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Bringt die Ehe Erfüllung?

Aus der September 1969-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Charlotte, was bedeutet für dich Erfüllung?“

Ich warf diese Frage eines Tages meiner mit Minirock bekleideten kanadischen Freundin zu.

„Die Ehe!“ kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. (Sie ist ledig.)

„Aber viele Ehen sind schreckliche, lieblose Affären“, entgegnete ich.

Sie überlegte einen Augenblick. „Dann glaube ich, ist es die Liebe, die Erfüllung bringt“, entschied sie, „ob man verheiratet ist oder nicht.“

Erfüllung ist eine merkwürdige Angelegenheit. Wenn man sie gefunden hat, merkt man es kaum, doch hat man sie nicht gefunden, ist man unglücklich und weiß nicht warum. Man kann zu der nettesten Party gehen und sich langweilen. Oder man kann bei einem Schwimmwettkampf den ersten Preis gewinnen und finden, daß das Gefühl, etwas vollbracht zu haben, nicht lange anhält. Und dann tut man etwas, was kaum der Rede wert ist — wie für die alte Dame von nebenan einige Möbel rücken, obwohl man keine Zeit hat. Oder unser Zimmerkamerad kommt niedergeschlagen von einem Examen zurück, und wir geben uns plötzlich wirklich Mühe, ihn etwas aufzumuntern — und auf einmal fühlen wir die Liebe, die uns tief berührt, die alle Hartnäckigkeit des sterblichen Gemüts zum Schmelzen bringt und uns Befriedigung schafft, das Gefühl der Nützlichkeit, das wir haben, wenn wir der Not unseres Nächsten abhelfen. Und weil diese Liebe die gebenden, fürsorgenden und beschützenden Eigenschaften der göttlichen Liebe widerspiegelt, bringt sie einen Vorgeschmack dieser Erfüllung mit sich. Erfüllung liegt in dem Wissen, daß wir das tun, was wir tun sollten, und lieben sollten wir ohne Unterlaß.

Wenn es irgend etwas gibt, was junge Leute sofort herausfinden können, dann ist es unechte Liebe. Etwas sagt ihnen, daß Liebe aufrichtig, spontan sein muß. Manchmal möchten sie lieber geradezu grob erscheinen, als dabei ertappt zu werden, Zuneigung für jemanden vorzutäuschen, den sie in Wirklichkeit nicht leiden können. Dieser Wunsch, in seiner Liebe ehrlich zu sein, ist gut. Niemand möchte ein Betrüger sein.

Da ein Christlicher Wissenschafter versteht, daß Gott Liebe ist, und weiß, daß der Mensch Gottes Gleichnis ist, muß sein Verhalten gegen jedes einzelne Lebewesen aufrichtig liebevoll sein. Er möchte jeden unvoreingenommen lieben, denn er weiß, daß wirkliche Liebe keine Bevorzugung duldet und bei persönlichen Auseinandersetzungen unparteiisch ist.

Für den Wissenschafter ist das wahre Universum von der unendlichen Liebe erschaffen, und jede Beziehung darin ist eine liebevolle Beziehung. Der Christliche Wissenschafter sehnt sich danach, diese Wirklichkeit schon jetzt „auf Erden wie im Himmel“ Matth. 6:10; zu leben. Liebe ist nicht so sehr etwas, das er von anderen erwartet, sondern etwas, das er aus innerstem Antrieb geben muß. Da der Gottes-Mensch mit einer unermeßlichen Fähigkeit zu lieben ausgestattet ist, brauchen wir nicht den Tag hinauszuschieben, an dem wir anfangen, mehr und mehr von der göttlichen Liebe auszudrücken und somit eine größere Befriedigung und Erfüllung zu finden. Da jeder schon jetzt die göttliche Liebe widerspiegeln kann, kann jeder schon jetzt Erfüllung' finden.

Jeder in der Welt sucht wirkliche Liebe, tiefe, unbefangene, weise, zärtliche Liebe. Kein Buddhist oder Christ, kein Hippie oder Manager wird je ohne sie Erfüllung finden. Doch jemanden zu suchen, der uns liebt, ist keine Lösung. Wir müssen zur göttlichen Liebe ja sagen und unser Bewußtsein der göttlichen Quelle öffnen und es von ihr füllen lassen. Nur derjenige fühlt sich von der Liebe verlassen, der nicht weiß, daß die Liebe immer gegenwärtig ist und ständig in ihrer ganzen Fülle durch den Menschen zum Ausdruck kommt.

