Haben Sie sich schon einmal einsam und fremd gefühlt, von der Liebe, Wärme und Geborgenheit abgeschnitten, die für die meisten Menschen das Zuhause und die Familie bedeuten? Zweifellos liegt es in der Natur des Menschen, sein Zuhause zu lieben.
Einmal beschloß ich, während der Sommersemesterferien einige Kurse an einer Universität im Ausland zu belegen. Schon nach ein paar Tagen verblaßte der Reiz des Neuen und wich einem Gefühl der Einsamkeit. Selbst inmitten vieler Menschen fühlte ich mich allein, weil eine ausgeprägte Sprachbarriere bestand und es spürbare kulturelle Schranken gab.
Eines Morgens, als ich allein und in Ruhe die Lektionspredigt jener Woche aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft las, dachte ich über mein Zuhause nach. Mir wurde bewußt, daß alle meine Angehörigen genau das taten, was ich gerade an jenem Tage tat: Wir wandten uns an Gott, daß Er uns lieben und führen möge. Mir kamen die folgenden Worte meiner Mutter in den Sinn: „, Nach Hause zu gehen‘ bedeutet, zu beten‘.“ Mir wurde klar, daß mein Lesen der Lektion eine Form des Gebets war, weil ich mich an Gott, meinen wahren Vater und meine wahre Mutter, wandte, um Inspiration zu gewinnen. Dann nahm ich mir einige Minuten, um ganz spezifisch über meine Situation zu beten — um zu Gott „nach Hause zu gehen“, indem ich anerkannte, daß Er immer gegenwärtig ist und daß ich, Sein geliebtes Kind, Sein geistiger Sprößling, stets eins mit Ihm bin. Wie konnte ich da wirklich allein, einsam oder fern von Zuhause sein? Da ich geistig war, mußte ich immer bei Gott sein. Plötzlich fühlte ich, wie Gottes wärmende Liebe mich umgab. Das Gefühl der Einsamkeit wich der festen Überzeugung, daß ich in jenem Augenblick wirklich zu Hause war — bei meinem himmlischen Vater.
Fast jeder von uns hat schon einmal das Gefühl gehabt, abseits zu stehen — das Gefühl, von allem, was wir lieben, getrennt zu sein. Vielleicht haben wir uns einsam, niedergedrückt oder gar hilflos gefühlt.
Die Bibel tröstet uns mit der Versicherung, daß wir niemals — nicht einmal für einen Augenblick — von unserem wahren Zuhause oder der zärtlichen, fürsorglichen Liebe des Vater-Mutter Gottes getrennt sein können. Der Psalmist sang: „Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ Ps. 23:6. Mrs. Eddy legt diese Zeile des dreiundzwanzigsten Psalms folgendermaßen aus: „Ich werde bleiben im Hause des Herrn [dem Bewußtsein der Liebe] immerdar.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 578. Wie schön ist es doch, zu wissen, daß wir in Wirklichkeit Gottes geistige Ideen sind, die niemals außerhalb des Bewußtseins der göttlichen Liebe weilen können. Deshalb können wir nie heimatlos sein, uns verirren oder unstet umherwandern. Wir können unmöglich außerhalb der uns umgebenden Fürsorge unseres Vaters, unseres Gottes, sein. Es gibt keine materielle Kraft von außen, die uns von Ihm wegreißen, uns unserer heiligen Wohnstätte berauben könnte.
Und was noch wichtiger ist: Wir können diese Wahrheiten im Alltag demonstrieren, können uns wirklich eines Gefühls der Zugehörigkeit und der wahren Identifikation mit Familie und Zuhause erfreuen. Da unser Leben eine äußere Manifestation unseres Bewußtseinszustandes ist, müssen wir den wahren Begriff von Zuhause zuerst im Denken aufrichten und verstehen, daß Gott uns geschaffen hat, daß wir Seine geistigen Ideen sind. Wir müssen zu der Überzeugung gelangen, daß wir niemals von Gott getrennt sein können, da eine Idee niemals von dem Gemüt abgespalten werden kann, das sie erschafft und erhält.
Wir müssen die geistige Erkenntnis gewinnen, daß wir nicht verirrte oder einsame Sterbliche sind, die in einer fremden Umgebung festsitzen und sich abmühen, ihr Zuhause zu finden. Wir sind geistige Ideen, Gottes geliebte Kinder, die hier und jetzt bei ihrem himmlischen Vater sind und im Universum des Geistes leben.
