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Wann soll man helfen?

Aus der September 1977-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Die Frage erhebt sich: Darf man Leute ohne ihr Wissen und ihre Einwilligung mental behandeln?“ Vermischte Schriften, S. 282;

So beginnt Mrs. Eddy einen Artikel mit dem Titel „Aufdringliches mentales Heilen“. Er befaßt sich mit der von ihr gestellten Frage, einer Frage, vor der zweifellos die meisten Christlichen Wissenschafter schon einmal gestanden haben.

Als Anhänger der Christlichen Wissenschaft bemühen wir uns, dem Beispiel Christi Jesu zu folgen. Gott ohne Vorbehalt zu lieben und seinen Nächsten wie sich selbst, das war der Kern seiner Lehren.

Nachdem ein gewisser Schriftgelehrter dieses grundlegende Gebot zitiert hatte, fragte er Jesus: „Wer ist denn mein Nächster?“ Luk. 10:29; Daraufhin erzählte Jesus das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, wohl eine der am meisten geschätzten christlichen Lehren aller Zeiten. Die meisten Christen und gewiß die meisten Christlichen Wissenschafter verlangt es danach, das Erbarmen des Samariters zum Ausdruck zu bringen anstatt die Gleichgültigkeit des Priesters und des Leviten, die auf der anderen Seite vorübergingen.

Aber inwieweit können wir jemandem mit der Christlichen Wissenschaft helfen, der nicht um Hilfe gebeten hat?

Ein Christlicher Wissenschafter hat kein Recht, das Denken eines anderen ohne dessen Einwilligung zu beeinflussen. In dem anfangs erwähnten Artikel nennt Mrs. Eddy zwei Ausnahmen: „Wenn die Freunde eines Kranken wünschen, daß er ohne sein Wissen behandelt wird und sie selbst an die Wirksamkeit des Gemüts-Heilens glauben, ist es manchmal weise, das zu tun, und der Ausgang rechtfertigt dann das Vorgehen, denn der Patient wird durch die Christliche Wissenschaft wiederhergestellt, nachdem andere Mittel versagt haben. Ein anderer Anlaß, unerbeten Hilfe zu gewähren, mag ein Unfall sein, wenn keine Zeit für Förmlichkeiten bleibt und keine andere Hilfe nahe ist.“ Verm., S. 282;

Was soll man also tun, wenn man einen unharmonischen Zustand sieht und nicht um Hilfe gebeten wird? Auf der anderen Seite vorüberzugehen, das kann nicht die Antwort sein. Ein Christlicher Wissenschafter kann kein Bild des Bösen ignorieren, das sich seinen Augen bietet, sei es in den Seiten seiner Tageszeitung, in den Abendnachrichten im Fernsehen oder im täglichen Leben.

Und hier muß uns nun der Unterschied zwischen einer Behandlung, um die jemand bittet, und dem Behandeln eines Irrtums als eines allgemeinen falschen Anspruchs klar sein. Im ersten Fall wendet sich der Ausüber — derjenige, der die Behandlung gibt — mit seiner Heilarbeit speziell an den Patienten, der um Hilfe gebeten hat. Wenn er mentale Argumente gebraucht, richtet er sie direkt auf die gegebene Situation. Was auch immer im einzelnen Fall erforderlich sein mag, er sieht den Patienten spezifisch und individuell als den Menschen, die Idee Gottes, die die ganze Güte Gottes widerspiegelt.

Man mag nur gelegentlich gebeten werden, einen bestimmten Patienten zu behandeln. Aber ein Christlicher Wissenschafter ist ständig aufgerufen, sich mit den Annahmen der Welt betenden Herzens auseinanderzusetzen. Diese Arbeit wird nicht für eine bestimmte Person oder einen Patienten geleistet. Statt dessen bietet sich hier die Gelegenheit, widrige Umstände zu verneinen und geistige Tatsachen für alle Menschen zu bekräftigen. Man behandelt z. B. nicht den verkrüppelten Zustand „jenes Mannes da“. Man behandelt einzig und allein die eigene Versuchung, zu glauben, daß jemand irgendwo der Erblichkeit unterworfen sein oder einen Unfall erleiden könne. Man befreit sich von der irrigen Auffassung, daß der Mensch Materie sei. Auf diese Weise hat der Christliche Wissenschafter einen unharmonischen Zustand nicht ignoriert — ist er nicht auf der anderen Seite vorübergegangen —, aber er hat sich auch keinen unbefugten Übergriff auf das Denken eines anderen zuschulden kommen lassen.