Können wir uns vorstellen, einen vermeintlichen Feind in gleichem Maße zu lieben wie unsere engsten und hochgeschätzten Kameraden? Mit einem göttlicheren Begriff von Liebe sind wir dazu in der Lage. Lieben bedeutet, jeden einzelnen als die vollkommene Idee Gottes zu sehen. Für alle Christlichen Wissenschafter gibt es eine Zeit, in der sie gezwungen werden, dies zu beweisen, besonders dann, wenn sie mit jemandem auskommen müssen, den sie nie besonders mochten. Doch wenn wir einen wahreren Begriff von Liebe erlangen, werden wir ohne zu zögern auch jene lieben, die sich gegen uns zusammentun.

Geistige Liebe ist herzlich und unwiderstehlich. Liebe entdeckt im Bewußtsein der — menschlich gesehen — am wenigsten anziehenden Person einen Funken des Göttlichen, und diesen vergrößert und liebt sie. Die göttliche Liebe ist niemals darauf bedacht, etwas zu empfangen, ihre Aufgabe ist zu geben, wobei sie alle einschließt und ihnen reichlich gibt. In der Gegenwart der Liebe lebt der Mensch unaufhörlich in dem Zustand vollkommener Erfüllung.

Die Liebe der Liebe kann im menschlichen Leben wahrgenommen und gefühlt werden. Sie durchbricht alle Schranken des Stolzes und der Arroganz und erfüllt das menschliche Bewußtsein mit Güte und christlicher Fürsorglichkeit. Wir können es uns nicht leisten, mit dieser Liebe rein theoretisch zu verfahren. „Die Göttlichkeit des Christus wurde in der Menschlichkeit Jesu offenbar“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 25;, schreibt Mrs. Eddy. Die Göttlichkeit ist nicht fern, sondern sie ist nahe und wird tief empfunden.

Eine Liebe, die Erfüllung mit sich bringt, erwächst eigentlich niemals aus der Ehe, aber sie kann in sie hineingebracht werden. Wenn die geistige Liebe im Denken zweier Menschen begründet ist, die in einer durch das moralische Gesetz geschützten beständigen Verbindung einander mit Liebe und Fürsorge begegnen, so kann diese Verbindung, wenn sie durch geistiges Wachstum erhoben und geläutert wird, gleichzeitig bereichern und befriedigen. Viele junge Menschen haben die Erfahrung gemacht, daß die Liebe zwischen zwei Personen ohne einen göttlicheren Begriff von Liebe, ohne geistige Eigenschaften, die eine Verbindung veredeln und segnen und stärken, nicht ausreicht, um Erfüllung zu bringen.

Wenn ein junger Mann und ein junges Mädchen eine tiefe Liebe für das Gute in dem anderen empfinden und sich vereinigen wollen, um diesen Ausdruck des Guten zu schützen und zu stärken, wird die Zeit, wenn sie miteinander ausgehen, sowie ihre Verlobung und Ehe vielversprechend beginnen. Wenn sie die göttliche Liebe widerspiegeln, wird die Atmosphäre in ihrer Ehe weit und großzügig sein und beiden Raum zum geistigen Wachstum bieten, damit sich Gottes Plan für jeden ungehindert erfüllen kann. Liebe erhält ihnen nach Jahren engen Familienlebens ihre gegenseitige Achtung, und Versöhnlichkeit und Vertrauen in die wesentlichen Werte des Partners werden den Ausspruch Lügen strafen: „Vertraulichkeit schafft Geringschätzung.“ Und wenn Probleme auftreten, wird die Liebe, die die göttliche Liebe widerspiegelt, ohne Bitterkeit sein und auch nicht leicht aufgeben und sagen: „Ich glaube, aus dieser Ehe wird nie etwas.“ In Gottes Plan stehen alle Kinder Gottes in harmonischer Beziehung zueinander. Da dies der Fall ist, brauchen wir nicht mehr vor dem Problem unzureichender Anpassung, welcher Art es auch sei, davonzulaufen, sondern wir kehren um und heilen es.

