung, Wesenheit und Wirkungsvermögen zuzugestehen. Unwissenheit über Gott hat unheilvolle Folgen, und diese können nur durch die wahre Gotteserkenntnis überwunden werden, die uns der Christus bringt. Alles, was Gemüt, Gott, weiß oder dessen es sich bewußt ist, ist der Christus, die unendliche Offenbarwerdung des Gemüts, und diese Offenbarwerdung ist Wirklichkeit.
Das unendliche Wissen des göttlichen Gemüts findet seinen Ausdruck in der unendlichen, vollkommenen Schöpfung des Geistes, einschließlich des zu Gottes Ebenbild und Gleichnis geschaffenen Menschen. Gemüt kann von nichts außerhalb seines eigenen unendlichen Bewußtseins Kenntnis haben, daher stellt Gemüt keine Fragen über das, was negativ und ihm angeblich entgegengesetzt ist. Es gibt in Wirklichkeit kein sterbliches Gemüt, nichts, was sich bewußt sein kann, daß es von Gott getrennt existiert oder Ihm entgegenwirkt. Ein solches sogenanntes Wissen oder Bewußtsein ist eine Täuschung, eine Illusion. Man kann es einer Fata Morgana vergleichen, die dem sterblichen Auge Dinge dort erscheinen läßt, wo sie gar nicht existieren.
Diese Erkenntnis spielt eine wichtige Rolle in der Ausübung der Christlichen Wissenschaft, in der das falsche, illusorische Bewußtsein, das für die Existenz von beidem, von Gut und Böse, zeugt, durch das wahre Bewußtsein ersetzt wird. Durch den Christus, die ewige Gotteskindschaft des Menschen, wird uns die unauflösliche Einheit des Menschen mit dem göttlichen Gemüt offenbart. Der Christus entfaltet uns unsere Herrschaft über alle Ansprüche der materiellen Sinne, und so heilt er Krankheit und Sünde.
Mrs. Eddy schreibt: „Gänzlich getrennt von der Annahme und dem Traum des materiellen Lebens ist das göttliche Leben, das geistiges Verständnis und das Bewußtsein von des Menschen Herrschaft über die ganze Erde offenbart. Dieses Verständnis treibt Irrtum aus und heilt die Kranken, und mit ihm kannst du sprechen, wie einer, der Vollmacht hat‘.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 14;
Die Tatsache, daß die materiellen Sinne — die Selbstteilung des einen Bösen — keine rechtmäßigen Elemente des wahren Menschentums sind und daß das Sinnenzeugnis keine Basis in der Wahrheit hat, wurde durch die Erfahrung eines Christlichen Wissenschafters bewiesen. Auf seinem Gesicht zeigte sich plötzlich ohne sichtbare Ursache ein häßlicher Fleck. Zunächst schenkte er diesem nicht viel Aufmerksamkeit. Doch als Bekannte ihn daraufhin ansprachen und andeuteten, es könne sich womöglich um eine Krankheit handeln, die nach medizinischem Ermessen schwer zu heilen sei, erwachte er zu der Notwendigkeit, das Problem im Sinne der Christlichen Wissenschaft auszuarbeiten.
Im Gebet wurde ihm klar, daß es nicht darum ging, eine kranke Form von Materie in eine gesunde Form von Materie umzuwandeln, sondern daß es darum ging, ein falsches Bewußtsein — den Glauben an das Böse als eine von Gott getrennte Wirklichkeit und Substanz — durch das wahre, dem Menschen von Gott verliehene Bewußtsein zu ersetzen, das der Christus offenbart. Dieses Christus-Bewußtsein, das von Christus Jesus im Heilen von Krankheiten demonstriert wurde — selbst solcher, die für unheilbar gehalten werden —, enthüllt Geist als die einzige Substanz und den Menschen als die Idee oder den Ausdruck des Geistes. Mrs. Eddy erklärt: „Da Gott Substanz ist und der Mensch das göttliche Bild und Gleichnis ist, sollte der Mensch nicht nach der Materie, sondern nach der Substanz des Guten, nach der Substanz des Geistes, trachten, die er in Wirklichkeit schon besitzt.“ S. 301;
Der Christliche Wissenschafter lernte den falschen Begriff von Substanz als lebendiger Materie und vom Menschen als einem körperlichen Sterblichen, der aus materiellen Elementen zusammengesetzt ist, durch die wahre Erkenntnis von Substanz als dem unzerstörbaren göttlichen Geist und die wahre Auffassung vom Menschen als der Idee des Geistes, vollkommen und unantastbar in seinem gottverliehenen Sein, zu ersetzen. Ihm wurde klar, daß er den materiellen Augenschein nicht als wirklich und gottgegeben hinnehmen durfte, sondern diesen Augenschein auf der Grundlage der Allheit Gottes, des Geistes, und Seines All-Wirkens verneinen mußte.
So gewann der Wissenschafter allmählich einen besseren Begriff vom Geist, vom Guten, als der einzigen Substanz. Die Allgegenwart Gottes, in der es weder Raum noch Wirkungsvermögen für eine Kundwerdung des Bösen irgendwelchen Namens oder irgendwelcher Art gibt, wurde ihm zu einer lebendigen, greifbaren Wirklichkeit. Er lernte sich so zu sehen, wie Gott ihn kannte — als die makellose, reine Idee der Wahrheit und Liebe. Dieser klarere Blick ließ ihn zu der Erkenntnis von dem erwachen, was der Mensch als Gottes Ebenbild wirklich darstellt. Als das materielle Krankheitsbild immer unwirklicher für ihn wurde, verblaßte es allmählich. Schließlich verlor er es völlig aus den Augen.
Erst als ein Familienmitglied ihn mehrere Monate später darauf aufmerksam machte, daß die Stelle in seinem Gesicht völlig abgeheilt war und daß sich wieder normaler Haarwuchs gezeigt hatte, wurde er sich der wunderbaren Heilung bewußt, die er durch die Anwendung der Christlichen Wissenschaft erlebt hatte.
Wenn ein unschuldig Angeklagter vor Gericht verhört wird, bekennt er oft: „Ich bin mir keiner Schuld bewußt.“ Und so können auch wir mit erleuchtetem geistigen Verständnis die Anklagen der falschen materiellen Sinne zurückweisen. Wir können deren Annahmen vom Bösen leugnen und unsere Unschuld beteuern, denn wahrlich, das von Gott, von Seele, verliehene Bewußtsein schließt keine Disharmonie, keine Krankheit, keine Sünde, keinen Schmerz, keinen Glauben an eine von Gott, dem Guten, getrennte Macht oder Wirklichkeit in sich. Auf diese Weise können wir die Suggestionen des Bösen zum Schweigen bringen.
Die Bibel sagt von Gott: „Deine Augen sind zu rein, als daß du Böses ansehen könntest.“ Hab. 1:13. Da Gott, das Gute, unendlich ist, Alles-in-allem, so ist alles, was Er weiß und gewahrt, in Seine Unendlichkeit eingeschlossen und drückt Seine Unendlichkeit aus. Gottes unendliche Allheit läßt keinen Raum für das mutmaßliche Etwas des Irrtums, sondern verweist das Böse in seiner Gesamtheit in das namenlose Nichts, für das es keinen Ursprung gibt.