Auf einer Urlaubsreise hatte ich eines Tages zwei Erlebnisse, die veranschaulichen, wie ein Christlicher Wissenschafter Notlagen durch Gebet meistern kann. Am Morgen hielt unser Reisebus plötzlich an, weil eine Mitreisende, ein Mädchen, das ich hier Penny nennen werde, sich nicht wohl fühlte. Sie stieg mit ihrem Vater aus dem Bus aus. An diesem Punkt der Reise war unsere Gruppe schon zu einer engen Gemeinschaft zusammengewachsen, und mehrere Mitreisende begannen Vorschläge zu machen, wie man Penny helfen könne. Eine Frau, eine Krankenschwester, eilte mit irgendeinem Arzneimittel den Gang hinunter und sagte: „Ich habe genau das, was sie braucht.“

Ich blickte auf den Christian Science Sentinel auf meinem Schoß und dachte: „Hier ist genau das, was sie braucht.“ Aber es schien mir nicht geraten, aus dem Bus zu klettern und ihr in dem Augenblick etwas von der Christlichen Wissenschaft zu erzählen. Statt dessen begann ich über die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft, die ich gerade gelesen hatte, nachzudenken — darüber, was das wahre Sein des Menschen als des Kindes Gottes ausmacht. Ich sagte nicht in Gedanken: „Penny, du bist Gottes Kind, und du wirst von materiellen Bedingungen nicht berührt.“ Statt dessen erkannte ich diese Wahrheiten für alle Menschen an.

Ich konnte nicht umhin, von meinem Fenster aus zu sehen, daß Penny die angebotene Arznei ablehnte. Bald hatte sie sich soweit gefaßt, daß sie ihren Platz vor mir wieder einnehmen konnte. Als sie sich setzte, sagte ich zu ihr: „Penny, es wird alles in Ordnung sein.“ Und so war es auch.

An demselben Nachmittag, nachdem wir stundenlang bei großer Hitze im Bus zugebracht hatten, hatten wir irgendwo auf freier Strecke eine Reifenpanne. Der Reiseleiter versicherte uns, daß unser Fahrer den Reifen wechseln könne, doch es werde eine Dreiviertelstunde dauern. Wir drängten aus dem Bus heraus und zerstreuten uns in alle Richtungen in die Umgebung, um uns etwas Bewegung zu verschaffen. Ein Reiseteilnehmer fand eine Pumpe, was gleichsam eine Demonstration in der Art der Brote und Fische zu sein schien, und bald erquickten sich viele von uns an dem kühlen Wasser.

Plötzlich erschien ein Einheimischer, und er war entsetzlich aufgeregt, als er sah, daß wir das Wasser tranken. Er konnte kein Wort Englisch sprechen, und wir verstanden kein Tschechisch, aber es gelang ihm schließlich, uns verständlich zu machen, daß das Wasser verunreinigt sei. Sofort herrschte große Bestürzung in der Gruppe. Alle möglichen düsteren Voraussagen wurden gemacht.

Ich verließ die Pumpe und ging allein ein Stück landeinwärts. Die Frage war hier nicht, ob ich jeder Person, die etwas Wasser getrunken hatte, eine christlich-wissenschaftliche Behandlung geben sollte. Ich wußte nicht, wer von dem Wasser getrunken hatte. Es ging vielmehr darum, die Annahme von widrigen Umständen und der Übertretung von Gesundheitsgesetzen, mit der wir konfrontiert wurden, zu überwinden.

Das erste, woran ich dachte, war Jesu Erklärung an seine Jünger hinsichtlich der strengen hebräischen Vorschriften über bestimmte Speisen, die als unrein galten: „Was zum Munde eingeht, das macht den Menschen nicht unrein; sondern was zum Munde ausgeht, das macht den Menschen unrein.“ Matth. 15:11; Ich wußte, daß ich nur darauf achten mußte, was ich in mein Bewußtsein aufnahm. Ich wußte, daß es weder Leben noch Substanz in der Materie gab. Die Materie hat keine Wirklichkeit.

Die Bibellektion im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft; jener Woche enthielt Mrs. Eddys nachdrückliche Worte: „Wahrheit wird vom Irrtum nicht befleckt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 304. Ich argumentierte, daß das wahre Sein des Menschen, über das ich am Morgen nachgedacht hatte, nicht durch irgendein falsches Gesetz in bezug auf Gesundheit und Harmonie befleckt oder vergiftet werden konnte. In der Lektion jener Woche kamen viele Zitate über Gesetz und Regierung vor, und es wurde mir klar, daß der Mensch nur durch Gottes Gesetze, durch das Wirken des göttlichen Prinzips, regiert wird. Es gibt keinen anderen Gesetzgeber, und es gibt keine Gesetze, die die Zerstörung des Menschen verordnen.

Nachdem ich diese Wahrheiten einige Augenblicke fest in meinem Bewußtsein verankert hatte, gesellte ich mich wieder zu der Gruppe. Wir konnten den Bus wieder besteigen und waren bald an unserem Ziel. Wenn man so in einer Gruppe reist, weiß immer jeder, wie es jedem anderen geht, und ich kann aufrichtig sagen, daß der Genuß des Wassers niemandem geschadet hat. Durch die Überwindung der Suggestion, daß ein Gesundheitsgesetz verletzt worden sei, wurden alle Mitreisenden beschützt.

Wir sind Christen. Wir sind Christliche Wissenschafter. Wir sind barmherzige Samariter. Wir bringen einen heilenden Gedanken überallhin, wo ein Bedürfnis dafür besteht. Weisheit und Liebe werden uns wissen lassen, wann er an eine Person gerichtet sein kann und wann nicht.

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