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Aktiv zu lieben heißt niemals, passiv oder kritisch zu sein

Aus der August 1985-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Liebe wird niemals Lieblichkeit aus den Augen verlieren. Ihr Glorienschein ruht auf ihrem Gegenstand“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 248., schreibt Mrs. Eddy. Stellen Sie sich einmal diese Liebe vor — eine Liebe, die niemals die Lieblichkeit des anderen aus den Augen verliert, nicht einmal für eine Sekunde! Eine solche „Nonstopliebe“ würde sich gewiß nicht ins Schneckenhaus zurückziehen, wenn es einmal eine Meinungsverschiedenheit gibt oder wenn sie auf Gleichgültigkeit stößt.

Scheinen „gewöhnliche Sterbliche“ überhaupt fähig, so zu lieben? Die Christliche Wissenschaft lehrt auf der Grundlage der Bibel, daß der Mensch unsterblich ist. Er ist die geistige Idee Gottes, der unendlichen, göttlichen Liebe; er drückt Gottes liebevolles Wesen aus. Er existiert als Widerspiegelung der Liebe mit all ihrer fortwährenden, unparteiischen, geistigen Aktivität. Die göttliche Liebe setzt sich immer durch den Christus in unserem Leben durch, so daß wir sie erkennen und spüren. Daher ist es für uns stets natürlich, zu lieben, und unnatürlich, uns diesem göttlichen Impuls zu widersetzen und anderen unsere Liebe zu verweigern.

Was geschieht nun, wenn wir spüren, daß die Liebe erkaltet oder nicht mehr da ist, wenn Passivität einsetzt und wir tatsächlich die Lieblichkeit aus den Augen zu verlieren scheinen? Dem englischen Wörterbuch Webster gemäß bedeutet passiv zu sein u. a., „Handlungsobjekt sein; durch äußere Kraft oder Mittel beeinträchtigt werden“ und „etwas widerstandslos entgegennehmen oder ertragen“. Diese Definition beschreibt sehr treffend einen hypnotischen Zustand, der sich einstellt, wenn wir es dem Bösen erlauben, unser Denken zu manipulieren. Das Böse möchte verhindern, daß wir Menschen erkennen, daß Liebe ununterbrochen liebt. Es möchte uns einreden, wir seien unfähig, das Wirken der Liebe zu bezeugen — zu lieben oder Liebe zu empfinden. Diese Einflüsterung führt häufig zu persönlicher Kritik und Verurteilung, die ja Formen des Hasses sind. Es sollte erkannt werden, was dieser Mesmerismus tatsächlich ist — eine Verleugnung der Güte Gottes und der Identität des Menschen als Ausdruck des Guten.

Daß die menschliche Gesellschaft gegen zunehmende Gewalt, gegen Ehestreitigkeiten und internationale Konflikte kämpft, zeigt, wie wichtig es ist, daß sich jeder einzelne auch schon der kleinsten Versuche des Bösen bewußt wird, uns für die harmonische Gegenwart der Liebe blind zu machen. Uns muß klar werden, daß es der Irrtum ist, der uns zur Kritik an unseren Mitmenschen verleitet. Böse Suggestionen wollen unser Denken mit einer feindseligen Einstellung vergiften und damit den verschmutzenden Einfluß des Irrtums in der allgemeinen mentalen Atmosphäre vergrößern.

Ich glaubte einmal, daß es meine moralische Pflicht sei, mein Urteil über alle Vorgänge um mich herum abzugeben — über das Verhalten meiner Familienangehörigen, meiner Freunde, Bekannten und sogar mir fremder Menschen.

Bald stellte ich u. a. fest, daß es mir immer schwerer fiel, fröhlich Kirchenarbeit zu tun. Die „anderen“ enttäuschten oft meine Erwartungen, wie man als Kirchenmitglied denken und handeln sollte. Durch meine falsche, selbstgerechte Haltung baute ich gegenüber einer ganzen Reihe von Leuten ein wahres Arsenal mentaler Vorbehalte auf, eine lieblose Einstellung, die die zwischenmenschlichen Beziehungen abkühlen ließ und schwer belastete und auch körperliche Beschwerden nach sich zog.

Welch eine ungeheuere Erleichterung war für mich die Entdekkung — als ich diese Probleme mit der Christlichen Wissenschaft ausarbeitete —, daß Gott mit Seiner unbegrenzten Weisheit und Seinem unendlichen Verständnis der einzige Richter ist. Ich sah, daß persönliches Verurteilen einer kurzsichtigen Auffassung entspringt, die in der sterblichen Persönlichkeit begründet liegt. Es geht nicht von dem korrekten geistigen Standpunkt der Wissenschaft aus, die den Menschen als Gottes makellose Idee sieht.

Als ich demütig darum betete, von kalter Intoleranz erlöst zu werden, wurde mein Denken Schritt für Schritt auf ein höheres geistiges Niveau gehoben. Ich falle jetzt nicht mehr so schnell auf den Trick herein, anderen bestimmte Schwächen anzuhängen, von denen eine begrenzte sterbliche Auffassung meint, sie seien wahr und gehörten zu Gottes Schöpfung. Ich lerne immer besser, mich in jenem geistigen Sinn zu üben, den der Prophet Jesaja folgendermaßen beschreibt: „Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören.“ Jes. 11:3. Ich kann dankbar sagen, daß die Zusammenarbeit mit anderen in zunehmendem Maße Freude und Zufriedenheit bringt, da ich lerne, sie mit liebevolleren Augen zu sehen.

