Ein Mann betrat einmal ein Lesezimmer der Christlichen Wissenschaft und sagte der Bibliothekarin, daß er kein Christlicher Wissenschafter sei, sondern ein Prediger, der zu einer Kapelle in jenem Bezirk gehöre. Er wollte eine Predigt über Furcht halten und wollte wissen, ob die Christliche Wissenschaft irgendwelche Schriften über dieses Thema habe.
Die Bibliothekarin fühlte sich veranlaßt zu sagen: „Eigentlich können Sie gar keine Predigt über Furcht halten.“ „Warum nicht?“ fragte der Besucher, und die Bibliothekarin antwortete: „Weil, wie Sie mir sicher zustimmen werden, eine Predigt auf etwas Positives aufgebaut sein muß, und Furcht ist etwas Negatives.“
„Womit fange ich dann an?“ fragte der Mann.
Die Bibliothekarin verwies ihn auf die Bibel, und sie lasen den Vers: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht muß vor der Strafe zittern. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.“ 1. Joh. 4:18;
Sie sprachen einige Minuten lang über das positive Wesen der Liebe als der Widerspiegelung der göttlichen Liebe. Die Bibliothekarin wies ihn darauf hin, daß dies die Grundlage seiner Predigt werden und die Furcht als eine Versuchung, an ein negatives Gegenteil zu glauben, behandelt werden könnte. Alles, was vom Standpunkt der Christlichen Wissenschaft aus gesagt wurde, wurde mit Stellen aus Mrs. Eddys Schriften belegt. Als der Prediger bald darauf das Lesezimmer verließ, bemerkte er: „Jetzt werde ich nach Hause gehen und meine Predigt schreiben.“
Solche Vorfälle sind in einem Lesezimmer der Christlichen Wissenschaft nicht ungewöhnlich.
Nicht alle Besucher werden Christliche Wissenschafter. Bei einigen ist das Interesse unwiderstehlich, und sie verfolgen es; andere erkundigen sich nur so beiläufig. Doch die Tatsache, daß Anhänger anderer Religionen und Menschen aus vielen Berufen den Standpunkt der Christlichen Wissenschaft ausfindig machen wollen, ist sicher ein Zeichen dafür, daß der Sauerteig der Wahrheit am Wirken ist. Es ist ein Beweis, daß der Christus auf verschiedene und wirksame Weise die Bewohner erreicht. Mrs. Eddy schreibt: „Eine veredelte Annahme ist ein Schritt aus dem Irrtum heraus; sie verhilft uns zum nächsten Schritt vorwärts und zum Verständnis der Sachlage in der Christlichen Wissenschaft.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 296; Die Christliche Wissenschaft besitzt eine Anziehungskraft, die selbst der Fremde fühlen kann — einen Zug zum Guten hin, dem auf die Dauer nicht widerstanden werden kann.
Der nachstehende Bibelvers könnte auf unsere Bewegung zutreffen: „Mache den Raum deines Zeltes weit und breite aus die Decken deiner Wohnstatt; spare nicht! Spann deine Seile lang und stecke deine Pflöcke fest!“ Jes. 54:2; Warum besteht dieses Verlangen und Bestreben, unsere Grenzen ständig zu erweitern? Die Christliche Wissenschaft ist keine Religion, deren Macht in der Anzahl der Menschen liegt, obwohl auch die Anzahl vorhanden sein sollte, weil sie die Wirksamkeit der Wahrheit und Liebe im menschlichen Bewußtsein bestätigt. Unser wahrer Grund, warum wir die Grenzen unseres Zeltes erweitern wollen, ist der, daß wir einen Schimmer von dem herrlichen Heilswerk erlangt haben, das die Christliche Wissenschaft in der ganzen Welt tut, und wir gerne möchten, daß sie in weiteren Kreisen bekannt wird.
