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Die Reife des Kindes

Aus der November 1982-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ist es zu früh, einem Kind im Alter von drei Jahren das Lesen beizubringen? Sollten Eltern etwas dagegen tun, wenn Jungen und Mädchen bereits in der sechsten Klasse sich regelmäßig allein treffen? Haben Mannschaftswettkämpfe einen negativen Einfluß auf Siebenjährige?

Je nach den Umständen mögen die Antworten unterschiedlich sein. Die Fragen zeigen jedoch, daß Eltern heutzutage einem ungewöhnlichen Druck ausgesetzt sein können, ihre Kinder an Tätigkeiten teilnehmen zu lassen oder sie Situationen auszusetzen, die ihnen Entscheidungen abverlangen, für die sie noch nicht reif genug sind oder für die Instinkte notwendig sind, die die jungen Leute vielleicht noch nicht entwickelt haben. Wie können Mütter und Väter erkennen, was in den verschiedenen Altersstufen für ihre Kinder richtig ist und wann sie ihnen von Tätigkeiten abraten sollten, die nicht nötig oder verfrüht zu sein scheinen? Wie werden Eltern damit fertig, wenn sie Entscheidungen treffen müssen, die ihre Kinder scheinbar von dem ausschließen, „was all die anderen Kinder tun“?

Eine Möglichkeit besteht darin, eine gewisse Reife zu entdecken, die das Kind bereits besitzt. Die Christliche Wissenschaft hilft den Eltern, ihr Kind aus einer ganz neuen Sicht zu sehen — einer Sicht, die dazu beiträgt, seine Entwicklung zu lenken, und die den moralischen Mut der Eltern stärkt.

Durch das Glossarium in Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy gewinnt man sehr praktische und neue Erkenntnisse über das Wesen der Kinder. Ein Teil der Erklärung des Begriffs „Kinder“ enthält eine rein geistige Anschauung: „Die geistigen Gedanken und Vertreter von Leben, Wahrheit und Liebe.“ Doch wird auch in der Definition eine sterbliche Auffassung einem wichtigen wissenschaftlichen Punkt gegenübergestellt: „ ... gefälschte Bilder der Schöpfung, deren bessere Urbilder Gottes Gedanken sind, nicht im Embryo, sondern in der Reife ... “ Wissenschaft und Gesundheit, S. 582, 583.

Anstatt die Kinder lediglich als sich entwickelnde Sterbliche zu sehen, können wir sie auf eine weitaus hilfreichere Art betrachten. Wir können nämlich schon jetzt etwas von ihrer Vollkommenheit erschauen, und dies hilft tatsächlich, sie zu schützen und zu festigen und trägt dazu bei, daß ihre menschlichen Schritte und Entwicklungsstadien sich zur rechten Zeit vollziehen. Wir müssen ein tieferes Verständnis von wahrer Reife erlangen, um ein Kind als eine vollkommene, geistige Idee sehen und es ermutigen zu können, diese Auffassung zum Ausdruck zu bringen.

Wahre Reife wird nicht dadurch erlangt, daß man ein Kind durch die Reifezeit in das Erwachsensein stößt. Vielmehr tritt sie dadurch in Erscheinung, daß man seine ihm innewohnende Geistigkeit schätzt. Echte Reife ist nicht das Ergebnis eines Vorganges; sie gehört schon jetzt zur wahren Identität eines jeden einzelnen. Kinder können oftmals tief ausgeprägte Eigenschaften zum Ausdruck bringen, um die Erwachsene oft lange und schwer kämpfen mögen.

Nehmen wir die Eigenschaft der Freude. Einige Erwachsene jagen ihr Leben land der Freude nach. Doch kennen wir alle Kinder, die eine heitere, unerschütterliche Freude bekunden. Aus Unschuld, Güte und Selbstlosigkeit erwächst ein gut entwickeltes Glücksgefühl. Und wie steht es mit dem inneren Frieden? Muß es Jahre dauern, ehe ein Gefühl der Ruhe und Gelassenheit im Denken reift? Natürlich nicht. Einige Kinder besitzen eine beständige innere Ruhe, die ihnen auch über Zeiten hinweghilft, die Erwachsene als chaotisch empfinden mögen. Und wie steht es mit dem Wohlbefinden? Ein robustes Kleinkind kann ein voll entwickeltes Gefühl der Gesundheit besitzen. Und die Anpassungsfähigkeit und Zuneigung von Sechs- und Siebenjährigen haben schon manchen Antagonisten für sich gewonnen, und zwar auf eine Art, die einen erfahrenen Diplomaten in den Schatten stellen würde.

