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Kritik und Heilung

Aus der März 1973-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als Musikstudent an einer Hochschule hatte ich eines Tages meine große Chance, als ich bei einer Monatsversammlung der Studentenschaft als Violin-Solist herausgestellt wurde. Ich erhielt guten Applaus. Aber als wir nach der Versammlung den Ausgängen zustrebten, grüßte mich der führende Tenor der Musikstudenten mit den Worten: „He, Carl, du hast aber zu tief gespielt!“

Was man mir sonst noch über die Darbietung sagte, habe ich längst vergessen. Aber nachdem ich mir etwa zwei Wochen lang eingeredet hatte, daß der Tenor nicht nur unhöflich gewesen war, sondern auch unrecht hatte, sah ich ein, daß ich zu tief gespielt hatte. Und ich begann mit meiner Geige zu arbeiten, um sicher zu sein, daß ich bei späteren Aufführungen in der richtigen Tonhöhe spielte.

Paulus sagt: „Weise zurecht, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre.“ 2. Tim. 4:2; Doch zu wissen, wann und wie wir dies tun sollen, scheint ein schwieriges Problem zu sein. Weil wir wissen, daß Kritik oft Empörung hervorruft, neigen wir als Christen dazu, sie als etwas Übles zu klassifizieren und sie unter allen Umständen zu verurteilen. Oder wenn wir lernen, Kritik anzunehmen und von ihr zu profitieren, erwarten wir mitunter von anderen, daß auch sie Kritik vertragen können.

Aufbauende Kritik ist für den menschlichen Fortschritt gewissermaßen wesentlich. Aber an jemandem geübte Kritik ist nur dann konstruktiv, wenn sie mit einer Liebe erfolgt, die sich die Mühe macht, diesen Menschen zu verstehen. Die Tatsache, daß wir Kritik vertragen können, bedeutet nicht, daß andere in der Lage sind, sie von uns hinzunehmen.

Die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr’istjən s’aiəns. hilft uns, bessere Christen zu sein. Sie zeigt uns, wie wir einander helfen können. Ja, wenn wir ihre Regeln für aufbauende Kritik anwenden, können wir von einem Menschen nicht nur falsches Denken und Tun trennen, sondern auch Krankheit; und wir können sie zerstören. Wenn wir aber einige der Wahrheiten über Gott und den Menschen benutzen, um uns vor Kritik zu schützen, oder wenn wir sie intellektuell als Ersatz für den Mut einsetzen, der erforderlich ist, um „zurechtzuweisen, zu drohen, zu ermahnen“, dann ist das Resultat ein Hohn auf die großen Tatsachen des geistigen Seins. Und wir werden im christlichen Heilen versagen.

Die Tatsachen des Seins sind ein vollkommener Gott und ein vollkommener Mensch. Gott ist das eine unendliche Gemüt, und der Mensch ist die geistige Idee dieses Gemüts. Die Wahrheit über jeden Menschen ist, daß er als Gottes Idee vollkommen ist. Wenn jemand etwas ausdrückt, was nicht in dieser Wahrheit enthalten ist — sei es, daß er zu tief spielt, selbstsüchtig handelt oder sich krank fühlt —, wird er den Irrtum so lange ausdrücken, bis entweder er selbst ihn als Irrtum erkennt und ihn aufgibt oder jemand anders ihm hilft, indem er ihn auf den Irrtum hinweist oder diesen für ihn zerstört. Die Heilung kommt dadurch, daß man die gottgegebene Vollkommenheit des Menschen erschaut; aber dieses Erschauen ist keine bloße intellektuelle Übung.

