Das hervorragende Wirken der Propheten Elia und Elisa im neunten Jahrhundert v. Chr. diente einer wichtigen Entwicklung im Fortschritt des hebräischen Volkes. Mit Amos und Hosea, mit Jesaja von Jerusalem und Micha im achten Jahrhundert begann die schriftlich aufgezeichnete Prophezeiung, und sie setzte sich in fast ununterbrochener Folge etwa sechs Jahrhunderte fort.
Bevor wir diese weitere Entfaltung näher betrachten, wollen wir uns einem parallel laufenden Beitrag zuwenden, an dem bereits gearbeitet wurde, als sich die Propheten des neunten Jahrhunderts ihrer eigenen wichtigen Aufgabe widmeten.
Die ersten fünf Bücher der Bibel, der Pentateuch (wörtlich „der fünffache Band“), waren seit langem ausschließlich dessen zentraler Gestalt, Mose, zugesprochen worden. In den letzten hundert Jahren etwa stellte jedoch eine zunehmende Anzahl von Bibelgelehrten Widersprüche in den zwei Schöpfungsberichten fest. Andere bemerkten in den beiden Berichten über die Sintflut Verschiedenheiten (z. B. 1. Mose 6:19 und 7:2), sich einander widersprechende Berichte über die Taten und die Haltung der Patriarchen und anderes. Solche Ansichten erhalten die heute allgemein akzeptierte Hypothese aufrecht, daß der Pentateuch nicht das Werk eines einzigen Menschen ist, sondern mehrere unterschiedliche Quellen hat.
Die erste im Pentateuch — und darüber hinaus — zu findende bedeutende Quelle wird gewöhnlich als die jahvistische oder judäische Quelle beschrieben. Sie verwendet Jehova — unterschiedlich als Jahve oder Jahwe geschrieben und in der deutschen Bibel mit „Herr“ bezeichnet — als den besonderen Namen für die Gottheit; und wegen der vielen Hinweise auf judäische Ortsnamen wurde sie augenscheinlich in Juda geschrieben, dem südlichen Teil Palästinas. Die Bibelgelehrten verwenden den Buchstaben J als Symbol für diese Quelle.
Nachdem die Kinder Israel ihrer Knechtschaft in Ägypten entflohen und schließlich zum verheißenen Land Kanaan gelangt waren, dauerte es noch viele Jahre, bis sie dort wirklich seßhaft wurden. Die Philister führten gegen sie Krieg, und selbst Saul, ihr erster König, mußte eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen. Aber mit Davids Thronbesteigung und der zunehmenden Macht und dem Einfluß seines Sohnes und Nachfolgers, Salomos, entstand in ihnen ein Nationalbewußtsein, der Wunsch, die Geschichte ihres Volkes niederzuschreiben. David bahnte dafür den Weg, indem er einen „Kanzler“ und einen „Schreiber“ einsetzte (2. Sam. 20:24, 25).
Zu irgendeiner Zeit während des neunten Jahrhunderts v. Chr., in den Tagen Elias und Elisas, scheint die jahvistische biblische Quelle, die als J bekannt ist, verfaßt worden zu sein. Der historische Zeitraum, in dem dies geschah, kann nicht genau festgelegt werden, aber er begann mit einem allegorischen Bericht über eine materielle Schöpfung, mit der Geschichte von Adam und Eva. Beginnend mit dem 1. Buch Mose, 2. Kapitel Vers 4, trägt die J-Quelle sehr viel zu diesem Buch bei, und sie tritt mit Unterbrechungen bis zur Regierungszeit Davids hervor.
Wenn man auch die Vermenschlichungen und die Begrenzungen des J-Berichtes von „Gott dem Herrn“ und Seiner bekannten Erschaffung des Menschen „aus Erde vom Acker“ (1. Mose 2:7) ohne weiteres in Frage stellen kann, so ist doch der lebendige Stil des Verfassers eins seiner hervorstechendsten Merkmale. Seine religiösen und moralischen Ideen mögen uns begrenzt erscheinen, aber für seine Tage war er ein fortschrittlicher Denker, der eine frühe Geschichtsphilosophie darlegte. Seine Charakterstudien von Adam und Eva, Kain und Abel, Jakob und Rahel und vielen anderen sind unvergeßlich.
Das Werk eines anderen Autors oder mehrerer Autoren, die in dem ersten Kapitel der Genesis und an anderen Stellen den hebräischen Namen Elohim (Gott) gebrauchten und dadurch einen höheren Begriff von der Gottheit und der Schöpfung vermittelten, wird später besprochen.