Es wird berichtet, daß Mrs. Eddy einmal sagte: „Das Heim ist nicht ein Ort, sondern eine Macht.“ Irving C. Tomlinson, Zwölf Jahre mit Mary Baker Eddy (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1972), S. 175. Wenn wir uns eins fühlen mit der Allmacht, mit der unendlichen, allmächtigen Liebe, werden wir aus dem Glauben an die einengenden Grenzen des materiellen Daseins mit all seinen Unsicherheiten herausgehoben und auf den Berg der Offenbarung geführt. Ganz gleich, wo wir uns, menschlich gesehen, befinden, wir können freudig anerkennen, daß wir niemals außerhalb unseres wahren Zuhauses sind, niemals außerhalb der allmächtigen göttlichen Liebe.
In Wissenschaft und Gesundheit, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, erklärt Mrs. Eddy: „Die Beziehungen von Gott und Mensch, von dem göttlichen Prinzip und der Idee, sind in der Wissenschaft unzerstörbar; und die Wissenschaft kennt weder Abfall von der Harmonie noch Rückkehr zur Harmonie, sondern sie vertritt die Ansicht, daß die göttliche Ordnung oder das geistige Gesetz, demzufolge Gott und alles, wa Er schafft, vollkommen und ewig ist, in seiner ewigen Geschichte unverändert geblieben ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 470. Wenn wir in unserem Bewußtsein unser wahres harmonisches Sein und unsere Einheit mit Gott anerkennen, wird uns klar, daß wir schon jetzt sicher im Himmelreich sind, im Reich der Harmonie. Christus Jesus lehrte, daß das Himmelreich nicht weit entfernt, sondern nahe herbeigekommen ist. Das bedeutet, daß unser himmlisches Zuhause hier ist — gerade dort, wo wir uns in diesem Augenblick befinden.
Wir finden unser göttliches Zuhause nicht dadurch, daß wir ziellos suchen, sondern indem wir zur Wahrheit erwachen, unsere ewige Einheit mit Gott beanspruchen und auch annehmen. Das verleiht uns nicht nur das tröstliche Gefühl, Ihm nahe zu sein, sondern offenbart uns unser wirkliches, grenzenloses Sein. Wenn wir darum ringen, die Unmittelbarkeit unseres Einsseins mit unserem Vater zu erfassen, tritt unsere christusgleiche Identitäk klarer zutage. Jesu Leben und Wirken geben uns das beste Beispiel für wahres Sein, für die Tatsache, daß der Mensch Gottes Kind ist, was in Erscheinung tritt, wenn wir die Einheit des Menschen mit Gott verstehen. Dieses Wissen, daß wir das Ebenbild unseres unendlichen, göttlichen Urbildes sind, erhebt uns wiederum allmählich über jede Art der Begrenzung und der Unvollständigkeit. Wie Gott alles Gute in sich schließt, so schließt auch der Mensch, die Widerspiegelung des unendlichen Einen, alles Gute in sich. Wenn wir unser christusgleiches Geburtsrecht verstehen, annehmen und ausüben, erlangen wir die Herrschaft über die kläglichen, sich erschöpfenden Vorstellungen des sterblichen Gemüts.
Welch eine Freiheit erleben wir, wenn wir erkennen, daß der Mensch, Gottes kostbarer Ausdruck, nicht begrenzt sein kann, da ja Gottes Sein uneingeschränkt und grenzenlos ist. Er kann weder von Gott getrennt noch von all dem Guten ausgeschlossen werden, das die göttliche Liebe ihm gibt.
Für das göttliche Bewußtsein, unser wahres Zuhause, sind Gottes Eigenschaften der Fülle charakteristisch: Liebe, Freude, Frieden, Vollständigkeit, Sicherheit, Zärtlichkeit, Schönheit. Um uns hier auf Erden wirklich zu Hause fühlen zu können, müssen wir vor allen Dingen bei den herrlichen Eigenschaften und vollendeten Ideen Gottes verweilen. Damit wird für unser Zuhause das Fundament gelegt. Wenn wir uns in diesem himmlischen Zuhause wohl fühlen, werden wir in unserem irdischen Zuhause diese heiligen Eigenschaften immer häufiger feststellen.
Wir finden unser wirkliches Zuhause und Gottes Fürsorge für uns nicht dadurch, daß wir krampfhaft nach einer menschlichen Lösung suchen, sondern daß wir uns Gott zuwenden — den offenen Armen der göttlichen Liebe.
Der Apostel Paulus war voller Zuversicht. Er schrieb, nichts „kann uns scheiden von der Liebe Gottes“ Röm. 8:39.. In dieser unauflösbaren Einheit mit der göttlichen Liebe fand Paulus eine ewige Wohnstätte. Und das können auch wir!