Paulus, der große Apostel der Heiden, erkannte deutlich die Brüderschaft, die im Grunde genommen zwischen allen Menschen besteht. Seine Missionsreisen brachten ihn mit vielen der damals bestehenden Rassen und Religionen des Römischen Reiches in Berührung. Dies verlieh ihm ein tiefes Mitgefühl und eine hohe Wertschätzung für andere Menschen, ungeachtet ihrer unterschiedlichen Sitten, Hautfarbe oder Glaubensbekenntnisse. Das echte Christentum lehrte Paulus, über den begrenzten Augenschein der materiellen Sinne hinauszusehen. Er lernte erkennen, wie alle wirklichen Identitäten in der Allheit Gottes, der göttlichen Liebe, in vollkommener Eintracht erhalten werden. Von diesem Standpunkt aus schrieb er an die Kirche in Kolossä: „Da ist nicht mehr Grieche, Jude, Beschnittener, Unbeschnittener, Nichtgrieche, Skythe, Knecht, Freier, sondern alles und in allen Christus.“ Kol. 3:11;
Paulus’ Treue zu dieser erweiterten Auffassung von Zuneigung und Anteilnahme muß hart auf die Probe gestellt worden sein. Ungemach, Verfolgung und körperliche Gewalttaten waren oft sein Los, wenn er seinen Aufgaben nachging; aber ungeachtet der Herausforderungen hielt er an seinen Bemühungen fest, die dem Menschen innewohnende Güte zu sehen. Dies hielt ihn hoch, erfüllte sein Denken mit Liebe und ermöglichte es ihm, der Sache des Christentums auf seine unvergleichliche Weise zu dienen.
Auch Petrus mußte aus einer begrenzten Auffassung von Brüderschaft herauswachsen. Seine Erziehung und Umgebung hatten ihm die Annahme eingeprägt, daß Erlösung das besondere Vorrecht der Juden war. Geistiges Wachstum öffnete ihm die Augen, und er sagte: „Nun erfahre ich in Wahrheit, daß Gott die Person nicht ansieht; sondern in jeglichem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm.“ Apg. 10:34, 35;
Heute offenbart die Christliche Wissenschaft das Gesetz und die Logik, die wissenschaftlich geistig sind und auf die sich ein universaler Begriff von Liebe gründet. Sie lehrt uns, daß die erste Ursache oder das schöpferische Prinzip alles wirklichen Seins die göttliche Liebe ist und daß dieses liebende Gemüt ein ununterbrochenes, ungeteiltes Ganzes ist. Wegen der Allheit der Liebe kann nichts, was sie erschafft, von der Liebe getrennt oder unharmonisch sein, nichts kann entzweien, spalten oder haßerfüllt sein. Der Mensch, der geistige Ausdruck Gottes, muß an dem Wesen seines Vaters teilhaben, er kann nichts anderes kennen als die harmonische Einheit alles wirklichen Seins in dem einen Geist, der einen Seele, und von ihm ausgehend.
Da jeder Christliche Wissenschafter etwas von diesen großen Tatsachen weiß, hat er die heilige Verpflichtung, durch die Geistigkeit seines eigenen Denkens und Handelns zur Sache der allumfassenden Brüderschaft beizutragen. Er lernt, daß er der Menschheit am besten helfen kann, wenn er sich selbst zuerst mit dem Geist des Evangeliums erfüllt. In seinem Familienkreis kann er die Geduld, Sanftmut, Toleranz, Demut, Rücksich und bereitwillige Zusammenarbeit zum Ausdruck bringen, die die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern und die Familienereignisse reibungslos gestalten. Dies gibt ihm eine beständige, erprobte Grundlage, auf der er eine weiter reichende Hilfsbereitschaft oder seinen Dienst an der Menschheit aufbauen kann. Christus Jesus sagte: „Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest.“ Matth. 7:5;
Die geistige Einsicht, die körperliche Krankheit wirkungsvoll heilt, den Sünder läutert und Mangel und Einsamkeit vernichtet, kann auch beim Heilen politischer und rassischer Schwierigkeiten sehr gewichtig sein. Sie kann dazu beitragen, daß sich die Menschheit über die Selbstsucht, die Begierde und den Haß erhebt, die Verbrechen und Auseinandersetzungen hervorrufen. Und niemand braucht sich angesichts der scheinbar ungeheuren Größe der Weltprobleme hilflos zu fühlen. Die Christliche Wissenschaft hat über ein Jahrhundert lang bewiesen, daß materielle Zustände, ob groß oder klein, nur sterblich-mentale Bilder sind, Produkte des fleischlichen oder sterblichen Gemüts, und daher nicht mehr wirkliche Substanz haben als ein Traum.
Tatsache ist, daß das wirkliche Universum, einschließlich der wahren Identitäten aller Menschen, der vollkommene, harmonische, geistige Ausdruck des einen unendlichen göttlichen Gemüts ist. Wir können unseren Brüdern helfen, Frieden und Eintracht zu finden, indem wir diese große Tatsache anerkennen und den falschen Augenschein, Wettstreit und Zwist genannt, verneinen. Dies ist wirksames Gebet. Es durchdringt das kollektive menschliche Bewußtsein mit der einigenden Wahrheit des Seins. Wegen ihrer mentalen Natur kann die menschliche Erfahrung zu einer immer stärkeren Ähnlichkeit mit der göttlichen Vollkommenheit erhoben werden.
Mrs. Eddy hat ständig für das Wohl der Menschheit gearbeitet. Seit den Tagen der Urkirche hat niemand die Brüderschaft auf solch einem hohen Niveau demonstriert wie sie. Bei ihrem Unternehmen, die Sache der Christlichen Wissenschaft zu begründen, wurde sie verfolgt und verleumdet, aber bei all diesen Erfahrungen bewahrte sie sich einen wissenschaftlichen Begriff von der unendlichen Liebe und von dem Ausdruck der Liebe, dem geistigen Menschen. Sie weigerte sich, Personen zu hassen. Sie bewies in ihrem eigenen Leben die Sanftmut und Nachsicht, die sie anderen predigte.
Sie schreibt: „Uneingeschränkter Glaube, der sich zur Horebshöhe emporschwingt, bringt unendliche Segnungen mit sich, und der Geist dieses Gebets ist die Frucht der Rechtschaffenheit — ‚Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen‘. Die Brüderschaft aller Völker beruht auf folgender Grundlage: Ein Gott, ein Gemüt, und ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘; dies ist die Grundlage, auf der und durch die in der göttlichen Wissenschaft der unendliche Gott, das Gute, die Vater-Mutter Liebe, unser ist und wir Sein sind.“ The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 281.