Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Die Wahrheit, nicht eigenwilliges Beharren

Aus der September 1969-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Sehr oft scheint das menschliche Leben mit Konflikten und persönlichen Reibereien belastet zu sein, die meist von einem Aufruhr der Gefühle begleitet sind. Selbst derjenige, der bei einer Auseinandersetzung oder einem Streit der Sieger zu sein scheint, ist selten ganz frei von der geheimen Befürchtung, daß ihm der Sieg immer noch entgleiten könnte. Und sein Widersacher, von dem Gefühl einer drohenden Niederlage beunruhigt, wird immer rechthaberischer und benutzt jedes Mittel des sterblichen Gemüts, um den Argumenten seines Gegners standzuhalten und seinen Willen durchzusetzen.

Wenn man zuläßt, daß sich solch eine unglückliche Situation — dadurch hervorgerufen, daß man sich dem Druck des fleischlichen Gemüts nicht widersetzt — zum Beispiel zwischen Eheleuten entwickelt, kann sie ihre Ehe zerrütten, oder zwischen Geschäftspartnern, das Geschäft ruinieren, das beiden gehört.

In größeren Gruppen, wie etwa einem Zweig der Kirche Christi, Wissenschafter, der nach den Grundsätzen demokratischer Selbstregierung tätig sein soll, können sich tiefgehende Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedern ergeben wegen der oft sehr großen Unterschiede in ihrer Herkunft, ihren Neigungen und ihrer Erfahrung. Demokratische Selbstregierung basiert überall auf freier Meinungsäußerung und auf Mehrheitsbeschluß, der mit Einwilligung der Minderheit als die Entscheidung des Ganzen akzeptiert wird und dadurch eine Zusammenarbeit aller ermöglicht. Die Weigerung, eine Entscheidung anzuerkennen, und das hartnäckige Daraufbestehen, daß nur der eigene Weg der richtige sei, kann sich zu persönlichen Reibereien zuspitzen und für alle Beteiligten unharmonische Zustände herbeiführen. Im Gegensatz dazu läßt das erfolgreiche Funktionieren des demokratischen Systems den Weg für eine Berichtigung bereits gefaßter Beschlüsse offen, während es zugleich zur Entfaltung des einzelnen beiträgt.

Nehmen wir einmal an, eine Minderheit bestehe weiterhin darauf, daß ihre Auffassung die richtige sei: was werden dann wohl die Mitglieder der beiden Gruppen tun? Ist eine Auseinandersetzung zwischen ihnen, die so viel Ärger, Verdruß, Spannung und Belastung mit sich bringt, unvermeidlich? Der menschliche Sinn mag erklären, daß dies so sei, aber die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjәn s'aiәns. lehrt und hat schon oft bewiesen, daß sie nicht unvermeidlich ist. Ein Christlicher Wissenschafter kann sich immer vergegenwärtigen, daß die Fähigkeit, zu erkennen, was in jeder Lage das Richtige ist, nicht der persönliche Besitz eines einzelnen, sondern eine Funktion der Intelligenz ist, jener Ureigenschaft Gottes, des einen unendlichen Gemüts, eine Eigenschaft, die von allen geistig widergespiegelt wird und die ohne Einschränkung von allen genutzt werden kann.

Ein Anhänger der Christlichen Wissenschaft kann sich auch vergegenwärtigen, daß eine Idee der Wahrheit durch sich selbst besteht, sich selbst erhält und in ihrem Appell stets wirksam ist. Niemals kann diese Idee daher durch etwas Wirkliches daran gehindert werden, gerade in dem Augenblick ins menschliche Bewußtsein zu kommen, in dem sie gebraucht wird. Diese Idee zu äußern mag manchmal den Widerstand des persönlichen Sinnes oder des sogenannten sterblichen Gemüts hervorrufen, aber dieser Widerstand wird nicht durch ein bloßes eigenwilliges Beharren überwunden, sondern dadurch, daß man still an der Macht des göttlichen Gemüts festhält, in vollem Vertrauen auf das alles durchdringende Licht seiner Liebe, die alle, so auch uns, dazu bringen kann, die rechte Idee zu erkennen und sie willig zu akzeptieren.

Es mag bei großen wie bei kleinen Gruppen Fälle geben, wo es wünschenswert erscheint, zu erklären — und wenn es sein muß, immer und immer wieder —, warum der Grundsatz oder die Handlungsweise, die man vorgeschlagen hat, vernünftig und gerecht ist. Aber niemals läßt sich ein eigenwilliges Beharren des sterblichen Gemüts durch irgend etwas rechtfertigen. Dieses Beharren weist entweder auf ein unzureichendes Verständnis von der Macht des Christus, der Wahrheit hin, sich selbst mitzuteilen, oder auf einen ungenügenden Glauben daran. Aggressives oder halsstarriges Beharren ist das Gegenteil von ruhiger geistiger Beweisführung; es kann leicht eine Reaktion gleicher Art hervorrufen, wodurch alles blockiert wird.

