Viel Leiden, für die Gesamtheit wie für den einzelnen, kommt von dem Einfluß zurückliegender sterblicher Gedanken. Die Probleme der Welt — Rassenkonflikte, heftige Proteste der Jugend, Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern — haben ihre Wurzel in Fehlern und Übeln der Vergangenheit. Die Bibel sagt uns: „Gott läßt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Gal. 6:7;
Unsere Welt braucht Hilfe. Wie können wir beten, um Wunden, die der Gesamtheit oder einzelnen Menschen in der Vergangenheit zugefügt wurden, zu heilen? Können wir eine vollkommene Heilung, die keine Narben hinterläßt, erwarten? Haben wir begründete Hoffnung auf eine Zukunft, frei von den drohenden Schatten der Furcht und des Hasses?
Gott, der in der Christlichen Wissenschaft als das göttliche Gemüt verstanden wird, das alles einschließt, was wirklich besteht, kennt nur, was Er geschaffen hat — den göttlichen Begriff. Das allerhabene, unendliche Sein könnte niemals von etwas Kenntnis haben, was Ihm unähnlich ist. Gerade in dem Augenblick — vor Jahrhunderten oder letzte Woche —, wo der sterbliche Sinn einen falschen Zustand darbot, kannte Gott nur die wahre Idee von dem, was sich darbot. Gott, die Wahrheit, verlangt, daß auch wir anstelle scheinbarer Niedertracht, Unwissenheit oder Dummheit die Wahrheit Seiner Gegenwart und Tätigkeit anerkennen. Auf diese Weise fordert Gott, daß wir Seinen Begriff von allem, was zu irgendeiner Zeit geschieht, akzeptieren und die Wirklichkeit und Wirksamkeit jeder irrigen Annahme ablehnen.
Die Christlichen Wissenschafter können zweifellos das Gebet geistigen Verständnisses beten: daß Gott gut ist und allezeit gut gewesen ist; daß Er alles wahre Bewußtsein und alle wahre Tätigkeit ist und immer gewesen ist; daß Er die Wahrheit ist und Wahrheit alles Böse vertilgt, sei es in der Vergangenheit oder in der Gegenwart.
Das Böse ist weder eine Person noch ein Zeitalter, noch ein System. Es ist das angebliche Gegenteil des göttlichen Prinzips, Gottes, des völlig Guten. Das Böse der Vergangenheit — sei es nun Grausamkeit, Unehrlichkeit, Herrschsucht, Diskriminierung, Mangel an Ehrlichkeit, Selbstsucht, Aufsässigkeit, Habsucht, Ausbeutung, Rücksichtslosigkeit oder Furcht — ist das eine angebliche Böse, das nichts Gutes in sich hat, keine Wahrheit, und folglich in Wirklichkeit keine Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.
Der Glaube an die Wirklichkeit und Macht des Bösen, der sich über die Jahrhunderte so fest eingegraben hat, ist der Feind, der überwunden werden muß. Da Gott, Gemüt, ewig und gut und Alles ist, muß Er alles gewesen sein, was zu irgendeinem Zeitpunkt in der Geschichte in Wahrheit gegenwärtig war. Mary Baker Eddy sagt uns: „Weil auf dieser Zeit der Fluch eines bösartigen, lauernden Feindes der menschlichen Wohlfahrt ruht, sollten jene, die die treuesten Freunde der Menschheit sind und gewissenhaft in ihrem Streben, recht zu tun und ein reines christliches Leben zu führen, im Gutestun noch viel eifriger, sorgsamer und wachsamer sein.“ The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 213;
Der sterbliche Mensch hat die Saat seiner Unwissenheit über die Macht und Erwünschtheit des Guten ausgesät und davon geerntet. Das Gebet, das den Samen und das Wachstum des Bösen verdrängen kann, ist das Gebet demütiger und reuevoller Änderung des Denkens. Es erkennt das Böse als das an, was es gewesen zu sein und getan zu haben beansprucht, und übernimmt die Verantwortung für Wiedergutmachung und Heilung. Um Heilung zu bewirken, sollten wir aufrichtig und reuevoll die Vergangenheit Gott überlassen.
Das Böse hat nicht verschiedene Seiten ― beherrschen und beherrscht werden, zuviel und nichts besitzen, eine unharmonische Vergangenheit und auch eine unharmonische Gegenwart haben. Es gibt nur das eine Böse, das mutmaßliche Gegenteil des einen Guten und somit die mutmaßliche Abwesenheit des Guten. Durch das Verständnis dieser geistigen Tatsachen können wir die Zuversicht gewinnen, daß die Übelstände der Vergangenheit und ihre Auswirkungen in der Gegenwart im menschlichen Denken und daher im menschlichen Leben ausgelöscht werden können und daß die beständige Entfaltung des Menschen in seiner wahren Selbstheit offenbart werden kann.
