Ich erinnere mich eines schwierigen Falles, den ich zu Anfang meiner Ausübung der Christlichen Wissenschaft mit all dem wunderbaren Mut und der Inspiration übernommen hatte, die so oft jene ersten, von Begeisterung erfüllten Tage in der Heilarbeit kennzeichnen, deren Geist wir uns stets erhalten sollten.
Ich hatte lange und ernsthaft über diesem Fall gearbeitet, doch der Erfolg entsprach nicht meinen Erwartungen. Als ich dann eines Tages ein Bedürfnis nach größerer Erleuchtung empfand, rief ich meine Mutter an, die eine erfahrene Ausüberin der Christlichen Wissenschaft war, und erzählte ihr unpersönlich von dem Fall. Ihre unverzügliche Antwort war: „Hast du in diesem Zusammenhang den tierischen Magnetismus gehandhabt?“ Ich sagte, ich hätte nicht daran gedacht, es im besonderen zu tun. „Dann höre einmal für heute Abend damit auf, den Krankheitsanspruch und seine Symptome zu handhaben“, sagte sie. „Handhabe statt dessen eingehend den tierischen Magnetismus in bezug auf diesen Fall.“
Ich dachte über das nach, was sie gesagt hatte. „Ich habe mich doch tagelang bemüht“, so überlegte ich, „die Auswirkung dieser materiellen Annahme von tierischem Magnetismus zu handhaben. Was sollte ich darüber hinaus noch tun?“ Dann kam es mir auf einmal ganz klar in den Sinn: „Ja, genau das habe ich getan — ich habe die Wirkung von etwas gehandhabt, aber nicht dieses Etwas selbst.“
Ich erkannte mit großer Klarheit, daß der fundamentale Irrtum bei jedem Fall von körperlicher Krankheit der Mesmerismus ist, der uns veranlaßt, die grundlegende Annahme zu akzeptieren, bewußt oder unbewußt, daß sich das Leben auf die Materie oder die Körperlichkeit gründe. Wenn man nur den Anspruch von Krankheit an sich, ihre Symptome und selbst noch die damit verbundenen sterblichen Gesetze handhabt, dann hauen wir nur die Äste oder Wirkungen dieses grundlegenden Irrtums ab und lassen die Annahme der jahrhundertealten, fundamentalen Ursache unberührt. Der tierische Magnetismus ist der menschliche Gegenpol oder das Gegenteil der göttlichen Wissenschaft allen Heilens. Er muß durch spezifische Behandlung auf seine Nichtsheit zurückgeführt werden.
An jenem Abend begann ich den grundlegenden Irrtum, tierischer Magnetismus genannt, mit allem, was dazu gehört, zu handhaben. Ich ließ mich in meiner Arbeit von dem Buch Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy leiten und erkannte zunächst, daß „der tierische Magnetismus. .. keine wissenschaftliche Grundlage [hat], denn Gott regiert alles Wirkliche, Harmonische und Ewige, und Seine Kraft ist weder tierisch noch menschlich“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 102;. Was aus dem Glauben an tierischen Magnetismus hervorgeht, kann also ebenfalls keine wissenschaftliche Grundlage haben. Es war klar, daß nur der tierische Magnetismus das Bild von einer kranken Person, die Behandlung brauchte, heraufbeschwor, die Patientin und ihre Angehörigen mit Einflüsterungen von Schmerzen und Furcht beunruhigte — ja selbst der Ausüberin einzureden suchte, daß der Fall noch nicht durch Wahrheit geheilt worden war. Ich hatte es nur mit einem einzigen aufgeblähten Irrtum zu tun, nicht mit einer Menge verschiedener Irrtümer, die gehandhabt werden mußten. Und diese Annahme von tierischem Magnetismus besaß nicht eine einzige Eigenschaft der Wahrheit.
Plötzlich wurde mir bewußt, daß die Macht der Wahrheit am Werke war; ich wußte, daß der Weg freigelegt war, so daß der heilende Christus sich voll auswirken konnte. Die Patientin fühlte es auch, und in kurzer Zeit war sie geheilt. Dadurch, daß ich mein besonderes Augenmerk auf den tierischen Magnetismus gerichtet hatte, wurde in der Behandlung die Macht der Wahrheit ausgelöst und deren Allerhabenheit demonstriert.
