Als Simon Petrus erkannte, daß es der Christus war, der die gewaltigen Taten Jesu wirkte, die die Umwelt so beeindruckten, sagte er zu Jesus: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ Matth. 16:16;
Bis dahin hatte in der Gotteserkenntnis immer noch die Vorstellung einer Zweipoligkeit vorgeherrscht — dort Gott und hier der Mensch, dort der Himmel und hier die Erde. Diese Trennung wurde nun aufgelöst durch die Offenbarung der revolutionären Christus- Idee, die Gott als unendliche Grundursache und den Menschen als Ausdruck oder Wirkung dieser Ursache enthüllt. Nun ist der Eingang in das Allerheiligste frei. Im Brief an die Epheser sagt Paulus: „Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines hat gemacht und hat abgebrochen den Zaun, der dazwischen war.“ Eph. 2:14;
Ist unser Denken immer frei von Zweipoligkeit? Sehen wir uns von Gott getrennt, als Sterbliche, die zu Gott hinstreben, anstatt als Unsterbliche, als Gottes Kinder, die mit ihm auf ewig verbunden sind? Der Mensch hat nicht zwei Gemüter, ein sterbliches und ein unsterbliches. Es gibt nicht zwei Welten, eine materielle und eine geistige. Vielmehr gibt es nur ein Gemüt, und das ist unsterblich, nur ein Universum, und das ist geistig. Das sogenannte sterbliche Gemüt ist eine Illusion, keine Tatsache. Die scheinbare materielle Welt ist eine Täuschung der physischen Sinne. Das sterbliche Gemüt und seine Kundwerdung in dem, was wir die materielle Welt nennen, ist eine Fälschung der geistigen Tatsache und Aktualität des geistigen Seins.
Die Verbindung zwischen Gott und dem Menschen besteht für immer. Das geistige Verständnis von dieser Verbindung, die durch Christus, die Wahrheit, die wahre Idee der Sohnschaft, enthüllt wurde, ist der petros, oder der Fels, auf dem Christus Jesus seine Kirche errichtete. Im Matthäusevangelium heißt es: „Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde.“ Matth. 16:18;
Das hier mit Gemeinde wiedergegebene Wort ist die Übersetzung des griechischen Wortes „ecclesia“, von dem unser Wort „Kirche“ abgeleitet ist. Die Gemeinde derer, die das geistige Verständnis von Christus, der Wahrheit, haben, stellt die menschliche Kirche dar. Die wahre Kirche, die geistige Idee, besteht nicht aus einer Anzahl von Personen, sondern aus all dem, was seinen Ursprung in Gott hat. Das Verständnis von der geistigen Idee, der Kirche, demonstriert die Zusammengehörigkeit der Kinder Gottes.
Das Christus-Denken teilt die Menschen nicht in Christliche Wissenschafter und solche ein, die es werden oder nicht werden wollen. Alle sind ausnahmslos Kinder Gottes. In Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy heißt es: „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Heiland Gottes eigenes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 476; Durch Christus demonstrieren wir die Unwirklichkeit des Bösen. Die Allheit Gottes schließt die Möglichkeit aus, daß etwas Ihm Entgegengesetztes vorhanden ist.
In der absoluten Wahrheit gibt es nicht viele Kirchen, die einander Konkurrenz machen. Viele sich voneinander unterscheidende Konfessionen gründen sich auf den alten theologischen Glauben, daß der Mensch gefallen und ein armer Sünder sei. Solch ein Glaube hat nichts mit der ecclesia zu tun, die auf den Felsen gebaut ist, auf die Erkenntnis, daß der Mensch nicht gefallen, sondern der Sohn, das Kind Gottes ist. In der Wissenschaft ist der Mensch die ununterbrochene Widerspiegelung des göttlichen Gemüts, das vollkommen ist und nichts erschafft, was unvollkommen werden könnte.
