Nahum stammt aus einer Stadt mit Namen Elkosch, die vielleicht irgendeine Verbindung zum galiläischen Kapernaum — „Dorf des Nahum“ — hatte, obgleich sie noch nicht als mit ihm identisch betrachtet wird. Im Hebräischen ist sein Name verwandt mit „Trost“. „Ninive“, ruft er, „ist verwüstet; wer will Mitleid mit ihr haben? Und wo soll ich dir Tröster suchen?“ (Nah. 3:7.)
Nahum war im Grunde ein Dichter, der in glänzendem und lebendigem Stil die Zerstörung Ninives, der Hauptstadt Assyriens, beschrieb. Sein Buch von nur drei Kapiteln stellt eine Ode der Rache an Assyrien im allgemeinen und Ninive im besonderen dar.
Als ein leidenschaftlicher jüdischer Patriot ignorierte Nahum bei seiner Verurteilung der Verbrechen Assyriens völlig die Sünden seines eigenen Volkes. Aus diesem Grunde ist er heftig kritisiert worden. Hebräische Propheten früherer Zeiten brandmarkten fremde Völker beinahe ebenso hart wie Nahum, aber anders als er zögerten sie nicht, ein strenges Urteil über ihre eigenen Landsleute zu fällen, wenn sie es versäumten, Gottes Willen zu gehorchen.
Zephanja, ein Zeitgenosse Nahums, hatte den drohenden und wohlverdienten Untergang Ninives vorausgesehen, das, so schrieb er, „öde ..., dürr wie eine Wüste“ (Zeph. 2:13) werden würde; Nahum aber schrieb darüber in unmittelbarer Erwartung seiner Zerstörung, die sich im Jahre 612 v. Chr. zutrug.
Was waren die Hintergründe für Nahums beharrliche Beteuerungen, daß Ninive ausgelöscht werden müßte? Um sie zu verstehen, müssen wir uns an den langen und schrecklichen Einfluß des assyrischen Imperiums auf das hebräische Volk erinnern.
Die Stärke der Assyrer in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Hebräern und ihrer Landesreligion zeigte sich schon 721 v. Chr., als das Heer Sargons II Samaria, die Hauptstadt des nördlichen Israel, vernichtete. Auch das südliche Königreich Juda wurde hart bedrängt. Gegen Ende dieses 8. Jahrhunderts konnte selbst Jesaja von Jerusalem wenig tun, um seine Landsleute davon abzubringen, sich der heidnischen Religion der Assyrer, deren Vasallen die Juden im Grunde genommen wurden, zu fügen. Aber Jesaja hielt fest an seinem Glauben, daß sein Volk von der Vorherrschaft Assyriens befreit werden würde (siehe Jes. 37:33–35); und obschon das Heer Sanheribs, des Königs von Assyrien, sogar die Tore Jerusalems erreichte, zog es sich glücklicherweise zurück (siehe 2. Kön. 19:35–37).
Am Anfang des Buches Nahum macht uns ein alphabetisches Gedicht mit seinem Hauptanliegen bekannt, der Bestrafung Ninives. Gott, so versichert uns der Dichter, hat alle Macht zu Seiner Verfügung, ob in der Natur oder unter den Menschen. Berge und Hügel erzittern vor Ihm; das Meer, Flüsse, Stürme und Wolken unterstehen der göttlichen Herrschaft (siehe 1:3–5). Doch bei aller Verurteilung der heidnischen Macht hält der Dichter inne, um eine hoffnungsfrohe und erwartungsvolle Botschaft für sein Volk niederzuschreiben: „Der Herr ist gütig und eine Feste zur Zeit der Not und kennt die, die auf ihn trauen“ (Vers 7).
In einem besonders lebendigen poetischen Abschnitt beschreibt Nahum dann in seinem Buch das Aufgebot an Natur und Menschen, das gegen Ninive beim Fall der Stadt wirksam wurde: leuchtende Fackeln in den Straßen, umstürzende Bäume, glänzende Kriegswagen, Überflutung des Tigris — alles hatte an der Zerstörung Anteil (siehe 2:4–7). Schließlich war Ninive dahin! Nahum brachte zum Ausdruck, wie sehr sich das Gewissen der ganzen Menschheit empört, wenn sie einer solchen Unterdrückung wie der durch Assyrien ausgesetzt ist.
Trotz der Schärfe, mit der Nahum die Grausamkeit Ninives verurteilt, sind es so inspirierte Worte wie die folgenden, die der Botschaft dieses Buches Fortdauer verleihen: „Der Herr ist geduldig und von großer Kraft“ (1:3), und Worte, die später vom Zweiten Jesaja zitiert werden sollten (siehe Jes. 52:7): „Siehe auf den Bergen die Füße eines guten Boten, der da Frieden verkündigt!“ (Nah. 2:1.)
