Sind sie es wirklich? Glauben wir nicht vielleicht, daß sie eigentlich eine Art Besitz seien, der uns persönlich anvertraut ist und für dessen Ernährung, Kleidung, Erziehung, Ausbildung und vieles andere mehr in erster Linie wir, die Eltern, verantwortlich sind? Wenn wir glauben, daß dem so sei, dann sollten wir unser Denken ernstlich überprüfen, denn es ist entscheidend für die Qualität unserer Beziehungen zu unseren Kindern.
So schön und positiv eine gegenseitige Zuneigung zwischen Eltern und Kindern auch ist, im Zusammenleben der Menschen erweist es sich manchmal, daß die zwischenmenschlichen Beziehungen, wenn sie zu sehr auf die Person gegründet werden, zu Spannungen und Auseinandersetzungen führen können. Viele, die Kinder großgezogen haben, werden darin übereinstimmen, daß sie früher oder später solchen Konfliktsituationen in der einen oder anderen Form gegenüberstanden.
Solche Spannungen zwischen den Generationen sind jedoch keineswegs nur eine Erscheinungsform unserer Tage. Zahlreiche Stellen in der Bibel behandeln kritische Beziehungen zwischen Eltern und Kindern. Aber daß dieses Problem uns heute immer noch und oft in verschärfter Form beschäftigt, beweist, wie hartnäckig es sich über die Jahrhunderte erhalten hat. Welche Haltung sollte heute der Christliche Wissenschafter bei Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Kindern einnehmen? Sollten wir sie als Probleme sehen, die wir lösen helfen können?
Wenn wir anerkennen, daß Gott der Schöpfer des Menschen ist und daß der Mensch deshalb nur geistig, niemals körperlich sein kann, und wenn wir uns darüber klar werden, daß diese wahre Schöpfung nichts weniger als eine Summe göttlicher, d. h. guter Eigenschaften zum Ausdruck bringen kann, dann tragen wir dazu bei, daß die Harmonie, die in den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern in der geistigen Wirklichkeit bereits vorhanden ist, in Erscheinung tritt. Sie wird für uns als die „eine harmonische Familie“ wahrnehmbar, von der Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit sagt: „Die Unsterblichen oder die Kinder Gottes in der göttlichen Wissenschaft sind eine harmonische Familie; die Sterblichen aber oder ‚der Menschen Kinder‘ im materiellen Sinn sind unharmonisch und oftmals falsche Brüder.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 444;
Den unverändert geistigen Status von uns und unseren Kindern in unserem Denken aufrechtzuerhalten, wenn das aggressive Gegenteil vor uns zu stehen scheint, ist eine geistig lehrreiche Aufgabe, durch deren Erfüllung das sterbliche Gemüt zum Schweigen gebracht wird.
Die Notwendigkeit, uns von einer persönlich geprägten Vorstellung von „der Menschen Kinder“ — oder menschlichen Eltern — abzuwenden und freudig den ausschließlich göttlichen Ursprung des Menschen anzuerkennen, wird von Christus Jesus, unserem Meister, bestätigt, wenn er sagt: „Ihr sollt niemand euren Vater heißen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist.“ Matth. 23:9; So gesehen, ist die Erziehung der Kinder in Wirklichkeit ein Weg geistigen Fortschritts, nicht ein Zeitabschnitt, wo man zwischen Hoffnung und Enttäuschung hin und her gezerrt wird und die ständige Notwendigkeit persönlicher Kontrollmaßnahmen anerkennt.
Wir sollten begreifen lernen, daß keine noch so kritisch aussehende Situation zunächst mit materiellen Maßnahmen gemeistert werden muß, um sie unter Kontrolle zu bringen. Aber sie sollte uns darauf aufmerksam machen, daß wir darüber nachdenken müssen, was für uns wirklich sein soll — das Materielle oder das Geistige.
Mrs. Eddy läßt keinen Zweifel über die richtige Entscheidung, wenn sie schreibt: „Du bringst dein eigenes Ideal zum Ausdruck. Dieses Ideal ist entweder zeitlich oder ewig. Entweder Geist oder Materie ist dein Vorbild. Wenn du versuchst zwei Vorbilder zu haben, dann hast du tatsächlich keins. Wie ein Pendel in einer Uhr wirst du hin und her geworfen werden, dich an dem Gehäuse der Materie stoßen und zwischen dem Wirklichen hin und her schwingen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 360;
Wenn Gottes Kinder unsere Gedankenvorbilder sind, dann werden die Art und der Umfang aller menschlich erforderlich werdenden Erziehungsmaßnahmen sich von selbst ergeben und mit Sicherheit dazu beitragen, die geistigen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Familie zu vertiefen.
Gottes Plan besteht für jedes Seiner Kinder. Wir sollten uns davor hüten, dies zu bezweifeln und Ihm unsere eigenen ängstlichen und selbstsüchtigen Pläne und Wünsche entgegenzuhalten. In dem Maße, wie es uns gelingt, die göttliche Schöpfung anstelle eines sündigen, sterblichen Menschen wahrzunehmen, werden belastende, weil egoistische Begriffe wie „mein“ oder „unser“ Kind mehr und mehr aus unserem Bewußtsein weichen, und der Christus, die geistige Idee der Gotteskindschaft, wird immer mehr in Erscheinung treten.
Wir werden in zunehmendem Maße anerkennen, worauf in Wissenschaft und Gesundheit hingewiesen wird: „Der wirkliche Mensch ist geistig und unsterblich, aber die sterblichen und unvollkommenen sogenannten, Menschenkinder‘ sind gefälschte Bilder von Anbeginn, die für die reine Wirklichkeit abgelegt werden sollten. Dies Sterbliche wird abgelegt, und der neue Mensch oder der wirkliche Mensch wird in dem Verhältnis angezogen, wie die Sterblichen sich die Wissenschaft des Menschen vergegenwärtigen und das wahre Vorbild suchen.“ ebd., S. 409.