Es scheint heute ungemein leicht zu sein, dem Hauptstrom des menschlichen Lebens und denen, die wir gern für Zustände, wie wir sie sehen, verantwortlich machen, entfremdet zu werden. Ja, manche Menschen schlagen entsetzt die Hände überm Kopf zusammen, wenn sie die Probleme der Welt betrachten, und suchen Zuflucht in einer Lebensform, die im Gegensatz zum Althergebrachten steht. Ihnen kommen diese Probleme zu gewaltig vor, und die Gesellschaft ist ihnen viel zu langsam im Auffinden von Lösungen.
Es steht außer Frage, daß viel Zeit vertrödelt wurde, daß große Empfindungslosigkeit und egoistische Gleichgültigkeit herrschten; diese Übel werden aber nicht dadurch zerstört, daß wir ihnen den Rücken kehren. Was not tut, ist mehr Liebe, und dieser Mangel an Liebe beginnt bei uns. Wenn wir ein Leben aufrichtiger Liebe leben, können wir das Elend und die Verwirrung, die vielleicht unseren Ausblick aufs Leben verdunkeln, an der Wurzel packen.
Ob wir jung oder alt sind, das Leben kann ganz gut aussehen, wenn es durch das Objektiv der Liebe betrachtet wird. Dann beginnen wir, uns und anderen zu helfen. Unsere Liebe wird schließlich das Denken der gesamten Menschheit durchdringen. Durch Studium und Anwendung der Christlichen Wissenschaft wird jedes Gefühl der Bedrückung aufgelöst, und das Leben wird zu einem Abenteuer, das der Mühe wert ist — zu einem sich erweiternden und befriedigenden Erlebnis, in dem wir Lichtblicke von unserer wahren Identität und einen sichreren Richtungssinn gewinnen. Anstatt das Leben als eine menschenunwürdige Hetzjagd anzusehen, beginnen wir hinter dem Bereich der materiellen Sinne eine geistige Wirklichkeit zu erblicken. Wir lernen, daß das Verständnis von Gott und der Beziehung des Menschen zu Ihm unseren gesamten Ausblick und unser Leben zum Besseren wenden und uns dazu inspirieren kann, nicht nur an uns selbst zu denken, sondern anderen zu helfen. Diese Wahrheit über Gott und den Menschen war der Antrieb zu Christi Jesu liebevollem Wirken für die Menschheit. Er sagte: „Ich bin gekommen, daß sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ Joh. 10:10;
Jesus war ein junger Mann, der zu einer Zeit der Unwissenheit, Intoleranz und Grausamkeit lebte. Trotz seiner großen geistigen Entwicklung muß er seine Umgebung als eine ernste Herausforderung empfunden haben. Er war den Angriffen von Spott, Haß und — was am meisten schmerzte — einer weit verbreiteten Ablehnung seiner wunderbaren Gabe für die Menschheit ausgesetzt. Er ließ sich aber davon nicht aufhalten. Unentwegt überwand er jede Form menschlicher Not und Begrenzung und zeigte uns den Weg zu einer höheren Menschlichkeit.
Jesu Denken und Anschauung stand völlig im Gegensatz zu dem Materialismus um ihn her. Da er sich aber seiner Einheit, seines Einsseins, mit Gott, der göttlichen Liebe, bewußt war und da er diese Beziehung in einer liebevollen Hingabe an das Gute für andere zum Ausdruck brachte, konnte er sich trotz der Schwierigkeiten, die er hatte, ein erhobenes und frohes Denken bewahren. Er wurde niemals seinen Mitbrüdern entfremdet. Seine Liebe war sowohl seine Verteidigung wie seine Inspiration, und er verhieß seinen Anhängern: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibet ihr in meiner Liebe, gleichwie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe.“ 15:10;
Was für ein Vorbild für einen jeden von uns! Der Meister hat gezeigt, daß wir das Wesen des Menschen, des geistigen Ausdrucks Gottes, des einen liebevollen Gemüts, mißverstehen, wenn wir das Gefühl haben, von anderen Menschen getrennt oder ihnen entfremdet zu sein. Das wahre Du und das wahre Ich lebt in Wirklichkeit in dem göttlichen Gemüt als dessen geistige Idee. Wenn wir dies verstehen, können wir ein Einssein untereinander fühlen und bewußt erleben, das weit tiefer geht und beständiger ist als alles, was das menschliche Gemüt sich ausdenken kann. Mrs. Eddy schreibt: „Das Leben Christi Jesu, seine Worte und seine Taten, demonstrieren Liebe.“ Weiter unten fährt sie fort: „Durch geistige Liebe wird sich der Mensch der Tatsache bewußt, daß Gott sein Vater ist; und das Bewußtsein von Gott als Liebe gibt dem Menschen Kraft zu unbegrenzter Entfaltung. Dann wird Gott ihm zur Allgegenwart, die alle Sünde überwindet; zur Allmacht, die Leben, Gesundheit und Heiligkeit verleiht; zur Allwissenheit, die alles Gesetz und das Evangelium umfaßt.“ Message to The Mother Church for 1902, S. 8.
Wenn wir diese Tatsache ein wenig zu verstehen beginnen, können wir Verdrießlichkeit und Dunkelheit aus unserem Denken vertreiben. Wir können damit anfangen, hinter der häßlichen Maske der Materialität die wirkliche Güte eines jeden, dem wir begegnen, zu erblicken. Wenn wir wirklich versuchen, in unserem Kontakt mit anderen Menschen die göttliche Liebe widerzuspiegeln, können wir die negative Einstellung fallen lassen, die uns ein Gefühl der Entfremdung aufzwingt.
Wenige Menschen sind mit der Beschaffenheit des Lebens, wie wir es heute sehen, zufrieden. Jeder vernünftige Mensch, ganz gleich welcher Generation, möchte das Ende von Krieg, Verbrechen, Umweltverschmutzung, Armut, Ungerechtigkeit sehen. Als Christliche Wissenschafter sind wir besonders gut ausgerüstet, dabei zu helfen. Wir lassen uns nicht von dem bösen Bild überwältigen und unseren Ausblick trüben. Da wir etwas von der Allgegenwart und Allmacht der göttlichen Liebe verstehen, sind wir von der grundsätzlichen Machtlosigkeit des Bösen überzeugt. Wollen wir doch diese wissenschaftlichen Tatsachen beständig anwenden. Der Sieg kommt schneller, wenn wir alle zusammen beten und arbeiten.