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Wenn ein Jugendlicher von Selbstmord spricht

Aus der Februar 1990-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Kräftig Wort von Gottes Geist: Erfahrungen eines Bibelübersetzers


Ich machte mir um unseren Sohn große Sorgen. Sein Verhalten war alles andere als normal. Sehr häufig plagten ihn Angstgefühle, und er neigte zu plötzlichen Weinkrämpfen und Wutausbrüchen. Seine Lehrer hatten es schwer mit ihm, und zuhause war er der Anlaß für Reibereien.

Viele Male sprach ich mit ihm, um ihm zu helfen, aber es war unmöglich, vernünftig mit ihm zu reden. Auf die Frage, was denn los sei, bekam ich immer wieder zur Antwort: „Weiß nicht.” Als ich ihm vorschlug, er solle beten, stieß er böse hervor: „Ich glaube nicht an Gott!” In seiner Wut oder auch Verzweiflung sprach er mehrmals von Selbstmord.

Ich bin Christliche Wissenschafterin, und so betete ich während dieser sehr schwierigen Phase. Manches Mal fühlte ich mich physisch und geistig völlig ausgelaugt. Ich nahm dann die Hilfe eines Ausübers der Christlichen Wissenschaft in Anspruch, und das stärkte mich immer sehr. Mein Mann, der kein Christlicher Wissenschafter ist, bestand nach einiger Zeit darauf, daß unser Sohn zu einem Psychotherapeuten ging. Unser Sohn ließ diese Behandlungen einige Monate lang über sich ergehen, obwohl er nicht dafür gewesen war (er glaubte nicht, daß er Hilfe brauchte). Sporadisch gab es Anzeichen einer Besserung, gefolgt von weiteren Ausbrüchen. Die Behandlung wurde daraufhin beendet.

Manchmal reagierte ich wütend auf sein Verhalten und sagte Dinge, die ich später bereute. Dann war ich niedergeschlagen, fühlte mich schuldig und war voller Angst. Doch betete ich weiterhin täglich für mich und meinen Sohn.

Eines Nachmittags kam es wegen des Jungen zu einer besonders schweren Verstimmung. Er schien die Selbstbeherrschung verloren zu haben und geiferte vor Haß. Aber diesmal spürte ich, wie eine geistige Kraft in mir aufstieg. Es war sozusagen eine Erhabenheit — eine geistig bedingte Gelassenheit, Selbstbeherrschung und Befreiung aus der engen Umklammerung jener Gefühle, die mich so häufig in diesen Situationen gepackt hatten.

Ich zog mich zurück und fing an zu beten. Als ich mit all meiner Kraft an der geistigen Tatsache festhielt, daß sich der Mensch als Ausdruck des göttlichen Seins nur des Guten bewußt sein kann, daß es keine wirkliche Anziehungskraft des Todes und der Disharmonie gibt, da es keine Macht gibt, die die Liebe und Güte annullieren kann, die Gott im Menschen zum Ausdruck bringt, wurde ich innerlich immer ruhiger. Im Gegensatz zu der Schroffheit, die so augenscheinlich war, wurde mir klar, was Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit geschrieben hat: „Leidende, sündige, sterbende Annahmen sind unwirklich.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 76.

Die materielle Auffassung, die den Menschen als physische und mentale Persönlichkeit begreift, eine Persönlichkeit, die durch Hormone und Genetik, Emotionen und soziale Einflüsse geprägt wird, gibt nicht die Wirklichkeit wider über den Menschen als Gottes Kind. Im geistigen Schöpfungsbericht, der im ersten Kapitel der Bibel steht, heißt es, daß Gott der einzige Schöpfer des Menschen und die Quelle aller Individualität ist und daß alles, was Er macht, immer gut bleibt.

Oftmals hören wir Warnungen über die Jugendzeit — daß diese Jahre geprägt seien durch Rebellion, Überreaktionen und Gefühlsumschwünge. Emotionale Instabilität sei für diese Altersphase „normal”. Doch auf der Grundlage, daß der Mensch geistig ist — sündlos, vollkommen, harmonisch, unversehrt ist und von Gott regiert wird —, was ich wirklich als die wahre Natur unseres Sohnes zu verstehen und zu sehen begann, weigerte ich mich, Instabilität als etwas Normales hinzunehmen oder als etwas Unausweichliches.

Die Bibel enthält ein Beispiel ums andere dafür, wie Christus Jesus bewies, daß wahre Unschuld und Güte über Sünde, Gesundheit über Krankheit und Leben über den Tod triumphiert — wie er „die Werke des Teufels” zerstörte, ganz gleich, welcher Art das Böse war, das die Menschen im Griff zu halten schien. Mehr noch: Jesus lehrte andere, dasselbe zu tun.

