Ob wir uns darüber klar sind oder nicht, wir alle benötigen moralischen Mut, wenn wir schwierigen Situationen gegenüberstehen. Moralischer Mut ist jene Eigenschaft des Denkens, die uns befähigt, Widerwärtigkeiten und Gefahren ruhig entgegenzutreten. Er zeigt unsere Bereitschaft, für das einzutreten, was unserem höchsten Begriff von dem, was recht ist, entspricht. Er deutet auf furchtloses Vertrauen hin, das es uns ermöglicht, gemäß unseren Überzeugungen zu handeln, sowie auf selbstlose Hingabe an eine große Sache oder ein großes Ziel.
Überall in der Bibel wird von großen Männern und Frauen berichtet, die ein beträchtliches Maß an moralischem Mut erkennen ließen. Mose war einer von ihnen. Die Größe der ihm von Gott verordneten Aufgabe, nämlich die Kinder Israel aus ihrer Knechtschaft unter der Willkürherrschaft der Ägypter herauszuführen, erschien ihm zunächst überwältigend. Doch gestärkt durch seine gebeterfüllte Gemeinschaft mit Gott, der sich ihm als der große Ich bin offenbart hatte, bot er jedem widrigen Umstand unerschrocken die Stirn und war somit in der Lage, seine Mission mit gottverliehenem Mut und Nachdruck zu erfüllen.
Daniel ist ein weiteres Beispiel für moralischen Mut. Als er vor die Notwendigkeit gestellt wurde, zu wählen, ob er dem götzendienerischen Gesetz des Königs Darius gehorsam sein oder den einen Gott anbeten wollte, trat er ohne Zögern für seine Überzeugung ein, daß Gott Einer und Alles ist. Es ist wahr, er wurde in die Löwengrube geworfen, doch die gleiche geistige Überzeugung oder das geistige Verständnis von der Beziehung des Menschen zu Gott, das ihn veranlaßt hatte, mutig seinen Standpunkt zu vertreten, erwies sich als sein vollkommener Schutz.
Christus Jesus war das größte Beispiel für moralischen Mut, das die Welt jemals gesehen hat. Da Jesus verstand, daß seine geistige Selbstheit, der Christus, unlösbar eins mit Gott war, begegnete er dem Widerstand und Haß der Welt mit selbstloser, barmherziger und vergebender Liebe und überwand ihn.
Jesus war nicht einen einzigen Augenblick bereit, seine geistigen Überzeugungen der Popularität zu opfern oder Zugeständnisse an die unvollkommenen Vorstellungen der Menschen zu machen. Nichts konnte ihn dazu bewegen, seine feste Überzeugung aufzugeben, daß der Mensch als Gottes Gleichnis vollkommen ist. Als die Juden ihn mit den Worten herausforderten: „Wie lange hältst du unsre Seele im Ungewissen? Bist du der Christus, so sage es frei heraus“, antwortete er furchtlos und im Bewußtsein seines Einsseins mit Gott: „Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubet nicht. Die Werke, die ich tue in meines Vaters Namen, die zeugen von mir.“ Joh. 10:24, 25;
Die göttliche Liebe hat sich nicht gewandelt. Sie hat diesem Zeitalter die Christliche Wissenschaft gegeben, den vom Meister verheißenen göttlichen Tröster. Sie hat uns in Mrs. Eddy, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, eine von Gott inspirierte, mutige Führerin gegeben, die es wagte, einer feindseligen Welt entgegenzutreten und die Menschen wissen zu lassen, was ihr von Gott offenbart worden war.
Mrs. Eddy spricht aus eigener Erfahrung, wenn sie in Wissenschaft und Gesundheit erklärt: „Es erfordert moralischen Mut, dem Unrecht entgegenzutreten und das Rechte zu verkünden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 327;
Als ich das Studium an der Hochschule aufnahm, war ich dort der einzige Christliche Wissenschafter. Einige Jahre zuvor war ich durch das aufmerksame Lesen von Wissenschaft und Gesundheit vom Rauchen und von der Gewohnheit, in Gesellschaft zu trinken, geheilt worden, und ich stellte nun fest, daß ich mich, um Mitglied der studentischen Verbindung an der Hochschule zu werden, der traditionellen Prozedur unterziehen mußte, Bier zu trinken und Studentenlieder zu singen. Als ich mich weigerte mitzumachen und meinen Standpunkt begründete, wurde mir die Mitgliedschaft versagt. Meine Haltung wurde lächerlich gemacht, und ich wurde ziemlich geringschätzig betrachtet.