Der Mensch, unsere wahre Selbstheit, ist die Idee der Liebe und braucht nicht in der Liebe unterrichtet zu werden. Der Mensch liebt, weil die Liebe Teil seines Wesens und sein Daseinszweck ist. Die Liebe ist der Mittelpunkt, das Herz des Lebens, und nichts Geringeres. Der Mensch kämpft nicht um die Liebe und die Erfüllung, die sie mit sich bringt. Er erfreut sich immerdar jener Liebe, die ihn am meisten inspiriert und befriedigt. Er kennt keine unvollkommene Liebe — Liebe etwa, die stark ist, aber der es an Zärtlichkeit fehlt. Die göttliche Liebe hat viele Aspekte. Sie ist zärtlich, verständnisvoll und dynamisch. Nur die Liebe mit der Tiefe und Dimension des Unendlichen konnte das Universum ohne Konflikte und Grausamkeiten irgendwelcher Art zusammenfügen.

Der Mangel an Zuneigung im menschlichen Leben kann demjenigen, der sich nicht geliebt und sich unerwünscht fühlt, viel Kummer bereiten. Doch niemand kann von den Gaben und der Fürsorge der Liebe ausgeschlossen werden. Durch Gebet können wir alle dem wahren Begriff von Gott näherkommen, bis wir wie David ehrlich behaupten können: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Ps. 23:1; Wer an der Liebe als seinem göttlichen Prinzip festhält, dem werden alle Eigenschaften der Liebe wie „Gutes und Barmherzigkeit ... folgen [sein] Leben lang, und [er wird] bleiben im Hause des Herrn immerdar“. Das heißt, wir werden uns all der Liebe bewußt sein, die wir jeden Augenblick benötigen, ob die „richtigen“ Leute um uns sind oder nicht. Doch sollten wir niemals erwarten, einsam zu sein!

Es wird dieser Tage viel über den Mangel an Liebe und Mangel an Erfüllung unserer höchsten Erwartungen gesprochen, und man fragt sich, ob dies nicht in eine nationale Hysterie ausgeartet ist. Nur wenige Menschen scheinen sich bewußt zu sein, daß die göttliche Liebe die Antwort darauf ist, was ein allzu menschliches Problem zu sein scheint. Viele Leute lesen Bücher über Ehe und Sex, um etwas über die Liebe zu lernen. Seine tiefsten Gefühle aufs Spiel setzen kann in der Tat für ein junges Mädchen schwere seelische Probleme zur Folge haben, und einen jungen Mann kann es zu einem sehr labilen Ehekandidaten machen. Es führt von dem Pfad der Selbstbeherrschung und Geistigkeit, die in Kindern bessere Gesundheit und Intelligenz hervorbringen, hinweg. Dadurch wird auch das Gefühl des Schutzes eingebüßt, das derjenige hat, der den moralischen und geistigen Gesetzen gemäß lebt, die ihren Ursprung im göttlichen Prinzip haben, und man läuft Gefahr, demjenigen Leid zuzufügen, den man zu lieben behauptet.

Was Mrs. Eddy über die Ehe sagt, ist bei der Wahl eines Ehepartners und bei der Herstellung einer völlig befriedigenden Verbindung in der Ehe sehr hilfreich. Wer ihren Rat befolgt und gewillt ist, das zu tun, was notwendig ist, um eine göttlichere Auffassung von Liebe auszudrücken, wird finden, daß ihr Rat gut ist. Niemand braucht wirklich herumzulaufen und mit dem Leben unzufrieden zu sein, wenn er gewillt ist, ihre Darlegungen in dem Kapitel über die Ehe in Wissenschaft und Gesundheit zu studieren und anzuwenden. Sie werden natürlich nichts nützen, wenn man nicht bereit ist, die praktischen Möglichkeiten der göttlichen Liebe zu erforschen. Man muß gewillt sein, die falschen Ansichten über sich und über seinen Partner aufzugeben, und, falls nötig, mit den Annahmen kämpfen, die ein chronisches Gefühl von Mangel an Erfüllung verstärken.

