In vergangenen Jahrhunderten konnten Aussätzige dem Gottesdienst in der Kirche nur von draußen durch einen Mauerspalt folgen. Als ich einmal eine englische Dorfkirche aus dem Mittelalter besichtigte, entdeckte ich solch eine Öffnung, die von draußen einen freien Blick auf den Altar ermöglichte. Wenn dies auch in etwa ein Ausdruck barmherziger Liebe war, so war es doch ganz gewiß eine unzulängliche und unwissende Art, das darzubieten, was Christus Jesus der notleidenden Menschheit brachte.
Christus Jesus schloß niemanden aus, stellte niemanden unter die Herrschaft materieller Gesetze der Unheilbarkeit, der Vererbung, der Ansteckung. Er lud jeden ein, der „mühselig und beladen“ war, zu ihm zu kommen, damit er geheilt werde. Er öffnete den Weg in das wahre Allerheiligste — die geistige Wirklichkeit. Dieses hätte nicht erhabener symbolisiert werden können als am Tage der Kreuzigung, als der Vorhang, der das Allerheiligste im Tempel verbarg, von oben bis unten zerriß.
Nicht ausgeschlossen zu sein bedeutet gleichzeitig, in die göttliche Wahrheit eingeschlossen zu sein, daß der Mensch nicht nur das geliebte Kind Gottes ist, sondern als solches auch heil, rein, frei und gesund. Paulus verstand etwas von dieser Tatsache. In seinem Brief an die Epheser schrieb er, daß Christus Jesus den Zaun (in der Menge-Bibel heißt es Scheidewand) zwischen Heiden und Juden hinweggenommen und diesen bekehrten Christen erklärt hat: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Eph. 2:14, 19;
Schon seit mehr als hundert Jahren hat nun die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjәn s'aiәns. das Dunkel der Jahrhunderte, das Jesu Lehren und Paulus' Auslegungen verbarg, erhellt. Diese Wissenschaft erleuchtet die Heilige Schrift so sehr, daß wir Jesu Gebote nicht nur verstehen, sondern auch ausführen können. In einem Auszug aus der Zeitung Jackson Patriot (Michigan) vom 20. Januar 1895, also zu einer Zeit geschrieben, als die Christliche Wissenschaft dem Weltdenken noch verhältnismäßig neu war, heißt es: „Der Meister war der große Heiler. Aber die Welle des Materialismus und der Bigotterie, die fünfzehn Jahrhunderte lang über die Welt ging und sie mit der Schwärze des düsteren Mittelalters überzog, löschte nahezu allen lebendigen Glauben an seine Lehren aus. Die Bibel war ein versiegeltes Buch. Seit kurzem macht sich ein wiederbelebter Glaube an seine Lehren bemerkbar, und eine der Folgen ist die Christliche Wissenschaft. Es wird keine neue Lehre verkündet, aber es wird ein Prinzip wieder neu entwickelt, das vor neunzehn Jahrhunderten von dem Begründer des Christentums in die Praxis umgesetzt wurde...“ Pulpit and Press von Mary Baker Eddy, S. 52;
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß in jeder Notlage jeder zum himmlischen Vater um Hilfe gehen kann. Zum Vater zu gehen bedeutet Gott als Liebe zu erkennen, die weder Furcht noch Haß kennt; als Wahrheit, die weder Sünde noch Krankheit kennt; als Geist, der weder ein materielles Bewußtsein noch Fleisch kennt; als Leben, das weder Siechtum noch Tod kennt.
Jeder kann die geistige Wahrheit durch das Studium der Christlichen Wissenschaft lernen und anwenden. Geistiges Verständnis entfernt jeglichen Irrtum, der Gottes vollkommene Schöpfung verdrehen und Gott zum Schöpfer des sterblichen Menschen machen möchte, der in die Materie hineingeboren ist, sündigt und leidet und wieder aus ihr herausstirbt. Geistiges Verständnis offenbart den Menschen als das Bild und Gleichnis Gottes, wie es der erste Schöpfungsbericht im 1. Buch Mose darlegt. Dieses Verständnis ist die Folge von dem Kommen des Christus, der Wahrheit, zum menschlichen Bewußtsein und bringt für jeden Trost, Erleuchtung und Heilung mit sich. Der Christus ist der Weg, der in das geistige Allerheiligste führt. In der Wissenschaft des Christus lernen wir, daß die Materie ein falsches mentales Phänomen ohne Ursache, ohne Schöpfer, ohne Platz, ohne Existenz ist.
Jeder einzelne kann und muß ein Leben entfalten, das freier von Sünde ist, reiner in seiner Liebe zur Menschheit, das eine größere Fähigkeit zu heilen und ein hingebungsvolleres Herauswachsen aus der Materialität in die geistige Wirklichkeit des Seins zeigt.
Niemand ist ausgeschlossen, durch die Christuswissenschaft Erlösung zu erfahren; und niemand ist ausgeschlossen, diese Segnung anderen weiterzugeben. Unsere Führerin Mrs. Eddy sagt: „Wenn das Leben der Christlichen Wissenschafter Zeugnis von ihrer Treue zur Wahrheit ablegt, so sage ich voraus, daß im 20. Jahrhundert jede christliche Kirche in unserem Lande und einige in fremden Ländern sich dem Verständnis der Christlichen Wissenschaft genügend genähert haben werden, um die Kranken in seinem Namen zu heilen.“ S. 22;
Der wachsame Christliche Wissenschafter sieht nicht nur das Morgenrot dieser Verheißung, sondern auch die Pflicht, an ihrer Erfüllung mitzuwirken. Das bedeutet, daß er durch sein Leben und Handeln einem jeden, der sich außerhalb der göttlichen Liebe sieht, der sich ausgeschlossen fühlt, zeigt, was in einem Lied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft wie folgt zum Ausdruck gebracht wird:
Kommt, ihr Bekümmerten, wo ihr auch schmachtet,
Hier Heil und Liebe sind, hier Friede weilt.
Bringt euer wundes Herz, so lang verachtet:
Es gibt kein Leiden, das Liebe nicht heilt. Lied Nr. 40;
Diese Worte, die die innige Liebe ausdrücken, mit der die Christliche Wissenschaft alle ruft, enthalten uralte Verheißungen in einem neuen Gewand. Schon vor über zweitausend Jahren schrieb Jesaja von denen in der Finsternis: „Sie werden weder hungern noch dürsten,. .. denn ihr Erbarmer wird sie führen und sie an die Wasserquellen leiten.“ Jes. 49:10.
