Haben Sie sich schon einmal danach gesehnt, in einer Zeugnisversammlung der Christlichen Wissenschaft aufzustehen und für eine Heilung zu danken, sind aber Woche für Woche wie angewurzelt auf Ihrem Platz sitzengeblieben — enttäuscht und niedergedrückt? Mir erging es jahrelang so. Erst als ich erkannte, daß ich meine Füße auf eine festere geistige Grundlage stellen und einem geistigen Impuls folgen mußte, wurde es mir auch physisch möglich, mich zu erheben.
Was mußte ich tun, um mich geistig erheben zu können? Zunächst einmal mußte ich die Ansicht über Bord werfen, ein unzulänglicher Sterblicher zu sein, der Gott und die Christliche Wissenschaft vor anderen Sterblichen loben wollte, die dann entweder davon beeindruckt sein oder Kritik üben würden.
Aber wenn ich kein Sterblicher war, was war ich dann? Durch das Studium der Christlichen Wissenschaft hatte ich gelernt, daß ich bin, was die Bibel von mir sagt: das Bild und Gleichnis Gottes. Denken Sie nur! Qualitativ ist der Mensch Gott gleich, und Gott ist allerhabene, allwirksame Liebe. Kann Gott in Seiner herrlichen, göttlichen Macht jemals furchtsam oder bewegungsunfähig sein? Natürlich nicht! Wie kann dann Sein Ebenbild es sein? Die logische Schlußfolgerung war: Es konnte es nicht sein, und daher konnte ich es auch nicht sein.
Diese Erkenntnis kam nicht über Nacht. Sie kostete Zeit und Mühe; aber als sich der geistige Begriff vom Menschen in meinem Denken entfaltete, wurde erfreulicher Fortschritt möglich. Ich lernte, daß die Furcht vor Ungeschicklichkeit und Kritik keine wirkliche Vollmacht besitzt. Mrs. Eddy erklärt uns, wie die Christliche Wissenschaft mit Furcht umgeht. Sie schreibt: „Die Wissenschaft sagt zur Furcht:, Du bist die Ursache aller Krankheit; aber du bist eine von dir selbst gebildete Falschheit — du bist Finsternis, ein Nichts. Du bist ohne Hoffnung und „ohne Gott in der Welt”. Du hast kein Dasein und keine Daseinsberechtigung, denn „die völlige Liebe treibt die Furcht aus“.‘ “ Rückblick und Einblick, S. 61.
Wie können wir etwas, was nicht existiert, Leben verleihen oder es fürchten? Die Illusion oder Versuchung, uns zu fürchten, kommt nur zu uns, damit wir sie zerstören. Und das müssen wir mit der Furcht tun — wir müssen sie zerstören, nicht verhätscheln. Das Überwinden von Furcht kann tatsächlich ein stärkendes Erlebnis sein, wenn wir sie bei jedem Auftreten verneinen und zurückweisen und wenn diesen Verneinungen eine kraftvolle Anerkennung unserer furchtlosen Natur als Zeugen Gottes folgt. Das können wir jederzeit tun, nicht nur, wenn wir vor anderen Menschen sprechen.
Die Furcht, die beansprucht, uns auf unseren Sitzplätzen festzuhalten, mag nicht einmal das eigentliche Problem sein, sondern eher die Auswirkung eines anderen, nichterkannten Irrtums. Nichtüber-wundener Groll oder Neid, schwerfälliges, veraltetes Denken und Handeln, das sture „Ich will” und „Ich will nicht” das Eigenwillens — diese bleischweren Elemente des Denkens mögen, als Furcht verkleidet, unsere Bemühungen, in der Kirche Zeugnis zu geben, lähmen.
Da aber der göttliche Schöpfer lieblose, unbeugsame Gedanken weder vermittelt noch selbst hegt, kann Sein Kind dieses Denken auch nicht erben. Im Gegenteil: Wenn wir geistig frische, inspirierende Ideen ins Bewußtsein einlassen, treibt es uns, unsere Dankbarkeit in einer Zeugnisversammlung zum Ausdruck zu bringen.
Die Furcht, kritisiert zu werden, läßt nach, wenn wir selbst weniger kritisieren und die Gemeinde — und uns selbst — als Gottes Kinder lieben. In Wirklichkeit kann niemand einen Gedanken über uns hegen, der nicht von Gott kommt. Und warum sollten wir uns überhaupt über kritische Gedanken Sorgen machen, die die Zuhörer vielleicht gar nicht denken? Hören wir doch auf, die Gemeinde zu fürchten, und lieben wir sie — und uns. Christus Jesus sagte: „Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Joh 13:35. Gott hat uns liebenswert gemacht, und so sieht Er uns auch. Das zu beanspruchen ist nicht sterblicher Egoismus, sondern ein wesentliches Element geistigen Selbstbewußtseins.
Mrs. Eddy erklärt: „In der Liebe zum Menschen gewinnen wir ein echtes Verständnis von Gott als Liebe, und auf keine andere Weise können wir dieses geistige Verständnis erlangen und uns erheben — und weiter erheben — zu den höchst wesentlichen und göttlichen Dingen.“ Vermischte Schriften, S. 234. Wenn uns nun unser erhöhter Begriff von Liebe dazu bewegt, uns zu erheben, sollten wir nicht vergessen, daß in der Christlichen Wissenschaft mit diesem „Menschen“ sowohl wir als auch unsere Zuhörer gemeint sind.
Bleibt jemand sitzen, weil er glaubt, er könne nicht so gut reden wie jemand anders, dann sollte er wissen, daß alles, was er zum Ausdruck bringen kann oder möchte, zu seinem individuellen, geistigen Selbst gehört. Weiter nichts. Wir sind keine sterblichen Nachahmer, sondern gottgeschaffene Originale.
Sprechen Sie so, wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist, und geben Sie einfach Ihr Bestes. Übung macht den Meister. Und wären Zeugnisse schließlich nicht langweilig, wenn sie sich alle gleich anhörten? Bedenken Sie, daß man die ersten Anfänge nicht geringzuschätzen braucht. Wenn wir zuerst nur aufstehen und sagen können: „Ich bin dankbar für die Christliche Wissenschaft“ und uns dann wieder setzen, so ist das ein Anfang und vollständig akzeptabel für unseren Vater, an den wir uns in Wirklichkeit ja sowieso wenden. Die Hauptsache ist, daß wir uns bemühen und wissen, Gott wird uns helfen.
Liebe zu Gott und Liebe zum Menschen, Seinem unsterblichen Kind (und das schließt uns ein), ist eine geistig machtvolle, erhebende Kraft. Jeder kann sie beweisen.
Der Herr ist meine Macht und mein Psalm
und ist mein Heil ...
Du bist mein Gott, und ich danke dir;
mein Gott, ich will dich preisen.
Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
Psalm 118:14, 28, 29