Wie oft hören wir den Ausspruch: „Es gibt keine Gerechtigkeit mehr!“ Aber ist das wahr? Der wachsame Christliche Wissenschafter wird diese Aussage nicht ohne weiteres akzeptieren; er wird vielmehr in der Bibel und in den Schriften Mrs. Eddys nachforschen, was Gerechtigkeit wirklich bedeutet.
Im fünften Buch Mose findet er die Zusicherung: „Treu ist Gott und kein Böses an ihm, gerecht und wahrhaftig ist er.“ 5. Mose 32:4; Dies zeigt, daß Gerechtigkeit keine sterbliche Tugend und nicht unbeständig ist, wie alle sterblichen Eigenschaften es sind. Sie ist nicht heute hier und morgen nicht. Die Behauptung, daß es keine Gerechtigkeit gebe, ist damit hinfällig. Wir müssen erkennen, daß Gerechtigkeit eine göttliche Eigenschaft ist, und göttliche Eigenschaften sind von der ewigen Wahrheit untrennbar, wie die Christliche Wissenschaft zeigt. Sie sind immer gegenwärtig und wirksam, weil Gott allgegenwärtig und allwirkend ist.
Es gibt jedoch eine weitere grundlegende Tatsache, die berücksichtigt werden muß, nämlich daß Gott allumfassende Liebe ist. Wir lesen im Matthäusevangelium: „Er läßt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Matth. 5:45;
Widerspricht dies dem, was wir gerade über die stete Gegenwart der göttlichen Gerechtigkeit gesagt haben? Nicht wenn wir von der Grundlage der geistigen Wirklichkeit aus folgern. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Um richtig folgern zu können, sollten wir nur eine Tatsache vor Augen haben, nämlich das geistige Dasein. In Wirklichkeit gibt es kein anderes Dasein, denn Leben kann nicht mit seinem Ungleichnis, der Sterblichkeit, vereinigt werden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 492;
Die Christliche Wissenschaft zeigt, daß es im göttlichen Bewußtsein weder einen gerechten noch einen ungerechten Sterblichen, weder einen guten noch einen bösen Sterblichen gibt; es gibt nur den Menschen Gottes, Seine geliebte, gesegnete Idee oder Widerspiegelung, die von Gott regiert wird und mit allen Seinen Eigenschaften ausgestattet ist. Entspricht das nicht der Darstellung im ersten Schöpfungsbericht in der Bibel, nämlich daß Gott den Menschen zu Seinem Bild und Gleichnis geschaffen und ihm Herrschaft gegeben hat?
Wir haben die Lehren und das Beispiel Christi Jesu. Er heilte die Tauben, die Stummen, die Geistesgestörten und die Sünder und bewies dadurch, daß der Mensch nur dem Gesetz Gottes untersteht. Er bewies, daß das gerechte Gesetz des Geistes nicht nur einigen wenigen Auserwählten zur Verfügung steht, sondern daß alle Ideen Gottes unter Seinem Gesetz der Gerechtigkeit leben.
Ist dieser Beweis der göttlichen Gerechtigkeit nicht gleichzeitig ein Ausdruck von Barmherzigkeit? In einem deutschen Wörterbuch wird Gerechtigkeit im Zusammenhang mit solchen Begriffen wie Huld, Güte, Milde, Barmherzigkeit erwähnt. Es ist also nicht nur gerecht, jeden Menschen als Idee Gottes zu sehen und zu respektieren, sondern auch barmherzig, ihn in unserem Denken von Übertretungen und Krankheiten zu trennen. In den Psalmen lesen wir: „So fern der Morgen ist vom Abend, läßt er unsre Übertretungen von uns sein.“ Ps. 103:12;
Jetzt können wir auch besser verstehen, was gemeint ist, wenn wir aufgefordert werden, gerecht zu richten. Es schließt die Erkenntnis ein, daß es keine kranken Sterblichen, keine erfolglosen Sterblichen gibt ― ja, auch keine Sterblichen, die erfolgreich und gesund sind. Es gibt nur den von Gott geschaffenen Menschen, Sein unsterbliches Ebenbild. Wir erkennen durch rechtes Richten, daß wir selbst und unser Bruder im wahren Sein rechtschaffen und unversehrt sind.
Das Verständnis, daß Gott Alles ist und daß Sein ewiges Gesetz der Gerechtigkeit alles Unwahre auslöscht ― die Unwahrheit, daß der Mensch materiell und daher all den Angriffen der Sterblichkeit ausgesetzt sei ―, ist wahres Richten.
Jesus sagte: „Richtet nicht nach dem, was vor Augen ist, sondern richtet ein rechtes Gericht.“ Joh. 7:24; Und bei einer anderen Gelegenheit erklärte er: „Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand. Wenn ich aber richte, so ist mein Gericht recht.“ 8:15, 16;
Es ist tröstlich zu wissen, daß wir immer ein gerechtes Urteil fällen können. Wie oft heißt es in der Bibel, daß Jesus Barmherzigkeit zeigte, daß es ihn jammerte, wenn er leidenden, sündigen, unwissenden Menschen begegnete. Er wußte, daß der wahre Mensch geistig ist, göttlichen Ursprungs; es spielte keine Rolle, welche Maske der materielle Sinn tragen mochte.
Wenn wir dort segnen, wo die sterbliche Annahme verdammen würde, wenn wir dort lieben, wo das Sterbliche hassen würde, schließen wir die Lücke, die zwischen Augenschein und Wirklichkeit zu bestehen scheint; wir beweisen, daß Gottes Gerechtigkeit eine gegenwärtige Wirklichkeit ist. Mrs. Eddy schreibt: „Kein Zeugnis der materiellen Sinne kann mir die Augen vor dem wissenschaftlichen Beweis verschließen, daß Gott, das Gute, allerhaben ist. Wenn auch Wolken um Ihn her sind, die göttliche Gerechtigkeit und das göttliche Gericht herrschen. In Zeiten des Hasses ist die Liebe besonders nahe, und niemals näher als dann, wenn wir inmitten von Gesetzlosigkeit gerecht sein und Böses mit Gutem vergelten können.“ Vermischte Schriften, S. 277.
