Der erste Vers eines Liedes im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft beginnt mit den Worten:
Singt von wahrer Osterfreude,
Laßt sie täglich in euch sein. Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 171 [n. dem engl. Originaltext];
Die gesamte Christenheit begrüßt freudig die frohe Osterzeit. Viele Menschen haben den erhebenden Einfluß des biblischen Berichts von der Auferstehung Christi Jesu erlebt oder sind Zeuge von seiner Wirksamkeit gewesen. Sein großartiger Triumph über den Tod und das Grab hat sie in Erstaunen versetzt. Sein Sieg hat der Hoffnung und dem Glauben neuen Auftrieb gegeben. Wo immer ein begieriges Ohr gelauscht hat, wo das demütige Herz dankbar für die Osterbotschaft empfänglich war, hat der Trauernde seine Tränen getrocknet; der vom Kummer Gebeugte hat sich mit frischem Mut aufgerichtet — in entschlossenem Bemühen und erwartungsvoller Hoffnung.
Die Christliche Wissenschaft gibt uns einen noch umfassenderen Begriff von Osterfreude, als wir vorher hatten, wo der Gedanke an Ostern mit einer bestimmten Jahreszeit im Zusammenhang stand. Die oben angeführten Zeilen weisen darauf hin. Osterfreude, die wir täglich erleben — sie ist wirklich eine freudige Offenbarung, eine Quelle ständiger geistiger Erhebung, besonders vielleicht für den Anfänger in der Christlichen Wissenschaft.
Eine solche Anfängerin hatte eine Art Einführung in diese Offenbarung gehabt, bevor sie einen Gottesdienst in einer Kirche Christi, Wissenschafter, zur Osterzeit besuchte. Sie hatte mit Interesse festgestellt, daß die Christliche Wissenschaft Anlässe wie bestimmte Feiertage, die bis dahin von größter Wichtigkeit waren, in praktische tägliche Erfahrungen umwandelt. Wie überrascht war sie zum Beispiel gewesen, als sie im Spätsommer einen Gottesdienst besuchte, daß das Thema der Lektionspredigt im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft „Christus Jesus“ war und daß die Worte des ersten Liedes, das angekündigt wurde, die des Gedichts „Christmas Morn“ (Weihnachtsmorgen) von Mary Baker Eddy waren, die die Christliche Wissenschaft entdeckte und gründete. Wie regten doch die folgenden Zeilen zum Nachdenken an:
Du lieber Christus, nie gebor'n,
Doch immer hier,
Nicht Mutterleid noch Wiegenlied
Gehört zu dir. Nr. 23;
Es dauerte eine Weile, bis sie durch ihr Studium der Christlichen Wissenschaft wirklich erfaßte, daß das Kommen des Christus, der Wahrheit, eine tägliche, ja stündliche Erfahrung sein kann, je nachdem, in welchem Maße das empfängliche Herz sein stilles Erscheinen willkommen heißt. Als sie ihr Studium beharrlich fortsetzte, wurde es ihr in zunehmendem Maße klar, daß die Geburt des Christus im menschlichen Herzen nicht auf den Tag beschränkt ist, den wir allgemein zum Gedenken an die Geburt des menschlichen Jesus feiern.
Als diese Christliche Wissenschafterin ihren ersten christlich-wissenschaftlichen Danksagungsgottesdienst besuchte, erkannte sie ebenfalls, daß für das geistig erhellte Denken jeder Tag ein Danksagungstag ist, eine Gelegenheit, aufrichtige Dankbarkeit für die vielfältigen Segnungen und Gelegenheiten zum Ausdruck zu bringen, die die göttliche Liebe unparteiisch jedem von uns zuteil werden läßt. Daher war diese Anfängerin in der Christlichen Wissenschaft darauf vorbereitet, von der täglichen Osterfreude zu hören, die unablässig das Leben derer erhebt und bereichert, die die Macht des auferstandenen Christus erkennen und im täglichen Leben demonstrieren.
Wie es in der Christlichen Wissenschaft erklärt wird, offenbart der Christus, die Wahrheit, die unveränderliche Güte Gottes, des Guten, und Sein weises und liebevolles Verhältnis zum Menschen, Seinem vollkommenen, geistigen Sprößling. Vollkommener Gott und vollkommener Mensch, die zugleich bestehen und gleich ewig sind — dies ist das immerwährende Thema der Christlichen Wissenschaft, ihr freudiger, österlicher Gesang aller Gesänge.