Die Christliche Wissenschaft erkennt ohne Einschränkung den vollkommenen, zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffenen Menschen an. Sie erklärt die Unwirklichkeit, die illusorische Natur des falschen Anspruchs von einem gefallenen Menschen und einem materiellen Universum, die dem unendlichen Geist entgegengesetzt sind.
Die Kirche Christi, Wissenschafter, steht nicht in Konkurrenz mit anderen Kirchen. Wenn wir uns darüber klar sind, dann wird es auch nicht schwer sein, dies den Kindern in der Sonntagsschule klarzumachen, wenn sie auf die Konfirmation ihrer Freunde in der evangelischen Kirche zu sprechen kommen. Jegliche Vorstellung von Konkurrenz auf diesem Gebiet ist nichts als der falsche Anspruch von vielen Gemütern. Das göttliche Gemüt allein wirkt und herrscht.
Jeder einzelne Mensch ist in der wahren Kirche einbegriffen; jeder hat seine Rolle in dieser geistigen Gemeinschaft. Wenn war unseren Platz in dem finden, was Kirche geistig bedeutet — dem „Bau der Wahrheit und Liebe“ S. 583;, wie Mrs. Eddy in ihrer Definition im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit sagt —, werden wir unseren Platz in der menschlichen Gesellschaft, in der Familie, im Heim, im Beruf, als Bewohner einer Stadt, als Staatsbürger und so weiter finden. Der Platz, den wir in der Kirche einnehmen, läßt unsere wahre Individualität durchblicken. Wenn wir unseren Platz in der menschlichen Kundwerdung der Kirche, das heißt in der Organisation unserer Bewegung, vernachlässigen, dann vernachlässigen wir tatsächlich einen Teil unserer wahren Individualität.
Die Organisation bringt das zum Ausdruck, was wir menschlich von dem wahren Begriff von Kirche verstehen. Inwieweit sie gut oder unzulänglich ist, hängt davon ab, ob unsere Gedanken sich vom materiellen zum geistigen Begriff von Kirche erhoben haben. Unsere Führerin, Mrs. Eddy, war göttlich inspiriert, als sie das Kirchenhandbuch Der Mutterkirche schrieb, um unsere Schritte zu leiten und die Organisation zu schützen. Der Christliche Wissenschafter, der das geistige Verständnis von Kirche hat, wie es Mrs. Eddy offenbart wurde, erstreckt seine Treue ganz natürlich auch auf die Offenbarung des Kirchenhandbuches. Die Organisation ist notwendig, um den geistigen Begriff von Kirche in uns zur Entfaltung zu bringen und um der Menschheit die offenbarte Wahrheit darzubieten.
Haben nicht die meisten von uns die Christliche Wissenschaft durch ihre Organisation kennengelernt? Ohne die Organisation gäbe es keine Gottesdienste oder Mittwochabend-Versammlungen, keine Sonntagsschule, keine Schriftenverteilung, keine christlich-wissenschaftliche Zeitschriften, keine Lesezimmer und keine Vorträge.
In der historischen Skizze im Handbuch heißt es: „Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Mass., soll sich auf den Felsen, Christus, gründen, ja auf die Erkenntnis und Demonstration der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe, die die Welt von Sünde und Tod heilen und erlösen; dadurch soll sie in gewissem Grade die universelle und triumphierende Kirche widerspiegeln.“ Kirchenhandb., S. 19.
Wenn wir aus der Organisation herausgewachsen sind, wird sie verschwinden. Die kämpfende Kirche wird dann die triumphierende Kirche werden. Um aber aus der Organisation herauszuwachsen, müssen wir erst den Zweck erfüllen, zu dem sie gegründet wurde. Die Aufgabe der kämpfenden Kirche muß ausgeführt sein. In dem Maße, wie sich das Denken über die Materialität erhebt, werden wir die geistige Idee von Kirche wahrnehmen, und keine Suggestion von etwas Unvollkommenem oder Gott Unähnlichem wird sich unserem Denken darbieten.
