Weisst Du, Wie es ist, wenn man sich unbeliebt fühlt? Oder glaubst du manchmal, daß die Leute jemand anders viel besser leiden können als dich? Ich kenne das Gefühl, denn mir ist es manchmal auch so gegangen.
Es gab Schuljahre, in denen ich als zweitunbeliebtestes Mädchen der Klasse galt! Ich litt sehr darunter. Mit der Zeit aber achtete ich beim Studium der Christlichen Wissenschaft darauf, was Mary Baker Eddy zum Thema Beliebtheit schreibt. Interessant fand ich folgenden Satz über Christus Jesus aus ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit: „Für den Mann, voller Schmerzen‘ bedeuteten Einkommen oder Volksgunst keine Gefahr.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 42. Volksgunst, das heißt Beliebtheit — eine Gefahr? Warum?
Eine Antwort, die mir kam, war, daß man selbstzufrieden werden kann. Beliebtheit kann uns daran hindern zu wachsen, das begrenzte, materielle Bild von uns selbst aufzugeben und den wahren, geistigen Begriff vom Menschen als Gottes Bild und Gleichnis an dessen Stelle zu setzen. Und ich wollte unbedingt geistig wachsen! Dann stieß ich auf Mary Baker Eddys Aussage in ihrem Buch Vermischte Schriften: „Volksgunst — was ist Volksgunst? Nichts als ein Bettler, der prahlt und bettelt und dem Gott Barmherzigkeit versagt.“ Verm., S. 330.
Wie kann Beliebtheit „ein Bettler“ sein? Auf diese Frage gibt es viele Antworten, und ich finde immer noch neue. Aber vor allem wurde mir klar, daß Beliebtheit auch bedeutet, daß man sich Sorgen darüber macht, was die Leute von einem halten, oder daß man sich auf das Urteil anderer verläßt. Und damit macht man einen falschen Gott aus den Meinungen der anderen. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Gott Gemüt ist und daß Er unendlich ist. Daher ist Er das einzig wahre Gemüt und folglich die alleinige Quelle der Intelligenz und Liebe des Menschen. Obwohl es nicht immer leicht ist, die absolute Wahrheit zu erkennen, daß es nur ein Gemüt gibt — besonders wenn wir tagtäglich mit so vielen Menschen zu tun haben —, können wir diese Wahrheit doch Schritt für Schritt erfassen.
Wenn alle um uns herum der Meinung sind, es sei das beste, eine feste Freundesgruppe zu haben, damit man nicht allein oder schutzlos ist, könnten wir versucht sein, auch so zu denken. Sicherlich sind gute Freundschaften ein natürlicher Ausdruck von Gottes Liebe und Fürsorge. Aber es ist wichtig, daß wir einmal darüber nachdenken, was die wirkliche Quelle unseres Glücks ist: nämlich unsere Nähe zu Gott. Und dann anfangen, dies zu beweisen.
Nach einer Zeit, in der ich für meine Verhältnisse viele Verabredungen mit Jungen hatte, fühlte ich mich jedoch innerlich seltsam leer. Einerseits freute ich mich über so viele Freunde. Vom materiellen Standpunkt aus fühlte ich mich sehr zufrieden: ich war jemand, den die anderen mochten. Aber ich merkte auch, daß dieses Gefühl nicht richtig war und mich begrenzte. Ich verstand Gott dadurch nicht besser und fühlte mich Ihm auch nicht näher. Und ich war mir meiner wirklichen, geistigen Identität nicht bewußt, die untrennbar ist von Gottes Gegenwart. Es ist nichts Falsches daran, Freundschaften zu haben, aber es ist nicht richtig, sie zum Maßstab unseres Erfolgs zu machen.
Beliebtheit ist weder ein erstrebenswertes Ziel noch ein Gradmesser dafür, wie nett und freundlich wir sind. Wir brauchen also nicht ständig nach etwas zu suchen, was wir an uns ändern müssen, um beliebter zu werden. Was wir brauchen, sind höhere, selbstlosere Normen.