Die Christliche Wissenschaft gibt ihren Anhängern das wissenschaftliche Vertrauen, daß die rechte Idee schließlich siegen wird. Das bedeutet jedoch nicht, daß da nicht auch etwas für uns zu tun wäre. Es wird nicht von uns erwartet, daß wir untätig zusehen, wenn eine Frage zur Debatte steht, die in irgendeiner Weise das Prinzip ausdrückt. Es ist unser Vorrecht und unsere Verpflichtung, ruhig die wahre Idee auszusprechen, so wie das göttliche Gemüt sie uns eingegeben hat, und dann die gesprochene Erklärung im stillen dadurch zu unterstützen, daß wir uns die Macht des Gemüts, Gottes, des einen unendlichen Bewußtseins, vergegenwärtigen, allen Seinen individuellen Widerspiegelungen die richtige Handlungsweise nahezubringen und sie so zu vereinen und Seine eigene gute Absicht für alle Seine Kinder auszuführen.

Wenn wir in unpersönlicher Weise unter Gebet an der Gegenwart und unfehlbaren Tätigkeit der allintelligenten göttlichen Liebe festhalten, kann dies den fleischlichen Instinkt in uns und in anderen daran hindern, allzu hartnäckig oder kampflustig zu werden, und dies kann allen die richtige Idee vermitteln. Wie treffend sagte Paulus: „Denn ob wir wohl im Fleisch wandeln, so streiten wir doch nicht fleischlicherweise. Denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, zu zerstören Befestigungen. Wir zerstören damit Anschläge und alles Hohe, das sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und nehmen gefangen alle Gedanken unter den Gehorsam Christi“ 2. Kor. 10:3‒5; !

Diese Erklärung des Apostels läßt deutlich erkennen, daß der Kampf, den die Christlichen Wissenschafter in all ihren weltlichen und religiösen Angelegenheiten führen, geistig ist; er richtet sich nicht gegen Personen, sondern gegen böse Annahmen, die ganz und gar unpersönlich sind. Im Grunde wird der Kampf gegen die Annahmen geführt, die uns von der alten Theologie hinsichtlich des Wesens des Bösen und von den Naturwissenschaften hinsichtlich des Wesens der Materie eingeimpft werden. Und schließlich wird er gegen das Endergebnis von beiden geführt: gegen die Sterblichkeit und das Wesen der Krankheit, wie sie dem menschlichen Denken durch die medizinischen Theorien eingeimpft werden.

Ähnlich ist es bei der Ausübung der Christlichen Wissenschaft. Das Behaupten der Wahrheit und das Verneinen des Irrtums, sei es hörbar oder schweigend, sollte positiv und mutig, ja es darf sogar äußerst nachdrücklich sein. Wir dürfen jedoch niemals zulassen, daß dieses Beharren auf der Wahrheit des Seins — etwa durch den Druck der Umstände — das Werk rein menschlichen Willens wird. Es muß vielmehr das Ergebnis eines erhobenen Denkens bleiben, eines unentwegten Festhaltens an Gott und Seiner Idee. Je ruhiger wir bleiben, je mehr geistige Freude wir ausdrücken, desto klarer wird unsere Auffassung von der Wahrheit sein und desto schneller wird die Heilung erfolgen.

Wenn die Gefühle durch heftige Meinungsverschiedenheiten aufgewühlt werden, müssen wir uns klarmachen, daß bloße eigenwillige Angriffslust, Groll oder ein Gefühl des Beleidigtseins leicht eine Wirklichkeit gerade aus dem Irrtum machen, den wir zerstören wollen, und so den Zweck unserer wissenschaftlichen Arbeit zunichte machen. Wie einfach faßt Mary Baker Eddy alles zusammen, was sich über den Irrtum, Unstimmigkeiten unter den Menschen durch bloßes eigenwilliges Beharren entgegenzutreten, sagen läßt, wenn sie uns in Christian Science versus Pantheism (Die Christliche Wissenschaft und der Pantheismus) lehrt: „Schließlich, liebe Brüder, laßt uns darin fortfahren, das Böse als die trügerische Behauptung bloßzustellen, daß Gott nicht allerhaben sei, und es weiterhin bekämpfen, bis es verschwindet — doch nicht wie einer, der in den Nebel schlägt, sondern der sein Haupt darüber erhebt und seinen Fuß auf eine Lüge setzt“ Pan., S. 6. !

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / September 1969

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.