Habakuk war ein Zeitgenosse Jeremias. Der größte Teil seines Buches wurde gegen Ende des 7. Jahrhunderts verfaßt, wahrscheinlich zur Zeit Jojakims. Die sittlichen, sozialen, politischen und religiösen Zustände, denen sich Habakuk gegenübergestellt sah, warfen viele Fragen für ihn auf.
Beinahe die einzige persönliche Kenntnis, die wir über Habakuk besitzen, ist sein ungewöhnlicher Name, dessen Sinn ungewiß ist, wenn auch viele ihn als „Umarmung“ gedeutet haben.
Habakuks kurzes Buch, das ebenfalls aus drei Kapiteln besteht, vermittelt ein klares Bild von der Aufrichtigkeit und der geistigen Tiefe der Gedanken des Propheten. Auch er war sowohl Prophet wie Dichter und in gewisser Hinsicht auch Philosoph, der sich darum bemühte, die Probleme der Zeit in bezug auf sich selbst und auf seine Landsleute zu verstehen. Er warf schwierige Fragen auf, die ihm Kopfzerbrechen und Sorgen bereiteten.
Habakuk beginnt sein Buch mit einer Herausforderung an Gott selbst. „Herr“, ruft er, „wie lange soll ich schreien, und du willst nicht hören? Wie lange soll ich zu dir rufen: ‚Frevel!‘, und du willst nicht helfen? Warum läßt du mich Bosheit sehen und siehst dem Jammer zu? Raub und Frevel sind vor mir; es geht Gewalt vor Recht... Der Gottlose übervorteilt den Gerechten“ (Hab. 1:2–4).
Der Prophet legte damit seinen Zeitgenossen ein Problem vor, das in späteren Jahrhunderten wieder auftreten sollte. Hatte Gott sie vergessen? Hatte Er jene verlassen, die noch immer an dem Glauben ihrer Väter festhielten?
Habakuks Frage lautete im Grunde so: Wie sollte er Gottes gerechte Herrschaft mit dem scheinbaren Triumph des Bösen in Einklang bringen? Hier scheint ein hebräischer Prophet offenbar zum erstenmal in der biblischen Weissagung es gewagt zu haben, die Rechtfertigung Gottes angesichts des Bösen in der Welt, die naturgemäße Unparteilichkeit und Gerechtigkeit der Rechtsprechung Gottes in Zweifel zu ziehen.
Als Antwort auf die Fragen Habakuks erklärt der Herr Seinen Plan. Zugegeben, die Chaldäer (oder Babylonier) waren „ein grimmiges und schnelles Volk ... grausam und schrecklich... Ihre Rose sind ... bissiger als die Wölfe am Abend“ (1:6–8), aber sie wurden als Seine Vertreter gebraucht. Sie sollten nicht nur die Vergehen der Assyrer bestrafen, sondern sogar die des auserwählten Volkes, denn das Volk in Juda bedurfte ebenso der Strafe. Der Prophet hatte eine bemerkenswerte Vision von der Ewigkeit und Vollkommenheit der Gottheit, denn wir lesen die denkwürdigen Worte: „Bist nicht du, Herr, von alters her mein Gott, mein Heiliger?“, gefolgt von der herrlichen Zusicherung: „Nein, wir werden nicht sterben!“ (Vers 12, Mengebibel) und einer klaren Darlegung der göttlichen Reinheit: „Deine Augen sind zu rein, als daß du Böses ansehen könntest“ (Vers 13).
Zu Beginn des zweiten Kapitels wartet Habakuk auf seinem Wachtturm gespannt auf eine Botschaft von Gott. Er erhielt sie mit genauen Anweisungen: „Schreib auf, was du geschaut hast, deutlich auf eine Tafel, daß es lesen könne, wer vorüberläuft!“ (Vers 2.) Der grundlegende Inhalt der Botschaft wird dann dargelegt: „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben“ (Vers 4) — bekannte Worte, auf die sich ein großer Teil der Lehren des Apostels Paulus gründet.
Ein alter Kommentar, der unter den Schriftrollen vom Toten Meer gefunden wurde, befaßt sich recht ausführlich mit den in Habakuks Buch erklärten fünf Wehrufen über die Chaldäer: Brandmarkung ihrer Gier, Habsucht, Grausamkeit, Entartung und Abgötterei (siehe 2:6–19).
Das letzte Kapitel schreibt dem Propheten ein schönes und in hohem Maße geistiges Gedicht oder Gebet zu, das möglicherweise verfaßt worden ist, um im Tempel von Jerusalem Verwendung zu finden, der zur Zeit Habakuks noch stand, also vor dessen Zerstörung durch die Chaldäer im Jahre 586 v. Chr. Ein Beispiel für die inspirierte Schönheit der Gedanken und Erwartungen Habakuks finden wir im zweiten Kapitel in diesen erhabenen Worten: „Die Erde wird voll werden von Erkenntnis der Ehre des Herrn, wie Wasser das Meer bedeckt“ (Vers 14).
