Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Die umwandelnde Macht der Heiligen Schrift

Diese illustrierte Bibelserie im Herold schildert die dramatische Entwicklung der heiligen Schriften in der Welt über Jahrtausende hinweg. Im Mittelpunkt stehen die großen Reformer, die die Bibel geschrieben und übersetzt haben. Viele von ihnen opferten ihr Leben, um die Bibel und ihren umwandelnden Einfluß allen Menschen zugänglich zu machen. Die Serie erscheint monatlich.

Die Apokryphen: das geschichtliche Bindeglied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament

1. Teil

Aus der April 1994-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Verborgene Dinge”, „mysteriöse oder esoterische Überlieferungen”, „geheimes Wissen, das nur einem auserwählten Kreis von Gläubigen zugänglich war” — alle diese Bezeichnungen sind angewandt worden, um die Apokryphen des Alten und des Neuen Testaments zu charakterisieren. Obwohl diese Bücher jahrhundertelang großes Interesse erregten, wurden sie letzten Endes doch nicht als „heilige Schrift” anerkannt. Sie hatten sich nicht bewährt, und so sind sie nicht in den Kanon aufgenommen worden.

Einige dieser apokryphen Bücher enthalten interessantes historisches Material, andere ähneln der Weisheitsliteratur des Alten Testaments, wieder andere lesen sich wie Legenden. Heute findet man in manchen Bibelübersetzungen Auszüge aus den Apokryphen. Doch sie werden von vielen nicht als kanonisch akzeptiert, weil sie sich einfach nicht — so wie die anerkannten Bücher der Bibel — als das Wort Gottes erwiesen haben.

Eins der apokryphen Bücher des Alten Testaments ist 4. Esdras (ein anderer Name für Esra). Darin wird erklärt, wie die Apokryphen der Überlieferung nach entstanden sind. Esra berichtet, daß Gott aus einem Busch zu ihm sprach und ihm befahl, die Worte der Weisheit niederzuschreiben, die Er ihm kundtun würde.

So berief Esra fünf Schreiber, die in vierzig Tagen die von Gott diktierten Offenbarungen in 94 Büchern niederschrieben. Nach 4. Esdras soll Gott Esra aufgetragen haben, nur 24 dieser Bücher zu veröffentlichen. Die restlichen siebzig sollte er einzig den „Weisen [s]eines Volkes” vorbehalten, denen, die als geistig dazu befähigt galten, am „Born der Einsicht” teilzuhaben, an der „Quelle der Weisheit”, dem „Strom der Wissenschaft” (4. Esdras 14:46, 47). So wie die Stelle manchmal ausgelegt wird, können die 24 Bücher auch dem kanonischen Alten Testament entsprechen, während die siebzig die Apokryphen darstellen.

Was sind nun aber diese apokryphen Bücher, und woher kommen sie? Ursprünglich bestanden sie aus Hunderten von Schriften sowohl jüdischen als auch christlichen Ursprungs. Die alttestamentlichen Apokryphen stellen eine Auswahl aus den jüdischen Schriften dar, die des Neuen Testaments sind christlicher Herkunft. Die meisten alttestamentlichen Apokryphen sind zwischen 400 v. Chr. und 250 n. Chr. entstanden, die neutestamentlichen während der ersten Jahrhunderte nach Christus.

DIE APOKRYPHEN DES ALTEN TESTAMENTS


Die meisten dieser Schriften wurden in einer Zeit geschrieben, in der das jüdische Volk schwere Bedrängnisse erdulden mußte — als die Griechen und später die Römer die Kinder Israel unterdrückten und sie zwingen wollten, ihren Glauben an den einen Gott aufzugeben und heidnische Götter und die hellenistische Kultur anzunehmen. Denker und Schriftsteller der damaligen Zeit zeichneten historische Ereignisse auf und Geschichten, die fast Romanen gleichkamen, sowie Lehrmaterial, Gebete, Briefe und apokalyptische Visionen. Sie glaubten, daß diese Schriften ihre jüdischen Mitbrüder in Zeiten der Verfolgung und während der Unterdrückung durch Fremdherrscher stärken und aufrichten könnten.