Jesus, der Sohn Marias, demonstrierte im täglichen Leben die wiederbelebende Macht des unpersönlichen Christus. Durch sein absolutes Wissen um die Allerhabenheit, ja die Allheit des harmonischen, göttlichen Lebens, der göttlichen Wahrheit und Liebe war für ihn jeder Tag ein Tag der Osterfreude, der bewußten Herrschaft über Sünde, Krankheit, Schmerzen und Tod. Sein Verständnis von der unendlichen Macht Gottes befähigte den Meister, hilflose Opfer, die in Sinnlichkeit und Sünde begraben waren, wachzurütteln, sie aus verderbten, unmoralischen Gewohnheiten und Annahmen zum Bewußtsein ihres ursprünglichen reinen und freudigen Standes als makellose Kinder Gottes zu erwecken.
Jesus erhob die Kranken, die Leidenden und die Entmutigten zur Betrachtung und Vergegenwärtigung des wahren, vom Himmel stammenden Erbes des Menschen — zu Hoffnung, Gesundheit und Harmonie. Er erweckte viele, die ihm folgten, aus geistiger Apathie und Gleichgültigkeit zu der klaren Erkenntnis, daß Leben, Wahrheit und Liebe in der Erfahrung sowohl des einzelnen wie auch der Gesamtheit stets wirksam sind.
In dem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift erläutert Mrs. Eddy, seine inspirierte Verfasserin, ausführlich, was Christus bedeutet. Sie sagt zum Beispiel: „Der Christus ist unkörperlich, geistig — ja, er ist das göttliche Bild und Gleichnis, das die Illusionen der Sinne vertreibt; er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, die Kranken heilend und die Teufel austreibend, Sünde, Krankheit und Tod zerstörend.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332;
Wenn wir eine inspirierte Erklärung wie diese vor uns haben, können wir leicht erkennen, warum hingebungsvolle Christliche Wissenschafter sich ihrer täglichen Gelegenheiten freudig bewußt sind, den Christus, die Wahrheit, im Denken, in ihren Motiven und ihrer Tätigkeit zu erheben; mit anderen Worten, die Osterfreude täglich zu verwirklichen.
Der Christus, die Wahrheit, hat in der geistig empfänglichen Mentalität den unumstrittenen Vorrang. Sie betont beständig die Allerhabenheit und Allheit Gottes, des Guten, und die daraus folgende Unwirklichkeit des Bösen — seinen Mangel an Autorität, etwas vorzuschreiben, Mangel an der Fähigkeit, etwas zu bewerkstelligen, und Mangel an Anziehungskraft —, ja seine Nichtsheit.
Wir können täglich den Christus in unserem Denken erhöhen, wenn wir die falschen Ansprüche, die unrechten Motive und die aufrührerischen Methoden des Irrtums verneinen, wenn zum Beispiel Armut versuchen möchte, unsere Auffassung von Haben und Teilen zu begrenzen, wenn das Alter unseren Fortschritt aufhalten oder zum Stillstand bringen oder der Tod uns seine bedrückende Endgültigkeit suggerieren möchte. Der Christus betont immer und immer wieder das unbegrenzte Gute, das zeitlose, ewige Leben, die vollkommene Gesundheit und freudige Tätigkeit als das Wirkliche, das Gegenwärtige, das von Gott Gesandte.
Wir singen von täglicher Osterfreude, wenn der stets wirksame Christus uns aus dem Begrabensein in lediglich körperlicher Arbeit auferstehen läßt, aus schwankenden menschlichen Bemühungen und Ansichten, aus hinterlistigen Manövern und unfairen Entscheidungen, und uns fest im göttlichen Gesetz verankert, in der vollkommenen Tätigkeit des göttlichen Gemüts, seiner barmherzigen Gerechtigkeit und seinem gerechten Gericht.