Durch mein monatelanges Studium in der Bibel und in Mrs. Eddys Schriften gelangte ich zu der inspirierten Überzeugung, daß die wirkliche Natur des Menschen von Gott, Geist, erschaffen ist. Wissenschaft und Gesundheit weist uns darauf hin: „Geist, das Synonym für Gemüt, Seele oder Gott, ist die einzig wirkliche Substanz. Das geistige Universum, einschließlich des individuellen Menschen, ist eine zusammengesetzte Idee, die göttliche Substanz des Geistes widerspiegelnd.”  Ebd., S. 468.

Der Mensch ist Gottes wundervolle Idee. Geist ist die Substanz seiner Individualität. Er spiegelt das göttliche Bewußtsein wider und bringt edle, konstruktive Tätigkeit zum Ausdruck. In Wirklichkeit gibt es keinen Todesdrang. In Wissenschaft und Gesundheit heißt es über den Menschen: „Geist ist seine ursprüngliche und endgültige Quelle des Seins; Gott ist sein Vater, und Leben ist das Gesetz seines Seins.”  Ebd., S. 63.

Während dieser Monate erkannte ich, daß es absolut entscheidend war, daß ich meinen Sohn wirklich liebte. Manchmal empfand ich alles andere, nur nicht Liebe. Meistens zog ich mich dann aus solchen unerquicklichen Konfrontationen zurück und betete, um zu erkennen, daß er Gottes geistiges Ebenbild war. Nachdem ich gebetet hatte, entdeckte ich immer aufs neue, daß ich ihn liebte.

Intuitiv spürte ich: Wenn der Junge sich nicht geliebt und sich jeder Liebe unwürdig fühlte, würde er nicht spüren, daß es für ihn einen Grund gab, um zu leben. Ich konnte schließlich selbst bei den bittersten Angriffen meine Liebe zu ihm bewahren, und zwar dadurch, daß ich mir vor Augen führte, daß ich Gottes Liebe widerspiegelte und daß die göttliche Liebe, Gott, ihn in all seiner geistigen Unschuld und Güte kannte.

Nach jenem aufreibenden Nachmittag, an dem ich zum ersten Mal gespürt hatte, daß ich mich aus jener emotionalen Umklammerung gelöst hatte, sprach unser Sohn nie mehr von Selbstmord. Nach einer gewissen Zeit bildete sich ein glückliches und konstruktives Verhältnis zu seinen Lehrern heraus, und schließlich besserte sich auch die häusliche Situation. Heute, vier Jahre später, zeigt er Interesse an seinen Schulfächern, bringt gute Leistungen, ist kontaktfreudig und glücklich. Alle, die ihn damals als problematisch empfanden, freuen sich heute über ihn.

Vor ungefähr zwei Jahren wurde unser Sohn Zeuge eines Selbstmordes — ein Mann war vor einen Zug gesprungen. Aufgrund dieses Erlebnisses sprach er ausführlich mit mir über den Tod. Jetzt interessierte er sich für das, was ich zu sagen hatte, und ich sprach mit ihm über die folgende tiefe Erkenntnis über Tod und Erlösung aus Wissenschaft und Gesundheit: „Wenn man es begriffen hat, daß Krankheit das Leben nicht zerstören kann und daß die Sterblichen nicht durch den Tod von Sünde oder Krankheit erlöst werden, dann wird dieses Verständnis einen zu neuem Leben erwecken. Es wird entweder das Verlangen zu sterben oder die Furcht vor dem Grabe meistern und auf diese Weise die große Furcht zerstören, die das sterbliche Dasein bedrängt.”  Ebd., S. 426. Interessant ist auch, daß unser Sohn später einer Mitschülerin helfen konnte, von ihren Selbstmordgedanken loszukommen; sie war untröstlich gewesen über die Trennung ihrer Eltern.

Es ist Gottes Wille, daß Seine Kinder Ihn ausdrücken. Wenn wir danach streben, Seinen Willen zu tun, sind wir wirklich zufrieden und erfolgreich und tragen entscheidend zum Wohlergehen anderer um uns her bei. Ich meine, daß sich das im Leben unseres Sohnes nach und nach gezeigt hat, und ich bin glücklich, wenn ich von anderen positive Bemerkungen und anerkennende Worte über sein gutes Herz höre.

