Das heutige Weltbild stellt uns vor vielerlei schwierige Fragen, und oft will es scheinen, als ob die Menschheit keine Antworten darauf zu geben vermag. Und doch gibt es Antworten, und die Christliche Wissenschaft kann uns helfen, sie zu finden.
Vorerst müssen wir die allgemeine Annahme von einer materiellen Schöpfung durchschauen. Im ersten Kapitel des ersten Buches Mose sind folgende Tatsachen festgehalten: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“; „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde“; „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ 1. Mose 1:1, 27, 31;
Die Darlegung, daß die gesamte Schöpfung nur einen einzigen Schöpfer hat, führt notwendigerweise zu dem Schluß, daß der Mensch Gott, das einzige Ich oder Uns, darstellt und deshalb nur den Willen dieses einen Schöpfers zum Ausdruck bringen kann. Der Mensch lebt nicht in der Materie und ist nicht von materiellen Gesetzen. Theorien, Bräuchen oder Dogmen abhängig.
Ferner macht die Bibel klar, daß Gott völlig gut ist. Das weist darauf hin, daß auch die wirkliche Schöpfung, einschließlich des Menschen als Gottes Ausdruck, völlig gut sein muß; sonst wäre der Schöpfer durch Seine Schöpfung falsch dargestellt.
Nun kann die Frage aufgeworfen werden: Woher kommen dann aber die mancherlei Zustände in der Welt, die uns nicht gefallen und die wir darum ändern möchten? Liegt ihre Ursache im Verhalten unserer Mitmenschen, in Versäumnissen früherer Generationen, in mangelndem gegenseitigem Verständnis, in Intoleranz, Selbstgerechtigkeit oder Eigennutz? Wäre es so, dann würde dies auf eine Schöpfung und einen Menschen hinweisen, die mit Fehlern und sowohl guten als auch schlechten Gewohnheiten behaftet sind.
Diese Denkweise ist nur so lange scheinbar von Bestand, wie man an zwei Schöpfer und eine gute und eine schlechte Schöpfung glaubt. Mrs. Eddy schreibt von diesem sterblich gesinnten Menschen: „Er glaubt, es gäbe eine andere Macht oder Intelligenz, die über ein eigenes Reich herrscht, das gut und böse, ja, das mit sich selbst uneins ist und daher nicht bestehen kann. Dieser Glaube bricht das Erste Gebot Gottes.“ Vermischte Schriften, S. 197;
Das Erste Gebot, nämlich keine anderen Götter zu haben, zwingt zu einer unmißverständlichen Abkehr. Wir geben die Annahme auf, daß in uns oder in unserem Nächsten eine Kraft am Werke sein könne, die ihren Ursprung anderswo als in Gott, dem Guten, hat. Der von Gott regierte Mensch kennt keine seinem Schöpfer entgegengesetzte Macht. Er sieht vielmehr in Gott die Ursache alles Guten, alles Dauernden, alles Gesetzmäßigen. Mit diesem Wissen ausgerüstet, können wir unser Denken unter Kontrolle halten.
Wenn wir wissen, daß der Mensch der Ausdruck Gottes ist, sind wir gerüstet, den Versuchungen und Forderungen der heutigen Zeit entgegenzutreten. Wir stehen nicht länger ratlos und erschrocken vor den Aufgaben, die sich vor uns auftürmen. Wir wissen, daß der Mensch ununterbrochen Intelligenz ausdrückt — daß Intelligenz geistig ist und Gott, dem göttlichen Gemüt, der einzig wirklichen Macht, angehört. Der Ausdruck dieser reinen Intelligenz beantwortet im Bewußtsein die Frage, ob etwas Gott Unähnliches wirklich ist oder nicht.
Intelligenz ist ständig vorhanden, um ausgedrückt zu werden. Sie bewahrt uns vor der Neigung, herabziehende Kritik zu üben, und befähigt uns, verständnisvoll, liebevoll und nachsichtig zu sein. Göttlich verliehene Intelligenz ist hilfsbereit, geduldig und vergilt Böses mit Gutem. Sie zügelt schädliche Kritik. Ihre Hinweise sind immer aufbauend, niemals verletzend, und sie ist nie auf persönlichen Vorteil bedacht. Sie schließt hilfreiche Selbstkritik ein, deren Leitgedanke in den folgenden Worten Christi Jesu zum Ausdruck kommt: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Luk. 22:42;
All dies bedeutet keineswegs ein Aufgeben des individuellen Selbst. Im Gegenteil, wir beanspruchen dadurch unsere Identität und nutzen die uns verliehenen Fähigkeiten zum Besten aller. Wir können unsere wahre Identität niemals verlieren, noch ist sie je dem Wandel unterworfen. Sie ist auch nicht von äußeren Bedingungen oder Verhältnissen abhängig. Wir drücken sie täglich und stündlich aus. Sie ist unsere Widerspiegelung des himmlischen Vaters.
Jesus sagte: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun, sondern nur was er sieht den Vater tun; und was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“ Joh. 5:19; Das Bewußtsein unserer so erkannten Identität und Individualität wird uns zur ruhigen Gewißheit, von der aus wir jeden Schritt in unserem Leben erwägen, beurteilen und wirklich tun. Das Bewußtsein unserer Einheit mit Gottes Führung wird zu einem Wegweiser in unserem Leben.
Wie wirkt sich das aus? Wir werden uns nicht von Vorurteilen oder unbesehen übernommenen Meinungen anderer leiten lassen. Es stärkt uns in hohem Maße, den Schwierigkeiten der Zeit — jeder abstumpfenden suggestiven Massenbeeinflussung: einer erstarrten Denkweise, hintergründigen Theorien oder sich im Materialismus verlierender Selbstzufriedenheit — mit klaren, wissenschaftlich fundierten Konzeptionen entgegenzutreten. Dann beginnen wir mit der Erneuerung der Gesellschaft, wie wir beginnen sollten — durch die Erneuerung des einzelnen. Nur so kann sie von der Wurzel aus wachsen.
Das ehrliche Suchen des einzelnen nach Wahrheit, nach der wahren Substanz aller Dinge, nach Vollständigkeit und geistiger Einheit ist der Weg, den die Christliche Wissenschaft lehrt. Unsere eigene Identität — das Einssein mit dem himmlischen Vater — zu erkennen ist Freiheit. Sie wird dadurch erreicht, daß wir uns unter die Führung Gottes, des Prinzips aller Wahrheit, begeben, von der Jesus sagte: „Die Wahrheit wird euch frei machen.“ 8:32;
Für den Umgang mit seinen Mitmenschen hat der Christliche Wissenschafter in den Glaubenssätzen Der Mutterkirche eine klare Richtschnur, die ihn leitet. Mrs. Eddy verlangt unter anderem im sechsten Glaubenssatz, daß wir geloben, „anderen zu tun, was wir wollen, daß sie uns tun sollen, und barmherzig, gerecht und rein zu sein“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 497;. Ein solcher Kontakt ist selbstlos. Wir sehen in unserem Mitmenschen dieselbe göttlich regierte Idee, oder geistige Identität, die wir für uns selber beanspruchen und die den befreienden Christus-Geist zum Ausdruck bringt. Diese Idee erkennt allein das Gute als wirklich an.
Wir sehen also in unserem Mitmenschen nicht einen Andersdenkenden, einen Widersacher, sondern die zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffene vollkommene Idee. Und Mrs. Eddy definiert Gemüt, oder Gott, zum Teil wie folgt: „Das einzige Ich oder Uns.“ S. 591.
