Ein Lesezimmer, das jeden anspricht
Das ganze Geheimnis des erfolgreichen neuen Lesezimmers Zweiter Kirche Christi, Wissenschafter, Palo Alto, Kalifornien, ist, daß es jeden anspricht. Auf diese Weise zeigen die Kirchenmitglieder ihrem Gemeinwesen, daß die Christliche Wissenschaft nicht etwas ist, was hinter verhangenen Fenstern versteckt werden muß, sondern daß sie eine strahlende, anregende, aufgeschlossene und bahnbrechende Religion ist. Sie vermitteln diese Botschaft anschaulich, und sie geben ihr Rückhalt durch einen Lesezimmer-Mitarbeiterstab, der geistig wachsam, weise in seinem Kontakt mit dem Publikum und freundlich ist.
Das Lesezimmer sieht einladend aus. Es hat viel Glas, und die Eingangstür wird häufig offengelassen. Manche Mitglieder waren gespannt, ob die Leute dort wohl würden studieren wollen. Würde es zu sehr die Wirkung eines „Aquariums“ haben? Aber sie hatten einen kühnen Plan, und sie wußten, daß es der richtige war. Das bestätigte sich.
Sie legten das Lesezimmer für die Menschen an, die in der Umgebung wohnen. Es ist nicht allzu weit von der Stanford-Universität entfernt, in einem kleineren Geschäftsbezirk, unmittelbar neben einem Industriegelände gelegen, wo es viele Geschäftsleute gibt, mit einer guten Nachbarschaft, die aus Farbigen und anderen Leuten und vielen Studenten besteht. Es befindet sich in einer Laufgegend, und der Straßenverkehr nimmt ständig zu. Weil die Studenten und anderen jungen Leute einen großen Prozentsatz der Bevölkerung dieses Stadtteils ausmachen, wurde der Leseraum mit „großen Mengen leuchtender, kräftiger, anregender, lebhafter, satter Farben“ gestrichen. „Er ist bestimmt zeitgemäß!“ sagt der Bibliothekar.
Ihre Pläne schlossen alle Einzelheiten ein. Würde der Verkaufstisch eine Trennwand zwischen dem Bibliothekar und Besucher aufrichten? Würde ein Schreibtisch den Zweck nicht ebensogut erfüllen? Würde ein Mann, der in einer beschmierten Arbeitshose vorbeigeht, eher hereinkommen, wenn wir bequeme, aber mit leicht abwaschbarem Material bespannte Klappstühle hätten anstatt feudale Polstersessel? Würden vorübergehende Studenten sich vom Konzept eines Buchladens und einer wissenschaftlichen Bibliothek angesprochen fühlen?
Wenn der Besucher den Verkaufsraum betritt, stößt er auf einen Tisch, wo der Christian Science Monitor gelesen werden kann. Er ist ständig besetzt, insbesondere von Besuchern, die zum ersten Male kommen und die offenbar meinen, auf diese Weise „drin“ zu sein, ohne das Gefühl zu bekommen, sich zu einem Interesse für die Christliche Wissenschaft „verpflichtet“ zu haben. Der Lesezimmer-Mitarbeiter sitzt am Schreibtisch, hinten im Verkaufsraum, gern zur Stelle, ohne aber zu sehr in der Nähe zu sein, wenn der unschlüssige Besucher hereinkommt, um sich umzuschauen. Unweit davon ist eine Abteilung für kleine Kinder, wo sie lesen oder Schallplatten hören können, während Mutti oder Vati studiert. Der Leseraum ist durch eine Glaswand abgetrennt und sehr ruhig. Er ist in Türkis, Gelb und anderen leuchtenden Farben gestrichen. „Die Leute bleiben stehen und gucken und möchten hereinkommen“, fuhr der Bibliothekar fort. Schaufensterauslagen über Weltprobleme wie Rassenfragen, Technologie und religiöser Glaube scheinen die meisten Fremden mehr anzuziehen als Auslagen über persönliche Probleme.
Und eine typische Auswahl aus allen Lebensbereichen der Menschheit findet den Weg hier herein — der Intellektuelle und der sich abkapselnde Hippie, der in einer Kommune lebt und nach einem neuen Lebensstil sucht, der Automechaniker in Arbeitshosen, der gut gekleidete Manager, der Angestellte aus dem Lebensmittelgeschäft, die zahnärztliche Assistentin und der spanisch-sprechende Besucher.
„Ihr Lesezimmer ist hell und freundlich“, bemerkte ein Universitätsprofessor. „Bücher und die Ideen, die sie enthalten, sind der beherrschende Faktor, nicht eine Person hinter einem Verkaufstisch oder eine stille Atmosphäre“, sagte ein anderer Besucher. In den eineinhalb Jahren seit der Eröffnung haben dort viele gefunden, was sie suchten. Ein Mann, dem vor einem Besuch bei einem Psychiater graute, fand Erleichterung von Schuld und Gewissensqual, als er sich seines Wertes als Mensch bewußt wurde. Eine Frau, die Schöffen-Pflichten wahrzunehmen hatte, kam während ihrer Pause hereingeeilt, um die Lektionspredigt Bibellektionen im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. zu lesen. Ein Nicht-Wissenschafter kam herein, um den Monitor zu kaufen, und sagte, daß er ihn in Osteuropa kennengelernt hätte, nachdem er viele Zeitungen gelesen hatte, um herauszufinden, welche die beste internationale Berichterstattung hatte. Eine Stunde vor seinem mündlichen Examen kam ein Doktorand herein, um zu beten, nachdem er eine Vorbereitungszeit von drei Wochen hatte. Er bestand „mit Auszeichnung“.
„Ihr Lesezimmer sieht abends wie eine Oase aus“, sagte ein Besucher. „Es ist wirklich sehr schön“, setzten zwei kleine Jungen hinzu. „Ein Lesezimmer der Christlichen Wissenschaft — hübsch!“ zwitscherte ein Kind, das durch das Fenster hineinschaute.