Wenn wir lernen, die Vollkommenheit zu erschauen, müssen wir auch die gottgegebenen Eigenschaften, die wir in uns erkennen können, aktiv zum Ausdruck bringen. Moralischer Mut zum Beispiel führt uns dazu, eine Pflicht, die unerfreulich zu sein scheint, ohne Furcht oder Zögern auf uns zu nehmen. Aber diesem moralischen Mut könnte sehr wohl eine Demonstration unserer Fähigkeit vorausgegangen sein, Nutzen daraus zu ziehen, wenn ein anderer in bezug auf uns eine ähnliche Pflicht erfüllt. Wir müssen in der Lage sein, Kritik anzunehmen und aus ihr zu lernen, bevor wir es uns leisten können, selbst zu kritisieren. Die Voraussetzung für unsere Fähigkeit, Vollkommenheit in dem einzelnen zu erblicken, ist, daß wir unsere Fähigkeit, den Irrtum vom Menschen zu trennen, unter Beweis gestellt haben.

Mary Baker Eddy sagt in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift in dem Kapitel über das Gebet: „Wir sollten uns prüfen, um zu erfahren, was die Neigung und der Vorsatz unseres Herzens ist, denn nur auf diese Weise können wir verstehen lernen, was wir tatsächlich sind. Wenn uns ein Freund auf einen Fehler aufmerksam macht, hören wir da seinem Tadel geduldig zu, und schenken wir dem Gesagten Glauben? Sagen wir nicht vielmehr Dank, daß wir nicht sind, wie die andern Leute‘?“ Und sie fügt hinzu: „Das Unrecht liegt in der unverdienten Verurteilung, in der Unwahrheit, die niemandem nützt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 8;

In einem Artikel mit dem Titel „Liebet eure Feinde“ schreibt Mrs. Eddy: „Was immer Neid, Haß, Rache — die gewissenlosesten Triebfedern, die das sterbliche Gemüt bewegen —, was immer diese zu tun versuchen, wird, denen, die Gott lieben,. .. zum Besten dienen‘.“ Vermischte Schriften, S. 10; Jeder, der die Fähigkeit zu erlangen sucht, durch Gebet zu heilen, muß diese Lektion lernen. Er muß nicht nur durch Studium und Inspiration wachsen, sondern auch dadurch, daß er das Gute erkennt, das durch die Gedanken und Taten von Freunden wie von Feinden zu ihm kommen kann. Wenn er lernt, daß böse Gedanken keinen wahren Ursprung haben, erlangt er die Fähigkeit, zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik zu unterscheiden. Die konstruktive Kritik hilft ihm, besser zu arbeiten, und die destruktive bietet ihm Gelegenheit, seine Feinde zu lieben. Dann enthüllt jede Erfahrung die Macht der göttlichen Wahrheit und Liebe, zu leiten und zu berichtigen. Die auf diese Weise gelernten Lektionen befähigen uns, den Irrtum im Denken eines anderen zu rügen. Mit den Worten Christi Jesu: „Zieh zuvor den Balken aus deinem Auge und siehe dann zu, daß du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest!“ Luk. 6:42.

Wenn jemand meint, er sei dazu fähig, während er es nicht ist, betrügt er sich selbst. Der Versuch, eine vorzeitig ausgesprochene Rüge auf der Basis zu rechtfertigen, daß der andere anerkennen sollte, was für ihn getan wird, bedeutet, daß man eine selbstsüchtige Tat begeht.

Die meisten von uns irren viele Male in dem Lernprozeß, wenn sie eine Rüge erteilen, bevor der Betreffende für diese bereit ist. Aber wenn wir barmherzig genug sind, um zu sehen, daß die Rüge nicht angenommen wird, und liebevoll genug, um die göttliche Liebe zu bitten, daß sie uns zeige, was angenommen werden wird, können wir die Rüge erkennen, die wir für unsere Selbstsucht verdienen, und den Segen erlangen, der unsere Augen für die heilende Wahrheit öffnen wird. Dann werden wir erkennen, daß der zu rügende Irrtum — ganz gleich, ob es unser eigener oder der eines anderen ist — von dem Menschen getrennt und unwirklich ist. Und wir können den von Gott erschaffenen vollkommenen Menschen erblicken.

Sowohl falsches Denken wie Krankheit sind unwirklich, weil das göttliche Gemüt sie nicht geschaffen hat. Wenn wir dies erkennen, können wir sie zerstören.

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