Wenn wir auch zunächst ein starkes Gefühl von Groll und Enttäuschung überwinden mußte, freute ich mich doch über die Gelegenheit, die Lehren der Christlichen Wissenschaft anwenden zu können. Ich stützte mich in meiner Arbeit auf Artikel VIII Abschnitt 25 des Handbuchs Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy. Dort erklärt sie zunächst, daß Mitglieder Der Mutterkirche keine Feindschaft gegen diejenigen hegen, die der Christlichen Wissenschaft widersprechende Lehren vertreten, und fährt dann fort: „Aber wenn Gott ein Mitglied beruft, damit es für die Wahrheit zeuge und die Sache Christi verteidige, so soll es dies in Liebe und ohne Furcht tun.“ Kirchenhandbuch, Art. VIII Abschn. 25;
Ich erkannte, daß ich durch mein Eintreten für das göttliche Prinzip in Wirklichkeit die Macht der göttlichen Liebe demonstrierte, die Gottes Kinder niemals verurteilt noch ihnen irgend etwas vorenthält, was in ihrem Fortschritt einen rechten Platz hat. Mein Herz war von Liebe erfüllt für meine Kommilitonen, die nach der für sie höchsten Norm handelten. Es wurde mir auch klar, daß Gottes Ideen dazu geschaffen sind, einander zu segnen, und daher einander niemals und in keiner Weise am Fortschritt hindern können.
Einige Wochen später wurde mir zu meiner Überraschung mitgeteilt, daß ich in die studentische Verbindung aufgenommen worden war. Die Prozedur, die vorher so wichtig gewesen zu sein schien, wurde nicht mehr erwähnt. Während meines Studiums gewann ich viele Freunde, und einige von denen, die zuerst ganz besonders kritisch gewesen waren, wußten es später zu würdigen, daß ich den moralischen Mut besessen hatte, für meine Überzeugungen einzutreten.
Moralischer Mut, der sich auf das geistige Verständnis von der Untrennbarkeit des Menschen von Gott, der göttlichen Liebe, gründet, ist in der Tat vonnöten. Zu allen Zeiten in der menschlichen Geschichte war ein solcher Mut das charakteristische Merkmal derer, die durch unerschütterliches Vertrauen auf Gottes heilende und erlösende Macht bewiesen, daß die göttliche Liebe immer gegenwärtig ist und den Menschen stets in seiner ihm von Gott verliehenen Würde und Rechtschaffenheit erhält.
Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Moralischer Mut ist, der Löwe, der da ist vom Geschlecht Juda‘, der König im mentalen Reich. Frei und furchtlos durchstreift er den Wald. Ungestört liegt er im freien Felde oder ruht, auf einer grünen Aue‘ und am, frischen Wasser‘. In der bildlichen Übertragung von dem göttlichen Gedanken auf den menschlichen sind Fleiß, Schnelligkeit und Beharrlichkeit gleichwie das, Vieh auf den Bergen, da sie bei tausend gehen‘. Sie tragen die Last ernsten Entschlusses und halten mit dem höchsten Vorsatz Schritt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 514.
Und Gott redete mit Mose und sprach zu ihm:
Ich bin der Herr,
ich meine Hand zum Schwur erhoben habe,
und will euer Gott sein,
daß ihr's erfahren sollt,
daß ich der Herr bin, euer Gott,
der euch wegführt von den Lasten,
die euch die Ägypter auflegen,
und euch bringt in das Land,
um dessentwillen
ich meine Hand zum Schwur erhoben habe,
daß ich's geben will Abraham, Isaak und Jakob;
das will ich euch zu eigen geben,
ich, der Herr.
2. Mose 6:2, 7, 8
