Der Tennisplatz lag verlassen da. David hatte gerade einen Satz Tennis mit seinem Vater gespielt, der schon zum Wagen ging.
Als David sich bückte, um seinen Pullover am Rand des Tennisplatzes aufzuheben, sah er die Armbanduhr. Es war eine teure Uhr, und er sah nicht ein, warum er sie für jemand anders dort liegen lassen sollte; und so steckte er sie in seine Tasche und stieg ins Auto.
In seinem Kopf jagten sich die Gedanken.
„Ich wollte eine neue Armbanduhr haben, und dies ist wirklich eine gute Uhr. Sie hat sogar einen Kalender.“
In der Kirche, die David besuchte — eine Kirche Christi, Wissenschafter —, standen folgende Worte Mary Baker Eddys an der Wand: „Die göttliche Liebe hat immer jede menschliche Not gestillt und wird sie immer stillen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 494;
Eine Suggestion schlich sich in Davids Denken ein.
„Vielleicht ist dies die Art und Weise der göttlichen Liebe, mir eine Uhr zu geben. Es wäre ja wahrscheinlich sowieso unmöglich, den Eigentümer ausfindig zu machen. Warum sollte ich sie dann nicht behalten?“
Später zeigte David seiner Mutter seine neue Uhr.
„Wie willst du sie dem rechtmäßigen Besitzer zustellen?“ wollte sie wissen. Sie erinnerte ihn an das Gebot: „Du sollst nicht stehlen“ 2. Mose 20:15; und an Mrs. Eddys Worte in Wissenschaft und Gesundheit: „Bedenke, daß es leichter ist, ,daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe‘, als daß du dir dadurch nützest, daß du anderen schadest.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 449;
Das gab ihm einen Ruck.
David wollte ganz gewiß nichts stehlen, das war ihm klar. Er sah ein, daß er versuchte, aus dem Verlust eines anderen etwas zu gewinnen, wenn er sich nicht bemühte, den Eigentümer zu finden.
Aber die göttliche Liebe nimmt nicht einem seiner Kinder etwas, um es einem anderen zu geben. In der Christlichen Wissenschaft lernen wir, daß Er für alle Seine Kinder unendlich viel Gutes hat, und nichts kann davon verlorengehen.
Das alte Sprichwort „Wer's findet, behält's, wer's verliert, weint“ ist einfach nicht ehrlich. Die Bibel sagt uns, daß jemand, „wenn er etwas Verlorenes gefunden hat“ 3. Mose 5:22., es wieder zurückgeben muß.
Da für Gott, das allwissende Gemüt, alle Dinge möglich sind und David die Widerspiegelung des Gemüts war, konnte er den Besitzer finden, wie sehr ihn auch eine böse Suggestion drängte, es nicht zu versuchen. Dasselbe Gemüt, das ihn regierte, würde auch den Eigentümer der Uhr führen, damit sie zurückgegeben werden konnte.
Am folgenden Morgen wurde ein Zettel am Tennisplatz angebracht. Bald darauf rief ein Mann an, beschrieb die Uhr und kam sie abholen. „Sie gehört meinem Sohn“, erklärte er. „Er ist ungefähr so alt wie du, David. Wird er sich freuen, sie wiederzuhaben.“
David war dabei wirklich wohl zumute. „Ich freue mich, daß die Uhr wieder da ist, wo sie hingehört“, sagte er, und er meinte es auch!
Er hatte gehofft, er würde eine Belohnung bekommen — aber nein. Er war ein bißchen enttäuscht, bis er erkannte, daß die Freude, die einem zuteil wird, wenn man wirklich ehrlich ist, an sich schon eine Belohnung ist.
Und einige Monate später geschah etwas Besonderes, als Davids Onkel Hans von einer Reise nach Europa in die Vereinigten Staaten zurückkam. Er nahm David zur Seite. „Ich möchte dir meine Uhr schenken, weil ich mir gerade eine neue gekauft habe.“
David zog sie sich über die Hand. Sie war in allem besser als die, die er auf dem Tennisplatz gefunden hatte. Nun wußte er, daß die göttliche Liebe die menschlichen Nöte stillt — und zwar auf eine Weise, die niemanden verletzt, sondern alle segnet.