Das bedeutet nicht, daß es nicht zahllose Fälle schöner klarer Heilungen durch fast mühelose geistige Arbeit gibt, wenn sich ihnen kein Widerstand bietet. Jemand mag sogar fragen: „Warum müssen wir überhaupt den tierischen Magnetismus handhaben?“ Weil der tierische Magnetismus eine Annahme ist, die der Materie und der materiellen Schöpfung so das Wort redet, daß sie keine Wahrheit vertragen kann, die die Schöpfung als ausschließlich im und aus dem Geist offenbart. Er tritt besonders in zwei täuschenden Rollen auf: er stellt sich entweder als materielle Substanz, materieller Ursprung, organische Materie und Körperlichkeit zur Schau, oder er verbirgt sich als heimtückischer mentaler Widerstand gegen den Geist und alles Geistige. Er argumentiert sogar gegen die Resultate, die wir sehnlichst herbeiführen möchten. Wir müssen seine Heimtücke durchschauen und seine Wirkungen zerstören.
Auf welche Weise nun sucht der tierische Magnetismus die Heilung zu hindern?
Wenn jemand nicht auf die Behandlung reagiert — auf die Macht des Christus, der Wahrheit, an der wir für ihn festhalten —, können wir den Anspruch eines hindernden Einflusses nicht ignorieren. Dieses Hindernis, die Feindschaft des fleischlichen Gemüts gegen Gott und gegen das göttliche Gesetz des Christusheilens, das in unserer Bewegung am Werke ist, muß erkannt und im besonderen behandelt werden.
Würde es zum Beispiel genügt haben, wenn Jesus nur die sterbliche Annahme von Vergiftung und Schmerz zerstört hätte — durch die Nägel verursacht, die in ihn hineingetrieben wurden —, während es doch tatsächlich der Haß der Gegner der Wahrheit gegen Jesus selbst und gegen seine Lehren war, der in erster Linie jene Nägel in ihn hineingetrieben hatte? So müssen auch wir heute oft insbesondere den Haß gegen die Wahrheit und ihre Offenbarerin handhaben, ehe die körperliche Heilung voll in Erscheinung treten kann. Diese besondere Form des Irrtums ist einer der heimtückischsten Versuche des fleischlichen Gemüts, heute die volle Herrlichkeit der physischen Heilung in unserer Bewegung zu verhindern, und es möchte sogar die Auserwählten täuschen.
Es überrascht uns nicht, daß das geistige Heilen der Punkt ist, an dem der tierische Magnetismus unsere Religion angreift. Unsere geliebte Führerin, Mrs. Eddy, schreibt: „Die göttliche Idee nimmt in verschiedenen Zeitaltern verschiedene Formen an, je nach den Bedürfnissen der Menschheit. In diesem Zeitalter nimmt sie, weiser denn je, die Form des christlichen Heilens an.“ Vermischte Schriften, S. 370; Diese heilige Idee des geistigen Heilens, die Mrs. Eddy zum Eckstein ihrer geliebten Kirche gesetzt hat, ist das hervorragendste Geschenk, das der Welt seit dem Kommen Christi Jesu zuteil geworden ist. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß die Fortdauer unserer Religion und das Heil der ganzen Welt auf der Erhaltung dieser göttlichen Idee beruhen. Daher ist es nötig, daß wir den Angriff des fleischlichen Gemüts auf unsere Heilarbeit ganz klar erkennen und ihn mit größter Hingabe handhaben.
Wir wissen, die Offenbarung der Wahrheit durch unsere Führerin bedeutet die völlige Zerstörung des tierischen Magnetismus in allen seinen Formen. Aber der tierische Magnetismus, der von Anbeginn als Schlange dargestellt wurde, versucht noch immer, das Weib, seinen Zerstörer, in die Verse zu stechen, weil sein vermeintlicher scharfer Instinkt ihm sagt, daß das Weib, die geistige Idee der Liebe, ihm den Kopf zertreten wird, seine sogenannte Intelligenz völlig vernichten wird. In unserer Heilarbeit ist es daher wesentlich, es mit der Malpraxis gegen Mrs. Eddy, die die göttliche Idee darstellte, aufzunehmen. Dies ist ein wichtiger Teil unserer Aufgabe, dem tierischen Magnetismus entgegenzutreten, der sich nichts Geringerem als der heilenden Wahrheit selbst entgegenstellt. Ich bin absolut überzeugt, daß, wenn wir bei unserer Ausübung den Namen und die Stellung unserer Führerin mehr in den Vordergrund rücken und den Widerstand der Welt gegen ihre göttliche Mission wirkungslos machen, dies mehr als alles andere dazu angetan ist, gutes und schnelles Heilen zu fördern.
