Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Gibt es auch in deinem Leben eine Helen?

Aus der Dezember 1977-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich werde nie vergessen, wie ich lernte, meinen Nächsten wie mich selbst zu lieben. Es begann, als ich in der dritten Klasse war. Unsere Schule war klein; und da jede Klasse nur etwa dreißig Schüler hatte, kannten wir uns alle. Dann kam ein neues Mädchen in die Schule; sie hieß Helen. Ihre Eltern waren sehr arm, und es dauerte nicht lange, bis einige meiner Freundinnen und ich uns zusammentaten und sie hänselten und unseren Spott mit ihr trieben.

Wir lachten sie aus und machten uns lustig über sie, weil sie keine schönen Kleider trug und ihr Haar oft nicht gekämmt war. Wir verfaßten sogar ein Spottgedicht über sie, und eines Tages gingen wir in der Pause auf den Schulhof und riefen es ihr laut nach. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie uns unser Lehrer zu sich rief und uns sagte, wir seien nicht sehr nett zu Helen und sie brauche unsere Hilfe und Liebe. Aber leider nutzte das nicht viel. Wenn wir ihr auch nichts mehr nachriefen, wurden wir dennoch keineswegs freundlicher zu ihr.

Die Sache wurde noch schlimmer, weil ich mit Helen im selben Schulbus fuhr, und wie es schien, wollte sie so gern eine Freundin haben, daß sie — obwohl ich ihr gegenüber unfreundlich gewesen war — neben mir sitzen wollte. Ich schenkte ihr einfach keine Beachtung.

Als ich in der fünften Klasse war, geschah dann schließlich eines Tages etwas, was es mir unmöglich machte, von Helen keine Notiz zu nehmen. Sie verschickte Einladungen zu einer Party. Sie lud etwa sechs Mädchen ein, und als ich meiner Mutter die Einladung zeigte, sagte sie: „Gut! Jetzt kannst du dieses Mädchen richtig kennenlernen und sehen, wie nett es wirklich ist.“ Ich war entsetzt, denn ich dachte, sie würde darauf bestehen, daß ich zu dieser Party ginge, und ich wollte doch nicht gehen. Aber ich erinnere mich, daß mir meine Mutter sagte, wir müßten allen Menschen Liebe entgegenbringen, nicht nur denjenigen, mit denen wir befreundet sein möchten. Sie sagte, Helen sei mein Nächster, und hier hätte ich nun die Gelegenheit, meinen Nächsten so zu lieben, wie Christus Jesus es uns aufgetragen hat.

Da ich eine christlich-wissenschaftliche Sonntagsschule besuchte, wußte ich, was meine Mutter meinte. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß zu lieben bedeutet, jeden so zu sehen, wie Gott ihn wirklich geschaffen hat, und nicht wie er vielleicht zu sein scheint. In Gottes Familie konnte es kein vernachlässigtes Kind geben. Ein derartiges Bild ist nur eine falsche Anschauung von dem Kind Gottes, das geistige Schönheit und Freude ausdrücken muß. Und jedes Kind Gottes kann gar nicht anders als Seine Liebe zum Ausdruck bringen. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, sagt im Lehrbuch: „Rechttun ist Christliche Wissenschaft, und nichts Geringeres als Rechttun hat Anspruch auf diesen Namen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 448; Ich sollte bald herausfinden, wie wahr das ist.

Obwohl meine Eltern nicht sehr wohlhabend waren, kaufte meine Mutter ein besonders schönes Geschenk für Helen.

Ich ging zu der Party — wenn auch nicht gerade bereitwillig, aber ich ging. Und ich war das einzige Mädchen, das zur Party kam. Als Helen die Tür öffnete, war sie so glücklich, daß ihr die Tränen in die Augen kamen, und sie konnte nur immer wieder sagen, wie sehr sie sich freue.

Diese Party war mir eine Lehre! Ich werde es nie vergessen, wie sehr ich mein bisheriges Verhalten gegenüber diesem Mädchen bereute und mich schämte. Helen wohnte in einem alten, baufälligen Bauernhaus, das von seinen früheren Bewohnern aufgegeben worden war. Sie, ihre fünf Brüder und eine Schwester lebten dort mit ihrer Mutter und ihrem Vater, einem Alkoholiker. Das Haus hatte weder Elektrizität noch fließendes Wasser, und offenbar fehlte es der Familie an Geld. Aber an Liebe fehlte es nicht. Die Mutter liebte Helen so sehr, daß sie ihr diese Party gab. Ich schämte mich, daß ich so wenig Liebe zum Ausdruck gebracht hatte.

Ich werde jedoch nie vergessen, was ich empfand, als ich sah, wie sehr sich Helen freute, daß ich zu ihrer Party gekommen war. Von dem Tag an waren Helen und ich gute Freunde. Als ich mich dann in der Schule zu dieser Freundschaft bekannte, hörten meine Freundinnen auf, sie zu kritisieren, und wurden ebenfalls Helens Freundinnen.

Ich lernte durch diese Erfahrung, daß Gehorsam gegen das Gebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ Mark. 12:31; wahren Lohn bringt. Unfreundlichkeit kann nur zu Bitterkeit und Bedauern führen. Mrs. Eddy faßt es folgendermaßen zusammen: „Glück ist geistig, aus Wahrheit und Liebe geboren. Es ist selbstlos; daher kann es nicht allein bestehen, sondern verlangt, daß die ganze Menschheit es teile.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 57.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Dezember 1977

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.