Viele Krankheiten entspringen einem Versagen auf dem für die Funktion des Menschen wesentlichen Gebiet, das wir als Liebe kennen. Wenn man anscheinend nicht mehr das Gefühl hat, geliebt zu werden, oder glaubt, keinen Grund zu haben, jemanden zu lieben, oder überhaupt die Fähigkeit verliert, zu lieben, geht etwas im Körper vor sich, das oft, direkt oder indirekt, zu Krankheit führt.
Die meisten Religionen, besonders die christlichen, lehren die Liebe zum Nächsten, und diejenigen, die krank werden und beten, um gesund zu werden, stellen oft fest, daß ihre Gebete erhört wurden, indem sie eine stärkere Liebe zu den Menschen um sie her empfanden. Aber die Christliche Wissenschaft geht mit einer anderen Einstellung an das Problem desjenigen heran, der mehr lieben muß.
Wer sich an diese Religion um Heilung wendet, findet, daß es ohne Liebe kein wirkliches Bewußtsein vom Leben gibt. Leben ist Liebe — beides sind Synonyme für Gott. Und wenn man sich des göttlichen Lebens bewußt ist, ist man sich der Quelle und des Schöpfers der eigenen Existenz als Einzelwesen bewußt. Hierin findet man seine Gesundheit. Und wenn die Gesundheit dahin zu sein scheint, findet man hierin seine Heilung.
Ein Kranker befindet sich oft in einer scheinbar hilflosen Situation. Irgend etwas scheint seine Bemühungen, Liebe zum Ausdruck zu bringen, zu blockieren; und obwohl er weiß, daß er jemanden, oder jeden, lieben sollte, ist es ihm einfach nicht möglich. Und wenn jemand darauf besteht, daß er seine Heilung erlangen könnte, wenn er nur mehr lieben würde, wird es schlimmer anstatt besser. Hier kommt uns die wissenschaftliche Einstellung zu Hilfe.
Die Bibel stellt die rhetorische Frage: „Haben wir nicht alle einen Vater? Hat uns nicht ein Gott geschaffen?“ Mal. 2:10; Hier haben wir die wissenschaftliche Wahrheit, die, im Licht der Christlichen Wissenschaft gesehen, den Patienten wie auch den Ausüber, der ihm helfen mag, befähigt, zu entfernen, was immer ihn hindert, Liebe auszudrücken.
Leben und Liebe sind das eine Gemüt des Menschen. Dieses Gemüt ist der Schöpfer, nicht eines physischen Wesens, sondern des einzigen, was das Gemüt hervorbringen kann, nämlich Ideen. Mary Baker Eddy erklärt in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, was der Mensch ist. Sie sagt dort unter anderem: „Der Mensch ist Idee, das Bild der Liebe; er ist kein körperlicher Organismus.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 475; Der Christliche Wissenschafter tritt an eine Krankheit, die mit Mangel an Liebe zu tun hat, mit weit mehr als einer Ermahnung zu lieben heran. Er erkennt und vergegenwärtigt sich das eine Gemüt, das Liebe ist und das der Mensch widerspiegelt.
Dies verlegt das menschliche Bild von einer Person, die das Gefühl hat, nicht geliebt zu werden, oder die nicht lieben kann und deshalb krank ist, in den Bereich der falschen Annahme. Das all-intelligente Gemüt schafft nicht solch ein Bild, noch bringt es jemals einen Menschen in solch eine Lage. Der Christliche Wissenschafter verwirft sowohl den Mangel an Liebe wie auch die Krankheit und behauptet unter Gebet, daß nichts anderes als das eine Gemüt, die unendliche Liebe, das Sein dieses Patienten ausmacht.
Weil die Behauptung wahr ist, wirkt das Wissen um diese Wahrheit als Gesetz für das menschliche Bewußtsein — nicht nur für das Bewußtsein des Patienten, sondern individuell und kollektiv für das Bewußtsein jedes einzelnen, den es betrifft — und berichtigt die Annahme. Weil die Annahme falsch ist, verschwindet sie dann und wird durch die Wahrheit ersetzt. Der Patient entdeckt, daß seine normale Funktion als eine liebevolle Idee des einen Gemüts niemals wirklich unterbrochen war, und an die Stelle des körperlichen Zustands, der sich entwickelt zu haben schien, tritt ein gesunder Zustand.
In vielen Fällen wurden Menschen geheilt, wenn sie an die Selbstlosigkeit Christi Jesu dachten: an die Liebe, die er in dem Leben, das er lebte, bewies — durch seine Lehren und seine Bereitwilligkeit, sich kreuzigen zu lassen, damit wir das Wesen der Liebe verstehen lernten. All dies gibt jedem, der sein Denken ehrlich darauf richtet, einen neuen Ausblick. Aber die Wissenschaft dieser Tatsachen liegt in der Einheit des Gemüts, und ein Verständnis von dieser Wissenschaft befähigt uns, die Wahrheit von dem einen Gemüt zur Heilung eines jeden Zustandes, in dem es an Liebe zu fehlen scheint, anzuwenden.
Wie nutzlos ist es doch, bei dem Versuch, dem Krieg ein Ende zu setzen, darauf zu bestehen, daß Menschen, die einander hassen, einander lieben müßten, wenn wir nicht an das Problem, die Menschen dahin zu bringen, einander zu lieben, mit einem Verständnis von der Wissenschaft der Liebe herantreten! In dieser Wissenschaft ist Liebe Gemüt und Gemüt Liebe, ist Liebe Leben und Leben Liebe. Es gibt nur ein Gemüt, ein Leben, eine Liebe. Feindseligkeit zwischen Ideen des einen Gemüts wäre nur möglich, wenn dieses Gemüt gestört wäre, und das ist unmöglich. Gemüt ist Prinzip. Der Mensch ist die vollkommene Idee des Gemüts.
Gebet, das diese Tatsachen anerkennt, macht die Annahme von Mangel an Liebe null und nichtig. Es ist wirksam. Gebet, das nur hofft, daß die Menschen vom Haß zur Liebe übergehen, bedient sich nicht der Macht der Wahrheit über die falsche Annahme. Es ist unwirksam.
In jeder Situation, wo Krankheit vorhanden ist — ganz gleich, ob die Krankheit ein körperliches Leiden, ein örtlicher Konflikt oder ein Krieg genannt wird —, haben wir eine Gelegenheit, wissenschaftlich zu beten. Wir können alles verneinen, was sich als ein Anspruch von mehr als dem einen Gemüt darbietet, oder von einem Gemüt, das weniger als göttliches Leben oder göttliche Liebe ist. Und wir können die Einheit des Gemüts und den vollkommenen, gesunden, liebevollen Ausdruck dieses Gemüts als den einzig wirklichen Menschen geltend machen.
Mrs. Eddy beschreibt das Ergebnis solchen Gebets mit folgenden Worten: „Mit einem Vater, nämlich Gott, würde die ganze Familie der Menschen Brüder werden; und mit einem Gemüt, und zwar Gott oder dem Guten, würde die Brüderschaft der Menschen aus Liebe und Wahrheit bestehen und Einheit des Prinzips und geistige Macht besitzen, die die göttliche Wissenschaft ausmachen.“ S. 469, 470.