Wir können die Klischees über Leistung, Zufriedenheit und Entwicklungsphasen durchbrechen und unsere Vorstellungen ändern, indem wir erkennen, daß wahre Individualität der vollständige und liebliche Ausdruck Gottes ist. Der Mensch ist kein Sterblicher, der verschiedene Entwicklungsstufen durchläuft. Unsere wachsende Erkenntnis von der geistigen Identität des Menschen kann weder vorangetrieben noch vernachlässigt werden; vielmehr ist ein zunehmendes ruhiges Bewußtsein von der wahren Identität vonnöten, und dies trägt dazu bei, die Kinder von Kummer zu befreien, der ihnen manchmal durch die Jugendzeit auferlegt wird. Es bereitet sie darauf vor, ein erfülltes, anregendes Leben zu führen, ungeachtet einer weltklugen Gesellschaft, die so oft die Kinder zu Tätigkeiten und Verhaltensweisen antreibt, die ein natürliches, von Selbstachtung getragenes Lernen übergehen — einer Gesellschaft, die tatsächlich den Verlust der kindlichen Unschuld fördert. Eine geistige Anschauung trägt dazu bei, die die Kindheit verderbenden Elemente zu zerstören, die sich in pornographischer Werbung, in Filmen über das Okkulte, die von bösen Geistern besessene Kinder darstellen, und in lautstarker Ermutigung zu sexuellen Experimenten zeigen. Was für ein Angriff auf die geistige Unschuld! Was für eine Verdrehung wahrer Reife!

Die Eltern können die Reife eines Kindes fördern, indem sie seine Reinheit, Gesundheit und Freude wertschätzen, indem sie sein sich entwickelndes Gefühl des Friedens und seinen Ausdruck der Liebe stärken. Wie? Durch die Erkenntnis, daß dies keine vorübergehenden Eigenschaften der menschlichen Kindheit sind. Geistige Eigenschaften kommen direkt von Gott. Sie werden von Gott erhalten. Diese echte Reife durch Gebet zu erschauen bedeutet, einen Blick von der wahren, unverderbten Identität zu erhaschen. Wenn wir uns öfter Zeit nehmen, um uns die geistigen Tatsachen über das Kind klarzumachen, wird es diese ewigen Eigenschaften immer sicherer zum Ausdruck bringen. Mrs. Eddys Ausführungen über die Geburt richten unseren Blick auf die geistige Bedeutung dessen, was der wahren Identität zugrunde liegt. Sie schreibt: „Die neue Idee, die aus Wahrheit und Liebe empfangen und geboren wird, ist in weiße Gewänder gekleidet. Ihr Anfang wird sanftmütig, ihr Wachstum kraftvoll, ihre Reife ohne Verfall sein.“ Ebd., S. 463.

Geistige Reife löst sich niemals auf. Die Substanz des Geistes, die Quelle wahrer Identität, zerfällt nicht. Die Jahre können eine von Gott gegebene Entfaltung nicht einleiten, ebensowenig können die Jahre sie zerstören. Die Entwicklung hat ihren Ursprung allein im Geist, der sie auch erhält. Wenn die Eltern genügend Erkenntnis haben, um die geistige Reife im Kind zu nähren, tragen sie zu seiner Integrität bei und bewahren es davor, in Erlebnisse und Verhaltensweisen hineingedrängt zu werden, die seinen natürlichen Interessen und Fähigkeiten widersprechen.

Eine wachsende Geistigkeit kann sich für das Kind enorm entwicklungsfördernd auswirken — ohne daß es tun muß, was ein Erwachsener tut, bevor es auch nur lernt, seine Schuhe zuzubinden. Und die Pflege geistiger Eigenschaften im Kind reißt materielle Schranken nieder; sie ebnet den Weg für eine normale, gesunde menschliche Entwicklung und führt zu konstruktiver Tätigkeit — sei es ein Interesse an Automotoren, am Geigenspiel oder an Handarbeiten; sie bewahrt es vor Naivität und regt es dazu an, die unendlichen Möglichkeiten der Schöpferkraft und Erfindungsgabe zu erforschen, die Selbsterfüllung bringen und die Energie in sinnvolle Bahnen lenken. Es gibt keine bessere Erziehung für das Kind, als schon in seinen ersten Jahren seine wahre Reife auf einer geistigen Grundlage zu pflegen.

Machen sich nicht alle Eltern Vorstellungen darüber, was für Möglichkeiten ihr Kind hat, was es leisten könnte? Wenn sie geistige Einsicht walten lassen, pflegen sie die geistige Reife des Kindes als die Möglichkeit. Christi Jesu Einsicht übertraf selbst die hervorragender Eltern, was sich an seinem Scharfsinn zeigte, als seine erwachsenen Jünger sich darum stritten, wer unter ihnen der Größte sei: „Da aber Jesus den Gedanken ihres Herzens erkannte, nahm er ein Kind und stellte es neben sich und sprach zu ihnen: Wer dies Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. Denn wer der Kleinste ist unter euch allen, der ist groß.“ Luk. 9:47, 48.

Die Jünger hatten etwas von dem Kind zu lernen. Und auch wir können viel von ihm lernen.

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