In gewissem Sinne beruht alles Heilen auf der Überwindung des Anspruchs, es gebe eine Trennung. Allgemein und vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, sehen wir viele Beispiele der Trennung, die geheilt werden muß: Wir leben in einer Welt, in der Länder geteilt sind, in der eine Kluft zwischen Wohlhabenden und Bedürftigen besteht, wo Ideologien zwischen den Menschen Grenzen ziehen und manch eine Familie traurigerweise in die Brüche geht.
Gott und Mensch — Gemüt und Idee, Ursache und Wirkung — bilden in Wirklichkeit eine unzerstörbare Einheit. Einer destruktiven Zerrissenheit liegt die Annahme zugrunde, der Mensch sei von Gott getrennt und die göttliche Individualität könne in sterbliche Persönlichkeiten aufgespalten werden. Wie alle Annahmen kann auch diese durch die wissenschaftliche Wahrheit geheilt werden, wenn sie verstanden und erkannt wird. Gott ist vollkommen, Er ist der Eine, und Seine ganze Schöpfung bringt diese Vollkommenheit zum Ausdruck. Alles, was wirklich existiert, weist auf die Koexistenz von Gott und Seiner Offenbarwerdung hin. Grundlegend im christlich-wissenschaftlichen Gebet und in der christlich-wissenschaftlichen Behandlung ist die Bejahung, daß alles Sein unteilbar ist, und die Verneinung, daß das sterbliche Gemüt — eine mutmaßliche Mentalität außerhalb der Unendlichkeit Gottes — Gott und den Menschen trennen könne.
Es gibt keine unheilvolle Spaltung in Geist, Gott, denn Geist ist Alles. Diese herrliche Wahrheit ist der Ausgangspunkt für die geistige Wiederherstellung und Heilung gestörter zwischenmenschlicher Beziehungen, kranker Organe, geschäftlicher und kirchlicher Probleme. Mary Baker Eddy sagt hierzu folgendes, obgleich sie sich speziell auf den Bruch der Beziehung zwischen Kain und Abel bezieht, und ihre Darlegung hat universale Gültigkeit: „Die irrige Annahme, daß Leben, Substanz und Intelligenz materiell sein können, bricht das Leben und die Brüderschaft der Menschen gleich von Anfang an.“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 541;
Die Berichtigung dieser Annahme mit der Wahrheit, daß Gott und Mensch untrennbar sind, heilt jede Art von Bruch. Substanz, Intelligenz und Leben sind immer in Geist; sie können nicht unabhängig von Geist betrachtet werden. Was immer in Geist existiert, ist durch Vollkommenheit gekennzeichnet. Nur die Trennung, die zu einer Heilung führt, ist zulässig: die Trennung, des Wirklichen vom Unwirklichen, die sich in unserem Denken vollziehen muß, und das Sich-Trennen vom Unwirklichen. Wir müssen eine klare und scharfe Scheidelinie ziehen zwischen dem Menschen als der vollständigen Idee Gottes und den Sterblichen, die der menschlichen Annahme nach Milliarden von Bruchstücken des Lebens darstellen.
„Die Christliche Wissenschaft erklärt, daß es nur eine Wahrheit, ein Leben, eine Liebe, nur einen Geist, ein Gemüt, eine Seele gibt. Jeder Versuch, diese zu teilen, entspringt der Trüglichkeit der Sinne, der Unwissenheit des sterblichen Menschen, der Feindschaft gegen Gott und die göttliche Wissenschaft.“ Rückblick und Einblick, S. 60; So hat es Mrs. Eddy formuliert. Das menschliche Gemüt ist in einem Gefühl der Spaltung verwurzelt. Es sieht sich als kleines Bruchstück des Bewußtseins und der Individualität, das zu einem weit entfernten Gott aufschaut. Es beobachtet Tausende anderer Bruchstücke des Bewußtseins — eine Illusion. Wir können also im menschlichen Gemüt nicht die Kraft zu heilen und zu vereinigen finden. Diese Kraft entspringt allein dem universalen Gemüt — dem einen Leben, Gott, der sich ständig neu zum Ausdruck bringt.
Die Ansprüche von Krankheit und Tod sind nicht nur Teil der Annahme, daß der Mensch getrennt von Gott lebe, sondern auch Teil der davon abgeleiteten Suggestion, daß der Mensch aus Organen und anderen materiellen Elementen bestehe. Das göttliche, unsterbliche Sein kann nicht wie ein Blatt Papier in kleine Stücke zerrissen werden. Der wirkliche Mensch hat seinen Ursprung in Geist, Gott; er ist seinem Wesen nach unendlich. Wenn wir den geistigen Sinn gebrauchen, der die unteilbare Ganzheit des Seins sieht, nimmt der menschliche Sinn Heilung wahr.
Mangel ist ein Zeichen dafür, daß wir versuchen, Geist aufzuteilen. Seinen Ansprüchen können wir mit dem Verständnis entgegentreten, daß unsere Versorgung auf der unerschöpflichen Substanz des Geistes beruht. Substanz kann ebensowenig aufgeteilt werden wie Geist. Mangel entsteht, wenn wir bewußt oder unbewußt die Annahme akzeptieren, Versorgung lasse sich in soundsoviel Mark und Pfennig ausdrücken und könne somit auf etwas Endliches reduziert werden. Dieser grundlegende Fehler führt zu der Annahme, uns könne ein Teil unserer Substanz gestohlen werden; oder wir könnten einen Teil unserer Substanz auszahlen — z. B. für eine hohe Miete — und müßten dadurch unvermeidlich ärmer werden; oder daß unsere Versorgung durch einen Lotteriegewinn oder eine Glückssträhne im Spielkasino aufgebessert werden könne. Ausnahmslos sind das alles falsche, begrenzende Annahmen.
Als Christus Jesus gekreuzigt wurde, teilten die römischen Soldaten seine Kleider und warfen das Los darum. s. Matth. 27:35. Es scheint ganz so, als ob das sterbliche Bewußtsein voller Arroganz seiner Behauptung Nachdruck verleihen wollte, daß der Mensch — ja alles, was den Menschen betrifft — teilbar und daher entbehrlich und zerstörbar sei. Alle Schwierigkeiten beruhen auf der Annahme der Trennung, und zwar auf den Ansprüchen, daß der Mensch sterblich, Versorgung begrenzt und Leben organisch sei, daß der Mensch sterben müsse. Alle diese Ansprüche bedeuten Trennung von Gott. Wir sind herausgefordert, die Ganzheit des göttlichen Seins zu demonstrieren, ein Leben zu führen, das sinnvoller ist und die unsterbliche Einheit von Gott, dem Menschen und dem Universum deutlicher werden läßt.