Dann veröffentlichten die Juden, die ursprünglich als Gefangene nach Alexandria in Ägypten gebracht worden waren, zum ersten Mal die Apokryphen in der als Septuaginta bekannten griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel. Diese Übersetzung wurde etwa um 250 v. Chr. begonnen und wurde schnell akzeptiert — nicht nur von der jüdischen Gemeinde in Alexandria, sondern auch von allen anderen griechisch sprechenden Juden überall im Römischen Reich.

Die Anzahl der alttestamentlichen Apokryphen variiert in den verschiedenen Versionen der jüdisch–christlichen heiligen Schriften. Meistens sind es 14 oder 15 Bücher. In der Hauptsache behandeln diese Schriften eine Epoche in der jüdischen Geschichte, über die im kanonischen Alten Testament nichts berichtet wird — die schwierige Zeit zwischen dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. (als der Priester Esra die Juden aus dem Exil in Babylon heimführte) und der Geburt Jesu. In diese Zeitspanne fällt der Neubau des Tempels von Jerusalem, die Eroberung des Landes durch Alexander den Großen und die darauf folgende kulturelle Gehirnwäsche der Juden sowie die Tyrannei solcher Despoten wie Antiochus Epiphanes, der verlangte, daß die Juden ihn anbeteten.

Die Apokryphen waren zwar unter den Juden sehr populär, aber dennoch schlossen die Rabbiner sie gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. ein für allemal aus dem Kanon aus, da diese Schriften in ihren Augen einfach nicht den Anforderungen entsprachen, die an die Heilige Schrift gestellt wurden. Und die enge Verbindung zur Septuaginta ließ die Apokryphen in den Augen der Rabbiner nur noch fragwürdiger erscheinen, denn diese Gelehrten standen der Septuaginta von vornherein skeptisch gegenüber, weil sie in Griechisch und nicht in Hebräisch geschrieben war.

Weder Jesus noch die Apostel zitierten — soweit aus dem Neuen Testament ersichtlich ist — direkt aus den Apokryphen. Und auch die anderen neutestamentlichen Schreiber erwähnen fast nichts über die historischen Ereignisse und die Geschichten, die in den Apokryphen überliefert werden.

DIE CHRISTEN SETZEN DIE TRADITION DER APOKRYPHEN FORT


Interessanterweise waren es die griechisch sprechenden Christen, die die Apokryphen populär machten, nachdem die Juden sie schon endgültig aus ihrem Kanon ausgeschlossen hatten. Das hatte wahrscheinlich seinen Grund darin, daß die meisten Christen die Septuaginta lasen, die im Neuen Testament häufig zitiert wird. Und wenn auch die Verfasser des Neuen Testaments nicht direkt aus den Apokryphen des Alten Testaments zitieren, so findet man doch an manchen Stellen Anklänge daran.

In der Folgezeit wurde der Gebrauch der Apokryphen zum Streitpunkt unter den Christen. Einige der frühen Kirchenväter — so zum Beispiel Origenes, der große Bibelgelehrte — zitierten die Apokryphen als maßgebliche Heilige Schrift, gerieten aber deswegen oft unter Beschuß. Julius Africanus, Bischof von Emmaus, kritisierte zum Beispiel Origenes, weil er aus dem Buch Susanna zitiert hatte. Und im 4. Jahrhundert n. Chr. lehnte der gelehrteste der frühen Kirchenväter, der römisch–katholische Bibelgelehrte Hieronymus, es ab, für seine monumentale lateinische Bibelübersetzung, die Vulgata, auch die Apokryphen zu übersetzen. Doch die katholischen Bischöfe drangen darauf, daß Hieronymus die alte lateinische Übersetzung der Apokryphen in seine Bibel mit aufnahm.

Um die gleiche Zeit zeigte sich der angesehene kirchliche Denker Augustinus von den alttestamentlichen Apokryphen durchaus angetan und bestand darauf, daß sie zum Bibelkanon gehörten. Dank solcher Unterstützung erfreuten sich die Apokryphen während des ganzen Mittelalters einer fast kanonischen Wertschätzung.

Die Redakteurin Mary Trammell ist Bibelgelehrte, und der Redakteur für besondere Aufgaben William Dawley war als Journalist tätig.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / April 1994

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.