Der Christus ist wieder geoffenbart, und durch die Christliche Wissenschaft teilt er den Menschen mit, daß die Wirklichkeit bei weitem nicht das ist, was sie angenommen haben. Der Mensch ist kein kranker oder sündiger Sterblicher, der Gesundheit, Harmonie und Glück in der Materie sucht, wo sie nicht gefunden werden können. Sicherheit, Friede, Gesundheit und Freude können zu jedem kommen, der bereit ist, die Christuslehre zu akzeptieren und die Wahrheit über das Dasein des Menschen als einer geistigen Idee zu erfahren. Die Christliche Wissenschaft begegnet dem einzelnen gerade dort, wo er sich auf seiner Lebensreise befindet. Sie zeigt ihm, wer und was er in seiner Beziehung zu Gott in Wirklichkeit ist, und wie er das göttliche Gemüt sein tägliches Leben regieren lassen kann.
Wahres Erweitern, oder geistige Entfaltung, ist ein mentaler Vorgang und eine mentale Tätigkeit. Es erfordert hingebungsvolles, tägliches Studium der Bibellektion, andächtiges Lesen der Schriften Mrs. Eddys und der laufenden Literatur, wie sie uns in der Christlichen Wissenschaft zur Verfügung steht, und tägliche Betätigung dessen, was wir wissen. Es bedeutet, das Bewußtsein zu öffnen und das Licht des göttlichen Gemüts hineinleuchten zu lassen. Die Tätigkeit des Christus im menschlichen Bewußtsein reinigt und vergeistigt.
Dieses Erweitern der Grenzen unseres Denkens geht über die Begrenzung der Materialität hinaus und sucht nach den geistigen Schätzen, von denen Christus Jesus sprach: „Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht nachgraben noch stehlen.“ Matth. 6:20; Wir können jede geistige Eigenschaft, die der Mensch als die Widerspiegelung Gottes besitzt, erkennen, ausdrücken, vervielfältigen und uns ihrer freuen, indem wir beständig und getreulich Zeugen der Wahrheit und Liebe sind.
Wenn wir diese höhere Denkweise erlangen, werden wir uns der vielen Gelegenheiten bewußt, zur rechten Zeit ein Wort an jemanden zu richten, der in Not ist. Wir können Hoffnung, Ermutigung und die Gewißheit der Liebe Gottes und ihrer heilenden Gegenwart vermitteln oder die Gelegenheit benutzen, jemandem die Christliche Wissenschaft anzubieten. In dem Verhältnis, wie die Grenzen unseres geistigen Verständnisses erweitert werden, werden wir es in erhöhtem Maße zum Ausdruck bringen. Demonstrationen sind vonnöten, denn auf den Fremden oder Neuling machen Worte ohne Taten keinen großen Eindruck. Mrs. Eddy sagt uns sehr eindeutig: „In der Christlichen Wissenschaft ist Fortschritt Demonstration, nicht bloße Lehre.“ Vermischte Schriften, S. 235.
Die Tätigkeit der Wahrheit muß sich immer mehr erweitern. Das Licht der Wahrheit muß aus dem Bewußtsein des einzelnen, durch das Leben des einzelnen, in die Unternehmungen der christlich-wissenschaftlichen Bewegung und von dort in die Welt hinaus leuchten, und die Anziehungskraft und Macht der Liebe muß in der Welt fühlbar werden. Jeder, der die Christliche Wissenschaft um ihrer selbst willen liebt und danach strebt, ihr gemäß zu leben und die Wahrheit zu bezeugen, segnet, wo immer er ist.
Schranken und Grenzen gehören den sterblichen Sinnen an. Die grenzenlosen Herrlichkeiten des vollkommenen, ewigen Daseins gehören Gott an. Die Christliche Wissenschaft führt uns höher, weiter, zum Geistigen hin, und sie wandelt das menschliche Bewußtsein um, bis der Mensch als die reine Widerspiegelung Gottes erkannt wird. Diese wahre Selbstheit des Menschen herauszustellen ist unser Ziel.
Vorfälle wie der, der zu Beginn des Artikels erwähnt wurde, können unzählige Male im täglichen Leben eines Christlichen Wissenschafters und in seiner Kirchentätigkeit vorkommen. Sie beweisen die grenzenlose, unpersönliche, liebevolle Tätigkeit des Christus, der Wahrheit, des Erlösers der Welt. Das Himmelreich wird in der Fülle dessen erscheinen, was es in Wirklichkeit immer ist — eine völlige Kundwerdung des Guten.