Was macht unser Glück aus? Was gibt uns das Gefühl der Sicherheit? Geistigkeit! Etwas über Gott zu lernen. Lieben zu lernen, das heißt, zu erkennen und durch unser Leben zu beweisen, daß wir schon jetzt die göttliche Liebe widerspiegeln. Sind wir voll und ganz damit beschäftigt, Liebe zum Ausdruck zu bringen, dann machen wir uns gar keine Gedanken mehr darüber, ob uns die Leute mögen oder nett finden, denn wenn wir wirklich lieben, fühlen wir uns selbst geliebt.
Es hat mir auch geholfen, mich und andere nicht länger als Sterbliche anzusehen, als Mischung von Gut und Schlecht. Ich bemühe mich jetzt ehrlich, besser zu erkennen, daß unser wahres Sein Gottes geistige, unbegrenzte Idee ist, denn Gott ist unendlicher Geist. Fällt uns dieses Umkrempeln der Gedanken schwer, dann können wir uns an Gott wenden; Er hilft uns, die Dinge in ihrem geistigen Licht zu sehen. Wenn wir dies ernstlich wollen, entdecken wir, daß Er uns bereits die Gnade gegeben hat, es auch zu tun.
Christus Jesus war zeitweise sehr beliebt. Manchmal folgten ihm ganze Menschenmengen. Aber wir wissen auch, daß er zu seinen Nachfolgern sagte: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen.“ Mt 5:11. Dieser Ausspruch deutet gewiß nicht darauf hin, daß er allgemeine menschliche Zustimmung als gut oder als notwendig ansah. Und bei der Kreuzigung war Jesus von allen verlassen — ausgenommen einer Handvoll Getreuer. Siehe Joh 19:25–27. Aber er gehorchte Gott bei allem, was er tat. Und am Ende konnte er gerade deshalb über jeden widrigen Umstand triumphieren und sich aus dem Grab erheben.
Vielleicht haben wir zu Unrecht dafür gelitten, daß wir das Richtige taten oder einfach nur wir selbst geblieben sind. Das aufrichtige Bemühen, Gott zu gehorchen, weil wir Ihn lieben und weil wir das Gute lieben, das Bestreben, sich selbst treu zu bleiben, statt einen anderen nachzuahmen oder uns einem bestimmten Verhaltensmuster anzupassen — das sind gottinspirierte Motive. Und rechte Motive lassen uns Seinen Beistand spüren — wie einen Felsen unter unseren Füßen.
Jahre später war ich einen Monat lang von zu Hause weg und mußte mit Leuten zusammensein, die Sinnlichkeit über alles stellten, einschließlich Trinken und sexueller Freizügigkeit. Sie machten sich lustig über mich, aber es berührte mich kaum. Viel wichtiger war: ich lernte, daß Unschuld, Reinheit und Integrität echte Schönheit darstellen — ganz gleich, was andere darüber denken. Ich hielt an diesen Eigenschaften fest, und ich wußte, daß die Liebe Gottes bei uns allen war. Ich lernte dort, den wahren Wert jedes einzelnen Menschen besser zu würdigen, und ich schloß ein paar Freundschaften. Ich konnte sogar einem anderen helfen, seinen inneren Wert klarer zu erkennen, so daß er aufhörte, sich jeden Abend zu betrinken. Als ich nach diesem Monat nach Hause zurückkehrte, fühlte ich mich innerlich stärker denn je. Und das ist wahres Glück! Am Ende meiner Schulzeit sagte mir übrigens ein mädchen, das nie etwas mit mir zu tun haben wollte: „Du bist gar nicht so übel!“ Da war ich ganz schön überrascht!
Gott liebt jeden von uns. Er liebt unsere geistige Individualität. Er ist die Quelle dieser durch und durch guten Individualität. Wenn du mehr und mehr das geistige Wesen des von Gott geschaffenen Menschen entdeckst und diesem Wesen treu bleibst, wirst du anderen helfen können, das auch zu tun. Trau dich, deine gottgegebene Reinheit und Einzigartigkeit auszudrücken. Wenn du das tust, bist du niemals allein. Und du wirst beweisen, daß die göttliche Liebe der alles gibt, was du brauchst — auch Freundschaften.