Wieviel Freudlosigkeit und Ballast müssen die Pharisäer zu Jesu Zeiten mit sich herumgeschleppt haben, nur weil sie sich auf den Buchstaben des Gesetzes versteiften und so für die Güte des Christentums blind waren. Stellen Sie sich vor, Sie wären so mit der Auslegung kleinster Gesetzesdetails beschäftigt, daß Sie in Christus Jesus nicht mehr Gottes Boten wiedererkennen würden, der nach dem Geist der Liebe lebt! Ist nicht genau das die Auswirkung einer uninspirierten Theologie? Sie nimmt uns die Freude, den wirklichen, zu Gottes Ebenbild erschaffenen Menschen zu sehen, und verleitet uns dazu, durch Herzlosigkeit unsere Freunde und Familienmitglieder in den kalten, grausamen Fesseln menschlicher Schwachheit gefangenzuhalten. Sie läßt uns vergessen, daß des Vaters Hand unsere Geschicke lenkt. Seine Wahrheit und Liebe wären dann scheinbar in Disharmonie und Dunkel verloren, wir würden uns eine sehr drückende Last aufladen.

Christus Jesus setzte sich jedoch demütig und selbstlos dafür ein, den Glauben der Menschen aus dem fiktiven Abgrund der „Erbsünde“ zu dem Verständnis der geistigen Vollkommenheit des Menschen zu erheben. Dadurch, daß er Sünde heilte, bewies er, daß die Last falscher Theologie und ihrer Verdammung des Menschen abfällt, wenn der Mensch richtig, d. h. als geistig, gesehen wird.

Jesus fragte in der Bergpredigt: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balken in deinem Auge?“ Matth. 7:3. (The New English Bible übersetzt diesen Vergleich so: „Warum schaust du dir das Körnlein Sägemehl in deines Bruders Auge an und vergißt darüber völlig das große Brett in deinem eigenen Auge?“) Könnte Jesus damit gemeint haben, jede Unvollkommenheit, die man im anderen Menschen als Fehler sieht, angesichts des gigantischen Irrtums verblaßt, den man begeht, wenn man den Menschen an einer materiellen Elle mißt? Dieser Irrtum versagt auf der ganzen Linie, denn er identifiziert den Menschen nicht als den Sprößling des Geistes — was wir allein mit dem geistigen Sinn können.

Niemand soll glauben, er könne nicht mehr aus dem Morast schwermütiger, kritisierender Gedanken herauskommen, wie sehr sie uns auch zur Gewohnheit geworden sein mögen. Wir können uns immer im Gebet an Gott wenden, um jene klare Schau zu erlangen, die es uns ermöglicht, die Christlichkeit wahrzunehmen, die dem wirklichen Sein eines jeden einzelnen angeboren ist. Wenn wir das aus ehrlichem Herzen und voller Sanftmut tun und den Einflüsterungen des sterblichen Gemüts keine Beachtung schenken, kann die Anschuldigung gegen uns entkräftet werden, wir seien „lediglich Sterbliche“, die auf andere Sterbliche reagieren. Wir beginnen dann, den Menschen mit dem geistigen Sinn wahrzunehmen, und sehen, wie gut doch Liebe für ihre eigenen Ideen sorgt. Wir spüren, wie die wärmenden Strahlen der Liebe mehr Milde und Freundlichkeit in unser Bewußtsein bringen, so daß menschliche Kritiksucht oder Passivität verschwindet und an ihre Stelle die Anerkennung einer jeden guten Eigenschaft in unseren Mitmenschen tritt. Geistige Inspiration wird uns immer mehr Wissens- und Liebenswertes über sie offenbaren, wenn wir anerkennen, daß sie in Wahrheit Gottes Kinder sind.

Man muß aber während dieses geistigen Wachstumsprozesses verstehen, daß diese Liebe nicht von uns verlangt, die noch nicht erlösten menschlichen Eigenarten gutzuheißen oder zu entschuldigen, und daß sie das auch nicht zuläßt. Die göttliche Forderung geht dahin, daß wir unsere Vorstellungen voneinander durch ein christlich-wissenschaftliches Verständnis der göttlichen Schöpfung läutern. Nur wenn jeder einzelne auf diese Weise seine Liebe aktiv bekundet, wodurch das Wahre vom Unwahren getrennt wird, wird die wahre Natur eines jeden von uns voll erkannt werden.

Mrs. Eddy wußte, daß der Materialismus Macht für sich beanspruchte; sie nannte diesen herabziehenden Anspruch „tierischen Magnetismus“. Sie war überzeugt, daß er das Denken vom geistigen Menschenbild weglocken wollte. Daher nahm sie in die Satzungen, denen ihre Kirche unterliegt, einen Abschnitt auf, der für alle, die sich mit der Christlichen Wissenschaft befassen, von unschätzbarem Wert ist: „Eine Richtschnur für Beweggründe und Handlungen“. Diese Bestimmung enthält u. a. den Rat: „Die Mitglieder dieser Kirche sollen täglich wachen und beten, um von allem Übel erlöst zu werden, vom irrigen Prophezeien, Richten, Verurteilen, Ratgeben, Beeinflussen oder Beeinflußtwerden.“ Handbuch Der Mutterkirche, Art. VIII Abschn. 1.

Wenn wir diese Anweisungen beherzigen, schützen sie das geistig aufsteigende Denken, das sich von lieblosen Auffassungen über die Menschheit befreit und sich zur Wahrnehmung der gegenwärtigen, unbestreitbaren Vollkommenheit des Menschen erhebt.


Eines bitte ich vom Herrn,
das hätte ich gerne:
daß ich im Hause des Herrn
bleiben könne
mein Leben lang,
zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn
und seinen Tempel zu betrachten.

Psalm 27:4

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