Ein Beispiel: Ich kenne eine Frau, die von schwerer Arthritis geheilt wurde, nachdem sie viele Monate verkrüppelt gewesen war und nicht hatte laufen können. Die Ausüberin hatte gebetet, um zu erkennen, daß keine Phase des tierischen Magnetismus ihr die Augen gegen das verschließen konnte, was noch berichtigt werden mußte. Sie wurde dazu geführt, der Frau eines der Bücher, betitelt We Knew Mary Baker Eddy, anzubieten, und erhielt eine scharfe Abweisung. „Nein, danke“, sagte die Patientin. „Ich höre nicht gern etwas über Mrs. Eddys Persönlichkeit.“
Dies zeigte der Ausüberin sogleich den Widerstand, der sich der christlich-wissenschaftlichen Behandlung entgegengestellt hatte. Sie vertraute auf die geistige Fähigkeit der Frau, die Wahrheit zu erkennen, und ging ohne Umschweife auf diesen Widerstand zu. Sie sprachen eine ganze Stunde lang über Mrs. Eddy, und als sich die Ausüberin zum Gehen erhob, begleitete die Patientin sie zur Tür. Innerhalb einer Woche ging sie einkaufen. Die Heilung war vollständig und von Dauer.
Diese Frau hatte die Botschaft in unserem Lehrbuch hoch geschätzt, aber niemals den Überbringer dieser Botschaft geliebt. Um die Verhärtung in ihrem Denken aufzulösen, die die Heilung so lange aufgehalten hatte, war es nötig, den Widerstand gegen den Botschafter zu brechen.
Der tierische Magnetismus ist der Annahme nach ein sehr vielseitiger Schauspieler. Er geht in unglaublichen Masken einher und will damit das Denken vom Hauptgegenstand ablenken. Er kann nicht nur als die eigene Reizbarkeit des Patienten auftreten, sondern auch als Druck von seiten verängstigter Angehöriger oder als geheimer Ärger desjenigen, der für den Patienten zu sorgen hat.
Es handelt sich hier in Wirklichkeit nicht um schwierige Menschen oder Umstände, sondern um versteckten tierischen Magnetismus, um mentalen Köder, durch den verhindert werden soll, daß die unmittelbare, heilende Macht des Christus, der Wahrheit, den Patienten erreicht. Unsere Führerin gibt uns hierzu eine hilfreiche Erklärung in ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für 1901. Sie sagt: „Die Menschen mögen selbstzufrieden der Einflüsterung der unhörbaren Lüge lauschen, ohne zu wissen, was ihnen schadet noch daß es ihnen schadet.“ Dann versichert sie: „Dieses mentale Gift könnte das Bewußtsein weder in physischer noch in sittlicher oder geistiger Hinsicht verwirren, trüben oder irreführen, wenn der einzelne wüßte, was am Werke ist und welche Macht er darüber hat.“ Message to The Mother Church for 1901, S. 20; Welch eine wunderbare Hilfe bedeutet es für unsere Heilarbeit, daß unsere Führerin den Irrtum so scharfsichtig enthüllt hat, so daß wir jetzt tatsächlich wissen, was am Werke ist und — noch wichtiger — welche Macht wir durch Gottes Liebe darüber haben!
Eins ist wichtig. Ausüber und Pflegerinnen sollten es sich niemals gestatten, mit diesen Umweltformen des tierischen Magnetismus ungeduldig zu werden, wie unangenehm sie auch sein mögen. Manchmal mag gerade die Haltung des Patienten gegenüber diesen Schwierigkeiten es dem Ausüber ermöglichen, die dem physischen Problem zugrunde liegenden mentalen Ursachen zu erkennen. Dann kann er sachlich und erbarmungsvoll gerade das handhaben, was gehandhabt werden muß, wobei es ihm nichts ausmacht, daß er nun gezwungen ist, in der Anwendung der Wahrheit und Liebe noch mehr ins einzelne zu gehen und noch sorgfältiger zu sein.