Mir wurde unseren Bedürfnissen entsprechend durch diese schwere Zeit hindurchgeholfen, und was ich meinem Sohn im einzelnen sagte, kam mir in den Sinn als Ergebnis meiner Gebete und Wahrheitsbekräftigungen. Nicht die Worte und menschlichen Einzelheiten sind das wichtigste, sondern die Wahrheit. Ebenfalls ist wichtig: Ganz gleich, wie lange ein Problem dieser Art schon andauert, ganz gleich, wie unnahbar jemand zu sein scheint, ganz gleich, was für Fehler gemacht macht wurden, der Christus-Geist, den Jesus vorgelebt hat, ist hier gegenwärtig, unterweist uns, führt uns und offenbart uns beständig, daß Gott alles im Griff hat, daß Seine Liebe wirklich und allmächtig ist und Seine Kinder auf allen Wegen regiert. Wie es in der Bibel so tröstlich heißt: „Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!”  Jes 43:1.

Anmerkung des Sohnes:

Ich bin der Sohn, der geheilt wurde. Alles, was meine Mutter berichtet hat, stimmt.

Vor ungefähr zwei Jahren stand ich auf dem Nachhauseweg von der Schule auf dem Bahnsteig und wurde Zeuge eines Selbstmordes. Ein Mann neben mir sprang vor einen vorbeifahrenden Zug. Mich schockierte das Ganze sehr. An jenem Abend sprach ich mit meiner Mutter darüber. Sie machte mir klar, daß ein Selbstmord keine Probleme löst, daß wir für unsere Probleme Lösungen finden müssen.

Drei Monate nach diesem Erlebnis vertraute mir eine Freundin an, daß sie sich mit dem Gedanken trage, Selbstmord zu begehen. Ich sagte ihr, daß damit nichts gelöst würde. Später hat sie mit einem Vertrauenslehrer unserer Schule gesprochen und sich anders besonnen. Jetzt sieht sie das Leben mehr von der positiven Seite.

Anmerkung des Vaters:

Vor über vier Jahren war unser Sohn innerlich sehr aufgewühlt; meine Frau und ich sorgten uns darüber. Er war die meiste Zeit über entweder sehr verschlossen oder aber zornig, rebellisch und haßerfüllt. Er sprach von Gewaltanwendung und erwähnte mehrere Male, daß er Selbstmord begehen werde. Das ging eine ganze Weile so, und schließlich erschien mir die Betreuung durch einen Psychologen ratsam. Entsprechende Vereinbarungen wurden getroffen, obwohl unser Sohn nur sehr unwillig hinging.

Während dieser Phase besserte sich der Zustand unseres Sohnes. Es war offensichtlich, daß er sich anstrengte, kooperativer zu sein. Aber nach kurzer Zeit traten wieder die Gefühlsausbrüche und Wutanfälle auf.

Ich vermag nicht zu sagen, wann der Wandel einsetzte, doch allmählich wurde unser Sohn fröhlicher. (Es schien, als hätte er während dieser schwierigen Zeit das Lächeln fast verlernt.) Eine freundliche Beziehung zwischen uns beiden wurde möglich, und diese Beziehung vertieft sich weiter.

Ich würde nun nicht etwa behaupten, daß wir unserem Sohn nie mehr ins Gewissen reden müßten, doch sind die extremen Gefühlswallungen, die unkontrollierbaren Weinkrämpfe, die Haßausbrüche und Selbstmordankündigungen verschwunden, und das seit über vier Jahren. Er hat sich prächtig entwickelt in seinen Beziehungen zu anderen und bringt gute Schulleistungen. Auch hat er einen erfreulichen Sinn für Humor.


Ich schrieb schon von der geistigen und seelischen Robustheit, die sich in Jesus verband mit einer außergewöhnlichen Fähigkeit, mitzufühlen und mitzuleiden. Als ich nun [bei meiner Übersetzungsarbeit der Evangelien] auf die „Wunder” in den Evangelien stieß, entdeckte ich an ihnen nichts, das sich nicht vertrüge mit seinem Wesen und mit seiner Sendung. Die Wunder machten auf mich durchaus nicht den Eindruck, als seien sie nur himmlische Zaubertricks, die Glauben hervorbringen sollten... Es hat den Anschein, daß Jesus in vielen Fällen bis zum Sturmzentrum der Verstörung vorzudringen vermochte, um sie mit gebieterischer Liebe aufzulösen.

Aus Kräftig Wort von Gottes Geist: Erfahrungen eines Bibelübersetzers von J. B. Phillips, © 1968 J. G. Oncken Verlag Kassel. Nachdruck mit Genehmigung.

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