Wir wollen es nicht zulassen, daß uns das sterbliche Gemüt niederdrückt und niederhält, uns entmutigt und besiegt. Liebe und Wahrheit sollen unseren Weg erhellen und unseren geistigen Fortschritt beschleunigen. Sie sollen uns aufwärts tragen, wo stilles Entzücken und die Stimme der harmonischen Melodien der Seele unsere Tage mit Osterfreude erfüllen.
Sollte das sterbliche Gemüt, das uns ständig verrät und Fallen stellt, versuchen, die ruhige, freudige Christus-Idee zu kreuzigen — die Gnade und Wahrheit, die wir auszudrücken bemüht sind —, dann wollen wir nicht zulassen, daß es uns lange in Hoffnungslosigkeit, Leid und Selbstbedauern begräbt. Wir können uns in Erinnerung rufen, daß unsere liebe Führerin, Mrs. Eddy, durch ihre eigenen Erfahrungen, die sie auf eine harte Probe stellten, lernte, daß der Verlust menschlicher Treue und der Mangel an menschlicher Dankbarkeit durch die stets zur Verfügung stehende Macht der Güte Gottes reichlich aufgewogen wurde. Mit anderen Worten, die göttliche Liebe allein war ausreichend, um sie zu erheben.
Unser großer Meister, unser Wegweiser, der treueste Freund der Menschheit, ertrug es geduldig, daß die Welt seinen christlichen Trost zurückwies, aber er erhielt sich seine Freude an der Wahrheit und konnte, auf seine Lehren Bezug nehmend, sagen: „Solches rede ich zu euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“ Joh. 15:11;
In all seinem heilenden, erlösenden Wirken demonstrierte Jesus den verherrlichten Christus. Lange vor seiner letzten irdischen Prüfung, der Kreuzigung, hatte er kleineren Prüfungen gegenübergestanden und sich über sie erhoben; aber an jenem hellen Ostermorgen, als er triumphierend aus dem Grab aufstand, wurde besonders die Macht des Todes vernichtet.
Nicht nur für sich selbst, sondern aus Liebe und Erbarmen für die ganze Menschheit demonstrierte unser Wegweiser, daß der Mensch, Gottes geistige Idee, für immer im strahlenden Leben sein Sein hat. Er bewies, daß der Mensch in der Wahrheit bewußt lebendig, daß er ewig tätig und frei ist. Weil die Christlichen Wissenschafter diese Tatsache verstehen, können sie sich in Zeiten von Kummer und Verlust, die sie ihrer Fröhlichkeit berauben wollen, viel von ihrer Freude und heiteren Ruhe bewahren.
„Bedeutet es euch nichts, ihr alle, die ihr vorübergeht?“ Klagel. 1:12 [n. der engl. Bibel]. Diese Frage aus der Bibel kam einer Christlichen Wissenschafterin in den Sinn, als sie eine Gruppe niedergedrückter und traurig aussehender Leute sah, die eine berühmte alte Kirche am Karfreitag verließ. Offensichtlich hatte das düstere Kreuz der Kreuzigung die Atmosphäre des Gottesdienstes, den sie besucht hatten, stärker beherrscht als die strahlende Krone der Auferstehung.
Bedeutete Jesu glorreiche Auferstehung diesen lieben Menschen nichts? Konnte die Tatsache, daß die Welt Gottes höchsten Zeugen kreuzigte, seine Demonstration von der erhebenden Macht der Gnade und Wahrheit überschatten? Jesus überwand das Kreuz. Er erhob sich aus dem Grabe.
Tägliche Osterfreude ist das Werk des auferstandenen Christus, der Wahrheit, die die Sterblichkeit begräbt und die Unsterblichkeit ans Licht bringt. Osterfreude ist eines der immerwährenden Zeichen, die dem wahren Verständnis von der Bedeutung des auferstandenen Christus in Ihrem und meinem Leben folgen. Sie preist die Herrlichkeit Gottes, Seine unumstrittene Herrschaft und unendliche Macht. Sie singt vom Menschen, Gottes vollkommenem geistigem Bild und Gleichnis, und frohlockt in dem geistigen Verständnis seines Rechts und seiner Fähigkeit, etwas von dieser Herrschaft und Macht durch Widerspiegelung zu beweisen.
Seid ihr nun mit Christus auferstanden,
so suchet, was droben ist,
da Christus ist, sitzend zu der Rechten Gottes.
Kolosser 3:1