Es ist interessant, daß Jesus, als er hinging, um die Tochter des Jairus zu heilen, dem Mädchen erst dann gebot aufzustehen, nachdem er es gründlich mit den zudringlichen Argumenten des tierischen Magnetismus, die den Fall umgaben, aufgenommen hatte. „Er trieb sie alle hinaus.“ Luk. 8:54 [n. der engl. Bibel]. Hätte er nicht zunächst diese Unruhestifter zum Schweigen gebracht, so hätte das junge Mädchen den göttlichen Weckruf zum Leben nicht hören und darauf reagieren können. Daher ist es für den Ausüber zuallererst nötig, alle aufdringlichen Argumente zum Schweigen zu bringen, so daß der, der eine Erweckung nötig hat, das „stille sanfte Sausen“ der wissenschaftlichen Behandlung und der göttlichen Liebe deutlich hören kann.
Es ist bemerkenswert, daß unser Meister während seines heilenden Wirkens in diesem Fall und in vielen anderen Fällen den Hilfsbedürftigen aufsuchte. Der Ausüber sollte es niemals zulassen, daß ihn der tierische Magnetismus dazu überredet zu glauben, daß es in gewissen Fällen nicht nötig sei, Besuche zu machen, während es zum Schutz des Patienten und unserer Sache als äußeres Zeichen fachgemäßer Betreuung erforderlich sein mag. Es mag für ihn nötig sein, den relativen Ernst des Druckes zu erkennen, den das sterbliche Gemüt gegen den Fall ausübt, und festzustellen, was für die körperliche Pflege im einzelnen erforderlich ist. Er mag sogar den Patienten durch die hörbare Stimme der Wahrheit aufrütteln müssen. Es hat manch eines Patienten Herz für die Heilung gestärkt, wenn er die Liebe empfand, die einen Ausüber zu einem Besuch veranlaßte!
Wir sollten niemals dem tierischen Magnetismus Vorschub leisten, indem wir einem Fall nicht das volle Maß geistiger Fürsorge zuteil werden lassen, dessen er bedarf, besonders wenn ein Patient keine Fortschritte macht. Es sollte niemals zugelassen werden, daß der Patient durch das Gefühl, man sei sich über seinen Fall nicht im klaren, erschreckt oder entmutigt wird. Der tierische Magnetismus könnte ihm dann nämlich mit dem Argument kommen, daß er eine ärztliche Diagnose brauche. Solche Suggestionen sind in Wirklichkeit in dieser Weise zutage tretende Malpraxis gegen die Macht des heilenden Christus und keineswegs die Gedanken des Patienten. Der Christus ist der völlig angemessene Heiler; und wie Jesus uns zeigte, sind „Lüge“ und „Lügner“ Bezeichnungen, die spezifisch genug sind, um jede Krankheit herauszufordern und zu zerstören.
Ich habe in diesem Artikel einige der heimtückischen Phasen des tierischen Magnetismus erwähnt, die die herrlichen Heilungen zu verhindern suchen, deren unsere geliebte Kirche fähig ist. Wenn sie sofort und gründlich durch die Wahrheit herausgefordert werden, sind sie machtlos. Sie können nicht einen einzigen Heilungsfall berühren oder hindern, der uns übertragen werden mag, denn durch die große Liebe unserer Führerin zur Menschheit wissen wir jetzt genau, was am Werke ist und daß wir uneingeschränkte Macht darüber haben.
Lassen Sie uns also an die Arbeit gehen, in der göttlichen Gewißheit, daß die materielle Lüge, selbst wenn sie immer noch versucht, die geistige Idee des Heilens zu bekämpfen, uns alle nur dazu antreiben kann, uns zur vollen Höhe der Demonstration zu erheben und jedes Argument zu zerstören, das sich unserer Gotteserkenntnis entgegenstellen möchte. So werden wir der Welt die volle physische Wirkung des Christusheilens zeigen, das durch die Macht der Christlichen Wissenschaft in ihrer Mitte vor sich geht.
Das ist der göttliche und belebende Ruf, der heute an jeden von uns in unserer Heilarbeit ergeht.