Die Irrtümer der Vergangenheit durch kalte, intellektuelle mentale Vorgänge zu ersetzen hat keine Heilkraft. Sie sind vielmehr die Zugluft der Überheblichkeit, die die Flamme des Protests anfacht. Wir bedürfen des Gebets, das die göttliche Liebe und ihre Wirksamkeit mehr als alles andere liebt, die Wirksamkeit, die die menschliche Not stillt. Wir müssen erkennen, daß die göttliche Weisheit und Urteilskraft die Geschichte unserer Tage beherrscht, müssen erkennen, daß der eine Gott, das eine Gemüt, die Entscheidungen der Protestierenden und der öffentlichen Einrichtungen zum allgemeinen Guten leitet und regiert.
Als „die treuesten Freunde der Menschheit“ und in dem „Streben, recht zu tun“, fragen wir uns, wie wir unser Denken in bezug auf die weltweiten Probleme wie Rassenkonflikte, industrielle Auseinandersetzungen, zerstörerische Proteste der Jugend — in unserem Bemühen, sie zu heilen — umwandeln können. In Wissenschaft und Gesundheit sagt uns Mrs. Eddy: „Da das sogenannte sterbliche Gemüt oder das Gemüt der Sterblichen die mittelbare, vorbereitende und erregende Ursache allen Leidens ist, muß die Ursache der Krankheit durch Christus in der göttlichen Wissenschaft vernichtet werden, sonst werden die sogenannten physischen Sinne den Sieg davontragen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 230;
Es ist der Christus, der das Feld behält. Der Christus, die wahre Idee Gottes, erleuchtet das menschliche Bewußtsein und offenbart nur den wahren Einfluß, den Einfluß der göttlichen Liebe, als das, was immer da gewesen ist. Der Christus muß verstanden und zum Ausdruck gebracht werden. Er kann nicht sozusagen herbeigerufen werden, um eine schwierige Situation zu meistern, es sei denn, wir lieben ihn und bringen ihn täglich in unserem Leben zum Ausdruck.
Um vergangene Ängste, Verstimmungen und Sorgen auszulöschen, müssen wir die Ewigkeit des Christus bejahen, und wir müssen mit unserer eigenen Lebensgeschichte beginnen. Wie können wir beten, um die Nachwirkungen vergangener Grausamkeiten, sagen wir des neunzehnten Jahrhunderts, auszulöschen, während wir an dem festhalten, was für unser Empfinden in unserem eigenen Leben grausam und einschränkend gewesen ist? Wenn wir diesen geistigen Gesichtspunkt des Christus gewinnen — mag es auch harte Arbeit verlangen —, dann ebnet dies den Weg für ein tieferes Verständnis von der Wahrheit als der Macht Gottes, die im menschlichen Bewußtsein in der Vergangenheit genauso aktiv war, wie sie es in der Gegenwart ist.
Durch geistiges Verständnis gibt uns der Christus die Fähigkeit, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben, natürlich und aufrichtig. Ohne dieses grundlegende Verständnis und die Entschlossenheit, es Schritt für Schritt in unseren persönlichen Erfahrungen zu beweisen, ist unser Gebet um die Wiedergutmachung der Fehler in der menschlichen Geschichte bedeutungslos.
Christus Jesus stand mit beiden Füßen in dieser Welt. Er war Handwerker, ein guter Zimmermann. Er beteiligte sich an geselligen Zusammenkünften. Wir haben sogar Berichte, daß er an überreicher Gastlichkeit teilhatte. Aber er vergaß niemals, wer und was er war. Er pflegte sich in die Stille zurückzuziehen, um sich an der Vergegenwärtigung des Christus und der immergegenwärtigen Wirklichkeit des Reiches Gottes zu erfrischen. Diese Wirklichkeit hebt den menschlichen Begriff von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf.
Durch die Erleuchtung des Christus im menschlichen Bewußtsein, dem sterblichen Gemüt, wird „die mittelbare, vorbereitende und erregende Ursache allen Leidens“ ausgelöscht. Es obliegt dem Christlichen Wissenschafter, die Verantwortung für gebeterfüllte, konsequente Änderung des Denkens hinsichtlich zurückliegender kollektiver und individueller Irrtümer in der Geschichte der Sterblichen zu übernehmen; er sollte täglich um die Christlichkeit beten, die Licht in das menschliche Bewußtsein bringt und zurückliegende Irrtümer auslöscht. Dasselbe Licht offenbart die Art und Weise, in der die göttliche Liebe die menschliche Not stillt. Wir brauchen unsere ruhigen Stunden für diese Gemeinschaft mit der ewigen Wirklichkeit und Einzigkeit des einen Gottes, der göttlichen Liebe.
Die Macht des Christus ist der Erlöser der Welt. Die Liebe, die sie im menschlichen Herzen entfacht, macht von Unterdrückung und Schuld, von Verwirrung, Zweifel und Furcht frei. Sie offenbart die göttliche Liebe als das göttliche Prinzip des Seins, das in jedem menschlichen Herzen tatsächlich am Wirken ist. Die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gehören dem göttlichen Prinzip des Seins an. Wissenschaft und Gesundheit erklärt: „Dieses Prinzip macht die Kranken gesund und bringt die bleibenden und harmonischen Phasen der Dinge ans Licht.“ S. 487.