„Daß ein Ire durch einen Landsmann umgebracht wird, gehört in der Auseinandersetzung in dieser Provinz [Nordirland] so sehr zum Alltag, daß es schon ungewöhnlich ist, wenn der Tod unschuldiger Menschen die Leute einen Moment innehalten läßt und sie zu der Frage bewegt, ob nicht dieses lange, rohe Hin und Her von Rache und Trauer geändert werden könne.
Nur wenige wagen es, darauf eine endgültige Antwort zu geben. Doch wird nun gerade diese Frage in Belfast, Dublin und London heiß diskutiert, nachdem hier [in Enniskillen] am 8. November elf irische Zivilisten bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen sind. Unter den Opfern befand sich auch die 20jährige Marie Wilson, eine Krankenschwester, die sich noch in der Ausbildung befand; sie wurde tödlich verletzt, als sie von einer Mauer begraben wurde, an der die Irisch-Republikanische Armee eine schwere Bombe versteckt hatte, um einen Gedenkgottesdienst zu stören...
,Ich hege keine Rachegefühle‘, sagte ihr Vater, der in den ersten Stunden des Zorns nach dem Anschlag viele Menschen in Großbritannien dadurch in Erstaunen versetzte, daß er sagte, er bete für die Mörder seiner Tochter, das sei seine Reaktion auf ihren Tod...
Der Vater verwarf den Gedanken, so als sei das geschmacklos, die politischen Zusammenhänge dieser Tragödie näher zu erörtern. Er wollte nicht den Versuch unternehmen, sein Kind in die lange Bilanz der Provokationen und Racheakte einzufügen, die die Probleme Irlands verschärft hat., Maries letzte Worte galten dem Leben‘, sagte er, indem er ihren Namen mit dem singenden irischen Tonfall als MAH-rie aussprach., Ich kann ihrer nicht gedenken und zugleich Worte des Hasses im Munde führen.
Doch noch eins will ich Ihnen sagen', fügte er hinzu., Eine Frau, die ich eine kompromißlose Protestantin würde, kam nach Maries Tod weinend an meine Tür.‘ Wie Herr Wilson berichtet, habe diese Frau ihm gesagt, diese Tragödie, hat ihr Herz erweicht‘.
,Das kann nur Gutes bedeuten‘, sagte der Vater..., Das kann nur Gutes bedeuten.‘ “
Anmerkung der Schriftleitung: Manchmal leuchtet selbst inmitten der grausamsten menschlichen Tragödien ein Lichtstrahl auf, und es werden Lektionen gelernt. Das „lange, rohe Hin und Her von Rache und Trauer“ braucht sich nicht endlos zu wiederholen. Es gibt einen Weg zum Frieden, und wie Maries Vater können auch wir alle beten, um ihn zu finden.
Die göttliche Liebe ist kein Rächer, sie heilt.
Wo Neid und Streit ist,
da sind Unordnung und lauter böse Dinge.
Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter,
dann friedfertig, gütig, läßt sich etwas sagen,
ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten,
unparteiisch, ohne Heuchelei.
Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird gesät
in Frieden für die, die Frieden stiften.
Jakobus 3:16–18
Copyright © 1987 The New York Times Company.
Nachdruck mit Genehmigung.