Das materielle Dasein scheint bewußt und böswillig darauf angelegt zu sein, dem einzelnen die Erfüllung vorzuenthalten, indem es der Liebe bei jeder Gelegenheit Hindernisse in den Weg legt wie: „Ich kann in dieser alten langweiligen Stadt niemanden finden, den ich lieben könnte; ich zweifle, ob ich je jemanden finden werde, der mich liebt: die Leute, die ich liebe, lieben gewöhnlich nicht mich; Leute, die mich lieben, mag ich meistens überhaupt nicht leiden.“

Das ist das Gemurmel des phantasielosen, egozentrischen, lieblosen sterblichen Gemüts, eines Ignoranten erster Güte auf dem Gebiet „liebe deinen Nächsten“. Da keine selbstische Person jemals Erfüllung finden wird, ist es ein teuflischer Trick des sterblichen Gemüts, uns dahin zu bringen, daß wir niemals jemand anders lieben als uns selbst. Um sich seinen Erfolg zu sichern, flüstert es dem Betreffenden ein, daß eines Tages sicherlich jemand auftauchen werde, den er lieben könne, und dann werde sein Leben erfüllt sein. Dieser Jemand wird natürlich niemals auftauchen, wenn unser Denken nicht täglich durch die Liebe für alle, mit denen wir in Berührung kommen, erhoben ist, damit wir ihn oder sie erkennen können, wenn er oder sie unseren Weg kreuzt. Liebevolle Herzen fühlen sich zu denen hingezogen, die lieben.

Wenn uns aber die gewinnenden Eigenschaften der Liebe nicht angeboren zu sein scheinen, wie können wir sie erlangen? Müssen wir die Zähne zusammenbeißen und uns schrecklich anstrengen? Die Christlichen Wissenschafter finden bald heraus, daß sie die Liebe, um jemanden zu lieben, nicht fabrizieren können; sie können sie nur widerspiegeln. Die göttliche Liebe ist schließlich die Wurzel und Ursache allen wahren Seins, unser Sein eingeschlossen; sie ist die Substanz und Voraussetzung allen wirklichen Daseins, unseres eingeschlossen; sie ist der Schöpfer und die Motivierung für alles wahre Denken und Empfinden, unseres eingeschlossen. Liebe ist das unumstößliche, allwirkende All, und für den Menschen bleibt nichts anderes zu tun, als das Wirken der Liebe, der Ausfluß der Liebe, der authentische Ausdruck der Herzlichkeit und Harmonie der Liebe zu sein. Das ist die unabwendbare Tatsache unseres wahren Seins — wie wir wirklich sind und immer sein werden. Wer besitzt dann eine größere natürliche Fähigkeit, Liebe auszudrücken, als wir?

Anstatt die ungeheuere Befriedigung, die durch wahre Zuneigung kommt, aufzuschieben, kann man schon jetzt anfangen, alle jene zu lieben, mit denen man zusammenkommt. Man kann mit denen beginnen, die einen irritieren, einem widerstreben oder einen kalt lassen, indem man die nicht liebenswerten Eigenschaften des fleischlichen Gemüts von dem einzelnen trennt und sich vornimmt, nur den Menschen der Schöpfung Gottes zu sehen. Jemand kann Liberalen gegenüber echte geistige Liebe ausdrücken (wenn er ein Konservativer ist), gegenüber Negern und Orientalen (wenn er ein Weißer ist), gegenüber Landsleuten aus dem Süden (wenn er aus dem Norden stammt) und umgekehrt. Und die Christliche Wissenschaft hilft ihm dabei, all jene zu lieben, die der Liebe am nötigsten bedürfen.

„Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab“ Joh. 3:16., heißt es in der Bibel. Christus Jesus kam, um die Menschheit zu lieben, und er erfüllte sein Lebenswerk unbeschreiblich gut. Er liebte die Menschen jeweils auf die Weise, wie sie es gerade nötig hatten, geliebt zu werden, und die Liebe veränderte ihr Leben. Die Welt schreit geradezu nach dieser Liebe, und nichts wird uns größere Erfüllung bringen, als die Welt mit der reinsten Liebe zu lieben, die wir haben.

Der Student zum Beispiel, der aus selbstlosen Beweggründen im Peace Corps arbeitet und einem nigerianischen Bauern zeigt, wie er eine bessere Ernte erzielen kann, lernt bestimmt mehr über die Liebe und erlangt einen tieferen Begriff von Erfüllung als sein Altersgenosse, der Liebe für ein Mädchen vortäuscht, für das er sich nicht wirklich interessiert.

Der letztere wird eines Tages Liebe und Erfüllung von der Ehe erwarten, aber ohne einen tieferen Begriff von Liebe wird er sie nicht finden. Der erstere wird seinen Begriff von Liebe und Erfüllung mit in die Ehe und in alle seine Beziehungen und Tätigkeiten bringen.

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